Raubkunst in fünf Fällen − und 119 Verdächtige
Die Taskforce Schwabinger Kunstfund hat ihren Abschlussbericht präsentiert. Nur wenige Bilder aus dem Nachlass von Cornelius Gurlitt sind bisher eindeutig als von den Nazis gestohlen identifiziert worden. Doch die Arbeit soll weitergehen.
Ingeborg Berggreen-Merkel, Leiterin der Taskforce Schwabinger Kunstfund, zeigt Sinn für Humor. Zu ineffektiv und vor allem intransparent habe das Gremium gearbeitet, so hatte die Kritik in den letzten Wochen immer wieder gelautet. Heute übergab Berggreen-Merkel den vorläufigen Abschlussbericht der Arbeit der Taskforce an Kulturstaatsministerin Monika Grütters: Eine Festplatte, verpackt in durchsichtiger Geschenkfolie:
"Und wenn mir der Kollege das bringt, dann werden Sie sehen, dass wir in diesem Fall für eindeutige äußere Transparenz gesorgt haben. Ich danke Ihnen!"
Vor allem die Opfervertreter hatten immer wieder bemängelt, dass ihnen die Erkenntnisse der Taskforce nicht zugänglich gemacht wurden. Dies sei aus Gründen des Datenschutzes rechtlich nicht möglich gewesen, verteidigte sich Berggreen-Merkel heute. Doch was an Daten "veröffentlichbar" sei, das könne nun online eingesehen werden.
Die Taskforce habe viel erreicht, erklärte Berggreen-Merkel. Ihre Aufgabe war es gewesen, bei den 499 verdächtigen Werken aus der Wohnung des Cornelius Gurlitt aufzuklären, ob es sich tatsächlich um Raubkunst handele und diese nach Möglichkeit zügig zu restituieren:
"Für all diese Werke wurden die Grundrecherchen abgeschlossen. Hierfür wurden knapp 15.000 Datenbankabgleiche vorgenommen, rund 4200 Publikationen auf bestimme Kunstwerke hin überprüft."
Die Ergebnisse sind dennoch in den Augen vieler Beobachter eher dürftig. Zu den fünf eindeutig als Raubkunst identifizierten Werken, die in den letzten Monaten schon veröffentlich worden waren, ist keines mehr dazu gekommen. Das sind Max Liebermanns Ölgemälde "Zwei Reiter am Strand", das dem jüdischen Kaufmann David Friedmann gestohlen worden war sowie die "Sitzende Frau von Henri Matisse" aus dem Besitz des Kunstsammlers Paul Rosenberg. Außerdem "Der Klavierspieler" von Carl Spitzweg, Camille Pissarros Ölgemälde "La seine vue du Pont Neuf" und eine Bleistiftzeichnung von Adolph Menzel.
Konkrete Anhaltspunkte sind selten
Nur zwei Gemälde sind bislang restituiert worden. Laut Abschlussbericht deuten bei 119 weiteren Werken die Provenienzhinweise zwar auf Raubkunst hin, zu 25 von ihnen gebe es sogar "sehr konkrete Anhaltspunkte" dafür, dass sie jüdischen Sammlern einst von den Nazis abgepresst oder gestohlen worden sind. Doch die Belege würden zum jetzigen Stand nicht ausreichen, um sie den Anspruchstellern zurückzugeben.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters dankte der Taskforce für ihre Arbeit, ganz zufrieden wirkte sie dennoch nicht:
"Ich glaube, viele von uns, übrigens nicht nur die Opfer, auch die Forscher haben sich schnellere und mehr Ergebnisse erhofft und auch gewünscht. Und wir haben ja schon mit erheblichem Mittel- und Personaleinsatz die Arbeit daran verstärkt. Ursprünglich sollte die Taskforce ein Jahr arbeiten, wir haben sie dann ein zweites Mal arbeiten lassen, 1,8 Millionen öffentliche Gelder, ich geb' jetzt noch einmal eine Million."
Bilder aus Salzburg werden einbezogen
Berggreen-Merkel verweist auf die Komplexität der Forschungsarbeit und die schwierige Quellenlage. In vielen Fällen hätten Daten gefehlt, Privatarchive seien nicht zur Verfügung gestellt worden. Und von Anfang an hätte die Arbeit unter einer zu großen Erwartungshaltung der Öffentlichkeit gestanden:
"Die Taskforce muss die archivarische Quellenlage so akzeptieren, wie sie ist. Ergibt sich daraus, dass ein Kunstwerk nicht verfolgungsbedingt entzogen wurde, so ist das hinzunehmen."
Die Arbeit soll nun unter dem Dach des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste in Magdeburg unter der Leitung der bisherigen wissenschaftlichen Koordinatorin der Taskforce, Andrea Baresel-Brand, weitergeführt werden. Auch der bisher erst grob erforschte Bestand aus Gurlitts Haus in Salzburg soll einbezogen werden. Das Projekt ist zunächst auf ein Jahr begrenzt. Ob nun, in neuer Konstellation, schneller Ergebnisse zu erwarten seien, dazu will sich Baresel-Brand lieber nicht äußern:
"Also Ziel ist, die Sachen aufzuklären, und zwar auf einer sachlichen Weise, das ist mir ganz wichtig. Unaufgeregt und zu den richtigen Ergebnissen zu kommen. Und das gilt für jedes Kunstwerk, das wir einer Provenienzforschung unterziehen."