Ferrara schafft es nicht mehr zum Exzess
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Der Wettbewerb der Berlinale ist manchmal harte Arbeit: So überzeugte der Deutsch-Schweizer Film "Schwesterlein" nicht. Und Abel Ferraras "Siberia" zeigte seltsam flache Bilder und ein sehr fragwürdiges Frauenbild.
Den ersten der beiden Wettbewerbsbeiträge vom Montag auf der Berlinale, "Schwesterlein" von den Schweizer Regisseurinnen Stéphanie Chuat und Véronique Reymond, findet die "Zeit"-Kritikerin Katja Nicodemus nur an wenigen Stellen überzeugend: Schon die Geschichte des künstlerischen Geschwisterpaars Lisa (Nina Hoss) und Sven (Lars Eidinger) sei als Story nur an wenigen Stellen stimmig.
Dies sei immer nur dann der Fall, wenn Hoss und Eidinger sehr dicht zusammen sind und dabei die sehr große Vertrautheit dieses Geschwisterpaars darstellen. Doch die Story selbst ist eher hölzern. "Tolle Bilder für die Geschwisterintimität" biete "Schwesterlein", sobald aber der Radius des Films erweitert werde, sei der Film "problematisch".
Abel Ferraras "Siberia" - eine "Reise ins ich"
Ähnlich enttäuscht ist Nicodemus auch von Abel Ferraras "Siberia", einer Art "Reise ins ich" des Haupthelden Clint (Willem Defoe): "Defoe spielt hier einen Mann, der in die Höhle seines Unbewussten hinab taucht. Er geht in Höhlen, in der der Protagonist seinem Vater begegnet, er geht in Wüstenlandschaften, Steppen, Berge und er begegnet allen möglichen Varianten von Ureinwohnern: Berbern, Inuit und Indianern. Es gibt sehr archetypische Vorstellungen von Männlichkeit - Jäger und Sammler, Naturmensch, vatersuchender Sohn. Für Frauen bleibt da in der Ich-Suche leider kein Platz", so die Kriterikin.
Frauen seien in diesem Film Ferraras nur "nörgelnde Ex-Ehefrauen" und dann etwa "entweder schwanger oder nackt oder beides". "In dem Film werden sie, sobald sie auftauchen, flachgelegt: auf dem Boden oder auf dem Tisch." Hinzu komme: "Die Bilder bleiben hier seltsam flach." Die Kritikerin schlussfolgert: "Dieser Film wird nicht in die Parade seiner großen Exzesse eingehen."
(sru)