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Warum so viele Japaner Mundschutz tragen
18:21 Minuten
Ob in der U-Bahn, im Supermarkt oder auf der Straße: Mundschutzmasken gehören in Japan zum Alltag. Der Ursprung der Maskerade ist zwar ein ernster, allein im Jahr der Schweinegrippe wurden 4,4 Milliarden Masken verkauft, inzwischen dient sie aber auch kosmetischen Zwecken.
Man sieht sie überall, in U-Bahnen und Vorortzügen, in Bussen und Taxis, in Läden und auf der Straße natürlich, vor allem wenn es regnet. Kleiner technischer Hinweis: Die akustische Qualität der folgenden Originaltöne kann durch Zellstoffmasken beeinträchtigt sein.
"Ich trage eine Mundschutzmaske, um einer Erkältung vorzubeugen. Außerdem habe ich eine Pollenallergie. Weil ich täglich eine neue Maske brauche, kaufe ich sie in Großpackungen. Das ist günstiger. Natürlich nehme ich nur die für Frauen, die sind weicher. Nur zum Essen nehme ich sie ab."
Die Japaner sind ein empfindliches Volk, vor allem gegenüber Kritik und Temperaturschwankungen. Der Sommer ist ihnen zu heiß, der Winter zu kalt, und Frühling und Herbst zu kurz.
Japan steckt voller Gefahren. Also schützt man sich, so gut man kann. Vor Bazillen vor allem. Gerade jetzt. Bazillen wo man hinguckt. Wir sind wieder beim Thema.
"Angst vor einer Erkältung"
Diese Maske, flötet die Werbefrau im Fernsehen, passt sich an! Ob große oder kleine Nase, durch die feine Fältelung schließt sie das Gesicht rundherum ab. Keine Luft kann an der Seite hereinströmen, vorausgesetzt, sie setzen die Maske richtig herum auf. Benutzen Sie nur eine Maske am Tag und werfen Sie sie abends weg. Erst in eine Plastiktüte, dann in den Müll.
Hilfreich und liebevoll erklärt die junge Schöne im Apotheker-Outfit, wie man mit den Zellstoff-Masken umgeht. Der Spot wirbt für Produkte der Firma "Kowa", dem Marktführer unter rund 100 japanischen Faserfabrikanten. Und Werbung wirkt:
"Ich trage den Mundschutz aus Angst vor einer Erkältung. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man sie trägt oder nicht. Und so teuer ist das nicht. Ich zahle 400 Yen pro Karton, also gut 3 Euro für 30 Stück."
Die Hersteller kennen alle Argumente, zumal die, die sie selbst erfunden haben. So fand die "Japanische Industrievereinigung für Hygiene-Produkte" heraus, dass die Ansteckungsrate mit Grippe durch Mundschutzmasken auf ein Fünftel sinkt. Dass sich der Absatz von Mundschutzmasken allein im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr um das Zweieinhalbfache steigern ließ, steht sicher auf einem anderen Blatt. Mundschutz ist Mode!
Masken ersetzen wertvolle Zeit im Badezimmer
Ganz ehrlich, wenn ich die Maske mal vergessen habe, fühl ich mich total unsicher, richtig gefährdet! Außerdem ist es praktisch. Wenn ich morgens keine Zeit zum Schminken habe, ziehe ich die Maske über. Man kann ja sein Gesicht dahinter verstecken!
90 Prozent der Masken sind zwar Wegwerfartikel, aber es gibt auch welche aus Seide oder Baumwolle. Für Kinder bedruckt mit Manga-Motiven von "Ampanman" oder "Winni The Pooh", für Modebewusste in Farben, die zur Kleidung passen. Und für eben doch Geschminkte die Maske, die das Make-up schont:
Darüber kann man leicht vergessen, dass der Ursprung der Maskerade ein ernster ist. Als sich die Spanische Grippe in Japan verbreitete, das war 1919, wurden Mundmasken zur Vorbeugung gegen Ansteckung empfohlen. Und bei jeder weiteren Epidemie gewannen sie an Popularität.
Zuletzt löste die Schweinegrippe, an der in Japan immerhin 200 Menschen starben, einen Run auf die Drogerien aus und tatsächlich einen vorübergehenden Mangel an Masken. 4,4 Milliarden Stück wurden damals in einem Jahr verkauft - im Schnitt 39 Stück pro Einwohner.
Stark gesunken ist der Umsatz seither nicht: Deswegen werden alljährlich knapp 3 Milliarden Masken umgesetzt, viel mehr als in jedem anderen Land der Welt. Zunehmend werden Masken auch nachts getragen oder rund um die Uhr, den Schleimhäuten zuliebe mit Befeuchtung:
"Ja, denn Feuchtigkeit im Mund hilft gegen Erkältung oder Grippe. Ich trage täglich Mundschutzmasken und wechsele sie auch ständig. Deswegen brauche ich etwa 100 Stück im Monat. Es muss ein besonders leichtes Material sein, damit ich ungehindert atmen kann. Außerdem trage ich ja eine Brille, da brauche ich Masken, die so geformt sind, dass die Brille nicht beschlägt!"
Manchmal reicht schon Eitelkeit
Die Vielfalt des Angebots und die alltägliche Präsenz der Masken haben dazu beigetragen, dass Maske Mode wurde. Mit Anreizen für besondere Nasen, die Rosenduft oder Kamille, Jasmin, Lavendel oder Bergamotte schnuppern möchten.
Und dann gibt es auch noch den kosmetischen Effekt. Man muss weder krank sein noch Angst vor Ansteckung haben, um eine Maske zu tragen. Es reicht ein bisschen Eitelkeit:
"Ich habe eine Verletzung am Mund, sehen sie mal! Um die zu verstecken, trage ich die Maske. So wie Frauen, die sich nicht geschminkt haben."
Bei all den Spezialanwendungen, ein ganz pragmatisches Motiv sollte nicht vergessen werden: durch das Filterpapier sich und andere zu schützen. In Tokios U-Bahnen ist es zur Rush-Hour beklemmend eng. Da ist man vielleicht dankbar, wenn zwischen der eigenen und der nächstgelegenen Triefnase wenigstens ein Stückchen Zellstoff klebt. Japaner sind eben nicht nur empfindlich, sondern auch höflich.