Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz gegen "Bad Bank"

Ulrich Hocker im Gespräch mit Gabi Wuttke |
Der Hauptgeschäftsführer der Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz, Ulrich Hocker, hat sich gegen die Einrichtung einer "Bad Bank" ausgesprochen. Hocker sagte, er halte nicht viel davon, das Geld von Steuerzahlern dafür auszugeben, dass Banken sich sogenannter "Schrottpapiere" entledigen könnten.
Gabi Wuttke: Schlechtem Geld soll man kein gutes hinterherwerfen – ein Sprichwort, das auch nicht mehr viel wert ist. Denn viel gutes Geld bekommen Banken für schlechtes Geld, damit es nicht noch schlimmer wird. Aber wie schlimm kann es noch kommen? Die gesamte deutsche Kreditwirtschaft könnte auf riskanten Papieren in Höhe von einer Billion Euro sitzen. Allein die Groß- und Landesbanken in Deutschland hätten Kredite und Wertpapiere, die mal 200 Milliarden Euro wert waren, noch nicht abgeschrieben, das berichtet der "Spiegel". Ulrich Hocker ist jetzt am Telefon, er ist der Hauptgeschäftsführer der Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz. Guten Morgen, Herr Hocker!

Ulrich Hocker: Guten Morgen, Frau Wuttke!

Wuttke: Was schätzen Sie denn, auf wie vielen vergifteten Papieren die deutschen Finanzinstitute sitzen?

Hocker: Also ich kann nur die gemeldeten Zahlen, die Sie ja auch gesagt haben, 200, 300 Milliarden, wie auch immer, zur Kenntnis nehmen und kann nur feststellen, es wird eine große Menge sein. Es ist leider immer so, wenn die Zinsen niedrig sind, versucht die ganze Welt, Papiere zu kriegen, die ein Prozent, vielleicht ein halbes Prozent höher rentieren, höhere Zinsen ausschütten als andere, und dann kommen so, wie man auch sagt, solche Art Schrottpapiere in die Bilanzen der Banken, aber auch in viele Vermögen von privaten Anlegern.

Wuttke: Das heißt, was heute ein Schrottpapier ist, war es möglicherweise gestern noch nicht oder andersherum?

Hocker: Das war wohl so. Die Papiere waren meistens mit einem guten Rating von Ratingagenturen versehen, und die großen Emissionsprospekte, die manchmal ein paar Hundert Seiten lang waren, wurden von den Bankern nicht wirklich gelesen, und die Risiken, die in diesen Prospekten beschrieben waren, wurden so nicht zur Kenntnis genommen.

Wuttke: Aber wie kann man denn jetzt mit solchen Zahlen kommen, das wäre die eine Frage, und zum anderen, warum gibt es nicht eine ganz klare Zahl, auf wie viel sozusagen vergifteten Papieren wir sitzen, denn was ich abschreibe, kann ich ja irgendwie nicht heute so und morgen so machen, das wäre doch ein bisschen wie ein bisschen schwanger zu sein, oder?

Hocker: Das ist richtig zunächst das Letzte, aber die Banken melden, sie sind natürlich verpflichtet, alle Schrottpapiere sofort zu melden, und es ist natürlich auch so, welche Papiere morgen Schrott sind, weiß man noch nicht. Es gibt eben leider zurzeit überhaupt keinen Markt für solche Papiere. Man kann sie nicht mehr verkaufen, es gibt Modellrechnungen bezüglich dieser Papiere, sie werden dann runtergerechnet und die Banker nehmen dieses nur zur Kenntnis. Den echten Wert dieser Papiere kann man nicht erkennen, weil es zurzeit keinen Markt dafür gibt.

Wuttke: Aber haben die denn überhaupt noch einen echten Wert?

Hocker: Die werden einen echten Wert haben, denn meistens ist es ja nicht nur so, dass diese Papiere jetzt, sagen wir mal, als Hintergrund irgendwelche wertlosen Häuser in Amerika haben, es ist meistens eine Mixtur zwischen guten Forderungen, mittelguten und schlechten Forderungen. Irgendwelche Werte werden die haben. Es dauert nur eine gewisse Zeit, bis dieser Berg von Papieren abgebaut ist. Ich gehe davon aus, dass wir in einigen Jahren hoffentlich dann nicht mehr darüber reden.

Wuttke: Trotzdem wird nicht nur in den USA gefordert, man solle eine "Bad Bank" einrichten, eine Bank, die genau diese Papiere in einen großen Topf steckt, damit es in den anderen sozusagen wieder fröhlich keimen kann. Was halten Sie davon?

Hocker: Davon halte ich bisher noch nicht so viel. Der einzige Grund, warum ich eventuell dafür wäre, wäre das, wenn in Amerika, in England und in anderen Ländern überall diese "Bad Banks" eingeführt würden. Grundsätzlich bin ich der Meinung, sind wir einen anderen Weg gegangen, wir haben die Banken, soweit es notwendig war, mit Eigenkapital und Garantien versehen, und ich bin der Meinung, dass die Banken, die dies eingebrockt haben, die Verpflichtung haben, dieses selbst abzuarbeiten. Sie sind unterstützt worden vom Staat, man kann ja jetzt nicht noch obendrauf ihnen die Möglichkeit geben, alle diese Papiere einer Bank wegzugeben. Wo ist denn die Verantwortung der Leute, die noch in den letzten Jahren durch den Kauf solcher Papiere über Jahre zweistellige Millionenzahlen verdient haben. Das kann man doch dem Steuerbürger nicht klarmachen.

Wuttke: Der Chef des Bankenverbandes, Manfred Weber, meint, nur so käme man aus der Negativspirale, will heißen, es könnte aufhören mit dem Vertrauensverlust zwischen den Banken. Es scheint nach Ihren Worten so zu sein, dass Sie das eher für eine Masche halten?

Hocker: Das ist so. Ich weiß zwar, dass eine Bank a) Eigenkapital braucht und b), was ganz wichtig ist, Vertrauen braucht. Aber ich denke, wir setzen doch da wieder Geld des Steuerbürgers ein, und es ist politisch sicherlich nicht durchsetzbar, dass gerade jetzt in der Phase, wo die Banken über andere Wege unterstützt werden, noch eine "Bad Bank" initiiert wird, wo der Steuerbürger wieder – es wird sich ja um Beträge von 100 bis 200 Milliarden drehen – und von daher muss der Steuerbürger das auch nicht einsehen. Wir sind einen anderen Weg eingegangen, wir haben teilweise mit Eigenkapital unterstützt und wir haben ihnen Garantien gegeben. Dieser Weg muss weitergegangen werden.

Wuttke: Über schlechte Banken und gutes Geld. Ulrich Hocker ist jetzt am Telefon gewesen, der Hauptgeschäftsführer der Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz. Ich danke Ihnen für dieses Gespräch und wünsche Ihnen einen schönen Tag.


Das Gespräch mit Ulrich Hocker können Sie bis zum 20. Juni 2009 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. [url=http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2009/01/20/drk_20090120_0650_c7a4bf6a.mp3 title="MP3-Audio" target="_self"]MP3-Audio[/url