Schwachstellen der traditionellen Entwicklungshilfe
Afrika ist reich an natürlichen Ressourcen und trotzdem hungern Menschen, leben in Armut. Würde man diese Ressourcen aber richtig nutzen, sie nicht länger plündern, dann ließen sich die Missstände beseitigen, davon ist der britische Wirtschaftswissenschaftler Paul Collier überzeugt.
Nachdem sich Collier bereits 2008 in seinem viel beachteten Buch "Die unterste Milliarde" intensiv mit der Zukunft der ärmsten Menschen beschäftigt hat, befasst er sich aktuell mit der Plünderung der natürlichen Ressourcen. Korruption, miserable Ausbildung, schlechtes Management, Vetternwirtschaft und fehlende Demokratie verhindern in vielen Fällen, dass die Bewohner der afrikanischen Länder von ihrer Natur profitieren. An negativen Beispielen fehlt es dem Wirtschaftswissenschaftler nicht. Der Ölreichtum einiger Länder dort hat sich als Ressourcenfluch erwiesen. Milliarden Petrodollar versickern, ohne die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern.
Die Beispiele könnten beliebig fortgesetzt werden, aber genau das macht Paul Collier nicht. Er tappt nicht in die gängigen Klischees der Entwicklungspolitik und betet sie runter, sondern versucht neue, provozierende Impulse zu geben. So warnt er eindringlich vor Ignoranten und Romantikern. Erstere bestreiten Klimawandel und Ressourcennot, letzere rufen "zurück zur Natur". Doch beide Parteien bieten falsche Lösungen, schreibt Collier. Abhilfe könne nur ein Maßnahmenkatalog schaffen, der eine sinnvolle Nutzung der natürlichen Ressourcen garantiere. So solle die Rohstoffsuche stets von öffentlicher Hand durchgeführt und von Geldgebern wie zum Beispiel der Weltbank finanziert werden, damit Privatfirmen bei den Ergebnissen nicht tricksen können.
Gelingen kann das nur, nach Colliers Logik, wenn es mehr Bürgerbeteiligung, mehr Demokratie gibt. Das gilt auch für die Nutzung der Wälder, Wiesen und Äcker. Der Autor warnt wiederholt vor der in seinen Augen "romantischen Vorstellung", mit ökologischer Landwirtschaft könnten Milliarden Hungriger ernähren werden. Stattdessen propagiert er kommerzielle Landwirtschaft mit Kunstdünger und Pestiziden, sieht allein in der Gentechnik die Rettung vor Hungersnöten.
Dabei spricht sich selbst die Welternährungsorganisation inzwischen für den Bioanbau aus, da er unter anderem die Bodenfruchtbarkeit erhält. Die Risiken der Gentechnik existieren für ihn nicht. Und Collier vergisst auch, dass derzeit rund 30 Prozent aller Lebensmittel gerade in den ärmsten Ländern verderben, weil es an Lager- und Transportmöglichkeiten fehlt.
Dazu passt auch seine Blindheit gegenüber den Gefahren der Atomenergie, die er allerdings vor Fukushima als Lösung für das Problem der Klimaerwärmung propagiert.
Insgesamt ist Paul Collier ist von seinen Thesen oftmals selbst allzu überzeugt, wirklich bekehren kann er nicht. Auch lesen sich viele seiner Fallanalysen manchmal etwas dröge, da er viele volkswirtschaftliche "Wenn-dann-Situationen" durchspielt. Trotzdem: Der Brite benennt Schwachstellen der traditionellen Entwicklungshilfe, regt zum Nachdenken an, gibt Impulse und reizt selbst aber auch zum Widerspruch.
Besprochen von Johannes Kaiser
Paul Collier: Der hungrige Planet
Aus dem Englischen von Martin Richter
Siedler Verlag, München 2011
270 Seiten, 22,99 Euro
Die Beispiele könnten beliebig fortgesetzt werden, aber genau das macht Paul Collier nicht. Er tappt nicht in die gängigen Klischees der Entwicklungspolitik und betet sie runter, sondern versucht neue, provozierende Impulse zu geben. So warnt er eindringlich vor Ignoranten und Romantikern. Erstere bestreiten Klimawandel und Ressourcennot, letzere rufen "zurück zur Natur". Doch beide Parteien bieten falsche Lösungen, schreibt Collier. Abhilfe könne nur ein Maßnahmenkatalog schaffen, der eine sinnvolle Nutzung der natürlichen Ressourcen garantiere. So solle die Rohstoffsuche stets von öffentlicher Hand durchgeführt und von Geldgebern wie zum Beispiel der Weltbank finanziert werden, damit Privatfirmen bei den Ergebnissen nicht tricksen können.
Gelingen kann das nur, nach Colliers Logik, wenn es mehr Bürgerbeteiligung, mehr Demokratie gibt. Das gilt auch für die Nutzung der Wälder, Wiesen und Äcker. Der Autor warnt wiederholt vor der in seinen Augen "romantischen Vorstellung", mit ökologischer Landwirtschaft könnten Milliarden Hungriger ernähren werden. Stattdessen propagiert er kommerzielle Landwirtschaft mit Kunstdünger und Pestiziden, sieht allein in der Gentechnik die Rettung vor Hungersnöten.
Dabei spricht sich selbst die Welternährungsorganisation inzwischen für den Bioanbau aus, da er unter anderem die Bodenfruchtbarkeit erhält. Die Risiken der Gentechnik existieren für ihn nicht. Und Collier vergisst auch, dass derzeit rund 30 Prozent aller Lebensmittel gerade in den ärmsten Ländern verderben, weil es an Lager- und Transportmöglichkeiten fehlt.
Dazu passt auch seine Blindheit gegenüber den Gefahren der Atomenergie, die er allerdings vor Fukushima als Lösung für das Problem der Klimaerwärmung propagiert.
Insgesamt ist Paul Collier ist von seinen Thesen oftmals selbst allzu überzeugt, wirklich bekehren kann er nicht. Auch lesen sich viele seiner Fallanalysen manchmal etwas dröge, da er viele volkswirtschaftliche "Wenn-dann-Situationen" durchspielt. Trotzdem: Der Brite benennt Schwachstellen der traditionellen Entwicklungshilfe, regt zum Nachdenken an, gibt Impulse und reizt selbst aber auch zum Widerspruch.
Besprochen von Johannes Kaiser
Paul Collier: Der hungrige Planet
Aus dem Englischen von Martin Richter
Siedler Verlag, München 2011
270 Seiten, 22,99 Euro