Einst fast verschwundene Schweinerasse hat Erfolg
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In den 80er-Jahren war das Zuchtbuch für sie geschlossen. Angeblich waren Schwäbisch-Hällische Landschweine zu fett, wuchsen zu langsam und brachten nicht genug Profit. Doch jetzt feiert diese besondere Schweineart ihr Comeback.
Sie heißen Panda, Sheriff oder Hanne, die meisten liegen faul im Stroh im Außengehege. Ab und zu verzieht sich ein Schwein in den Stall. Birgit Eberhardt wuschelt in den großen, schwarzen Schlappohren von ihrer Lieblingssau. Hanne schüttelt den komplett schwarzen Kopf. Auch der schwarze Hintern mit dem Ringelschwanz wackelt mit. Nur in der Mitte sind die Körper im Gehege alle schweinchenrosa: Das Markenzeichen Schwäbisch-Hällischer Landschweine.
Schweinerasse aus der Region Hohenlohe
Birgit Eberhardt und ihre Familie gehören hier im Norden von Baden-Württemberg zu den bedeutendsten Züchtern der Landschweinrasse. Es gibt sie fast nur in und um die Stadt Schwäbisch Hall, etwa 3.500 Zuchtsauen leben in der Region Hohenlohe.
120 dieser Zuchtsauen stehen allein bei den Eberhardts. Artgerecht gehalten. Aber natürlich sei der Hof immer noch ein Schweinebetrieb, der streng getaktet arbeitet, erzählt Birgits Sohn: Axel "Wir arbeiten im Drei-Wochen-Rhythmus. Alle drei Woche steht dann die gleiche Arbeit an. Zum Beispiel ferkeln dann die Sauen."
Die Tierhaltung wird sich noch verbessern
Die Ferkel bleiben bei den Eberhardts knapp vier Wochen bei der Mutter. Das sei länger als vorgeschrieben, aber tue den Ferkeln einfach gut, erklärt Axel Eberhardt.
In der aktuellen Diskussion um das Tierwohl werden allerdings mindestens fünf Wochen bei der Mutter gefordert. Und die Kastenstände, in denen "abgeferkelt" wird, sollen größer werden. Das heißt für den Züchter: Er wird noch größere Ställe bauen müssen. Begeistert ist er zwar nicht, die erfolgreiche Zucht will er aber unbedingt weiterführen.
Nur die ausgesuchten Top-Tiere kommen in das Zuchtbuch. Der Stamm, aus dem alle Züchter in der Region dann die nächste Generation "Schwäbisch-Hällische" weiter züchten.
Schwein gehabt
Anfang der 80er Jahre war das nicht möglich. Die Schwäbisch-Hällischen gab es offiziell nicht mehr. Sie seien zu fett, wüchsen zu langsam und brächten zu wenig ein, hieß es.
Dafür, dass heute wieder mehr als 1.500 Bauernhöfe die schwarz-rosanen Schweine halten, ist Rudolf Bühler verantwortlich. Der 69-Jährige geht langsam auf seine Schweine zu. Knapp 100 hat er, nur draußen. Sie fressen Klee, Eicheln auf der Weide und schlafen in Holzhütten am Waldrand. 1984 hat Bühler seinen Hof übernommen, da war er Anfang 30.
Schnell kam die Idee: Die Schwäbisch-Hällischen "wieder zu beleben". Die alten Bauern, sagt Bühler, "haben mich dann ermuntert: 'Natürlich, Rudolf, Du weißt, wie es geht. Du warst jetzt da draußen und du kannst mit den Behörden umgehen. Du hast studiert, du musst das machen!'"
Vorher leistete Bühler sechs Jahre landwirtschaftliche Entwicklungshilfe in Bangladesch, Syrien und Sambia. Dort hat Bühler auch selbst erfahren, wie ignorant der Westen sein kann. Er lernte, dass Tierrassen an die jeweilige Futtergrundlage in den Regionen angepasst sein müssen.
Mit sieben Tieren begann die neue Zucht
Das war in der Schweinezucht in Deutschland schon lange nicht mehr so. Abgedunkelte Ställe ohne Tageslicht, Hochleistungsschweine, vollgepumpt mit Antibiotika. Darauf hatte er keine Lust.
Also fing Bühler an nach Bauern zu suchen, die noch übrig gebliebene Schwäbisch-Hällische Landschweine hatten. Sieben reinrassige Schweine waren dann die Grundlage für seine neue Zucht. Aber nicht nur aus Nostalgie: "Es nützt nichts, wenn die Bauern jetzt wieder die Hällischen Schweine halten", betont Bühler. Sie müssen sie auch verkaufen können."
Bühler gründete die Züchtervereinigung. Bis heute garantieren die Höfe mehr Platz, hauptsächlich regionales Futter, keine Gentechnik, keine langen Transporte. Inzwischen hat der Verband einen eigenen Schlachthof in Schwäbisch Hall.
Verwertet wird möglichst alles am Tier. Jeder dritte Hof arbeitet ökologisch. Die Erzeugergemeinschaft garantiert den Bauern dafür höhere Preise.
Fleisch der Schwäbisch-Hällischen dreimal teurer
Damals fanden sich schnell Abnehmer. Und das Geschäft mit den Schwäbisch-Hällischen wächst weiter. Auch wenn die Höfe kleiner, die Vorgaben strenger und das Fleisch drei Mal so teuer ist: Selbst in vielen Supermärkten in Baden-Württemberg steht inzwischen die hällische Wurst aus der Dose.
Und während der Pandemie sind nachhaltige und Öko-Lebensmittel sowieso ein Renner gewesen. Weniger Fleisch essen, dafür besseres. So wirbt auch Rudolf Bühler für seine Weideschweine.