Ein "superdünnes Strohhälmchen" für Laschet
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Grüne und Union sondieren, nun haben CDU/CSU und SPD jeweils einmal mit den möglichen Koalitionspartnern gesprochen. Der Journalist Stefan Braun glaubt, dass es jetzt schnell gehen könnte - und alles auf die Ampel hinausläuft.
Die Grünen und die Union haben Sondierungsgespräche begonnen, um Möglichkeiten für eine Regierungszusammenarbeit auszuloten. Das Treffen bildet den Abschluss der ersten bilateralen Gesprächsrunden zwischen den Parteien, die für eine Regierungsbildung in Frage kommen. Zuvor hatte es bereits in verschiedenen anderen Konstellationen Zweiergespräche zwischen Union, SPD, Grünen und FDP gegeben.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil will nach den getrennten Sondierungen baldige Dreiergespräche mit Grünen und FDP führen. Auch die Grünen streben den raschen Start von Dreier-Sondierungen an - sie sind nach wie vor auch für eine Jamaika-Koalition offen.
Vor vier Jahren war die CDU noch bereit
Das ist die derzeitige Lage im politischen Berlin - doch Stefan Braun, Hauptstadtkorrespondent der Süddeutschen Zeitung, glaubt, dass diese sich bald erledigt hat. Vor vier Jahren sei die CDU bereit für eine Koalition mit den Grünen gewesen, Grüne und CSU aber nicht, sagt er. Jetzt sei es genau andersherum. Braun zufolge liegt das vor allem an der heftigen Wahlschlappe der Christdemokraten: "Man kann nicht mit einem Mann, der dramatisch verloren hat, darüber nachdenken, ob er trotzdem Kanzler wird."
Laschets politisches Überleben hänge an einem "superdünnen Strohhälmchen", meint Braun. Auch inhaltlich, glaubt der innenpolitische Beobachter, fänden die beiden Parteien nicht zueinander: Die CDU habe im Wahlkampf nicht signalisiert, dass sie bereit für die Vorschläge der Grünen sei, was das 1,5-Grad-Ziel angehe.
Die Regierung könnte Ende November stehen
Allen Beteiligten sei klar, dass die Sondierungen nicht allzu lange dauern sollten, so Braun. Er erwarte deswegen, dass schon am Freitag klar sei, dass SPD, Grüne und FDP sich zu Koalitionsverhandlungen verabredeten. Eine Regierung könnte dann sogar schon Ende November stehen - und nicht, wie von vielen politischen Beobachtern prognostiziert, erst vor Weihnachten.
Vor dem heutigen Treffen hatten führende Grüne der Union mangelnde Diskretion vorgeworfen. Es sei in allen Runden Vertraulichkeit vereinbart worden, sagte der politische Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, gegenüber RTL: "Dass man dann die Kommunikation über die Bild-Zeitung betreibt, wirft kein gutes Licht auf die Zustände in der Union."
Kellners Kritik bezieht sich auf die Gespräche zwischen Union und FDP, deren Inhalte teils in dem Boulevardblatt landeten. Auch die FDP hatte der Union einen Bruch der vereinbarten Vertraulichkeit vorgeworfen.
Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin sagte im Deutschlandfunk (AUDIO):
"Der entscheidende Punkt am heutigen Tag wird sein, ob die CDU willens und fähig ist, überhaupt solche Verhandlungen und entsprechende Vereinbarungen zu treffen."
(ahe/rtr/dpa)