Schwarze Königin von Saba
Rund 1000 Jahre vor Christi Geburt soll eine Karawane aus dem Süden in’s jüdische Land gekommen sein, um Salomo zu beschenken, den weisen König der Juden. Und die Karawane, die die Geschenke brachte, hatten eine Frau an Ihrer Spitze: die Kö-nigin von Saba. Woher kam sie?
"Vor kurzem hatte sie ihr 22. Lebensjahr vollendet, saß elf Monate auf dem Thron von Saba und hatte niemals einen Mann an ihrer Seite vermisst. Jetzt, da ihre Herrschaft bedroht war, wünschte sie sich einen Krieger als Gemahl, der Karib auf irgendeine Weise aus der Welt schaffte. An das "wie" wollte sie jetzt nicht denken, das musste sich nach den Umständen ergeben."
Aus dem Roman "Salomo und die Königin von Saba" von Siegfried Obermeier, erschienen 2004.
Seit rund zweieinhalbtausend Jahren beflügelt die schöne Fremde aus dem Süden die Phantasien von Musikern und Romanciers, Malern und Poeten, ein Ende ist nicht abzusehen. - Das verdanken wir den Autoren der hebräischen Bibel, sagt Ulfried Kleinert, Theologieprofessor von der Evangelischen Hochschule Dresden.
Kleinert: "as ist ’ne orientalische Geschichte, und dass ist das Reizvollste: weil diese Geschichte aus dem Ersten Buch der Könige nur Andeutungen enthält. - Was ist eigentlich zwischen Salomo und der Königin von Saba passiert? Das ist sehr dezent nur angedeutet, und das reizt die Phantasie natürlich. Und hat auch die Kunst immer wieder gereizt, das umzusetzen: Was war zwischen den beiden? Und der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt."
1. Könige, 10): "Die Königin von Saba hörte von Salomos Ruf und kam, um ihn mit Rätselfragen auf die Probe zu stellen. – Sie kam nach Jerusalem mit großem Aufgebot: mit Kamelen, die Balsamöle transportierten. Und sehr viel Gold und Edelsteine."
So steht es in der hebräischen Bibel oder auch "im Alten Testament", wie die Christen sagen: Erstes Buch der Könige.
Welcher Ruf des Salomo (der oft auch Salomon genannt wird) ist es wohl gewesen, der die Herrscherin aus dem fernen Süden bewogen hat, die beschwerliche und sicher auch gefährliche Reise gen Jerusalem anzutreten? - Nach dem Zeugnis der Bibel hat Salomo den ersten Tempel der Israeliten errichten lassen. Ein kostspieliger Bau, die steinernen Wände geschmückt mit kunstvollem Schnitzwerk aus Zedernholz: Blattwerk und Blumen - goldverziert.
Vielleicht war die Visite von Sabas Königin so etwas wie ein Staatsbesuch ? Vielleicht kam sie als Monarchin eines befreundeten Landes, um Salomos Tempelbau ein wenig zu unterstützen.
Ziegert: "So ähnlich könnte man sich das vorstellen. Und das würde als Begründung überzeugend sein, dass sie deshalb mit Gold und Edelsteinen nach Jerusalem gereist ist. Wahrscheinlich sind andere Könige auch dort hingereist. Nur über die gibt es keine Überlieferung, sondern nur über die Königin von Saba."
Helmut Ziegert, Professor für Archäologie von der Universität Hamburg. Auch er ist jahrzehntlang den Spuren der biblischen Königin gefolgt. In den arabischen Süden und vor allem nach Äthiopien, auf der Suche nach ihren verschollenen Palästen. – Doch davon später.
Falls die Königin von Saba nach Jerusalem kam, um Salomo mit kostbaren Steinen und edlem Metall zu überraschen – wirklich angewiesen auf ihre Geschenke dürfte der König wohl nicht gewesen sein. In der Bibel jedenfalls heißt es, er habe in einem prächtigen Palast residiert, auf einem Thron aus Elfenbein, überzogen mit purem Gold.
1. Könige, 10: "Alle Trinkbecher des Königs Salomo waren aus Gold, und alles Geschirr im Haus waren auch aus Gold. Und er hatte vierhundert Wagen und zwölftausend Reiter. Und man brachte dem Salomo Pferde aus Ägypten und allerlei Waren, und die Kaufleute des Königs kauften und verkauften Waren. Also ward der König Salomo größer an Reichtum - und Weisheit als alle Könige auf Erden!"
Kleinert: "An seinem Königshof in Jerusalem hat er sehr viele Gelehrte gehabt. Möglicherweise sind in seiner Zeit auch die ersten Geschichtswerke, Geschichtsaufzeichnungen, entstanden. Das Volk Israel ist ja erst wenige Generationen sesshaft geworden, das ist ja ursprünglich ein Nomadenvolk. Und nun gibt es einen prächtigen König, der wie ein üblicher orientalischer König Hof halten kann."
Ulfried Kleinert. Reichtum und Herrscherqualitäten, dazu Sinn für Gerechtigkeit, Gottesfurcht und philosophische Weisheit – das alles sagt die hebräische Bibel dem Salomo nach. - Er war der Sohn von König David ! Der hatte einst Jerusalem erobert und zu seiner Hauptstadt ernannt.
Kleinert: "Salomo ist nun derjenige, der das Erbe Davids antritt. Der auch Verträge schließt, also, der ist der erste, der auf ein gegründetes Reich im Sinne der Stadtkönigtümer der damaligen Zeit zurückblicken kann. Der sich nicht was erschließen, was erobern muss, sondern ein Erbe antritt."
Aber vielleicht waren es nicht nur die Geschichten um Salomos prächtige und kulturvolle Hofhaltung und seine sprichwörtliche Weisheit, welche die Königin von Saba nach Jerusalem lockten, sondern auch sein Ruf als Freund der Frauen und seine Qualitäten als Liebhaber. Das Buch der Könige jedenfalls weiß zu berichten:
1. Könige, 10:
"Salomo liebte viele ausländische Frauen. Die Tochter Pharaos und moabitische, ammonitische, edomitische und hetitische. An diesen hing Salomo mit Liebe. - Er hatte siebenhundert Frauen und dreihundert Nebenfrauen."
Eintausend Frauen – und ein poetisches Talent dazu. Das muss Salomo auch besessen haben, denn der Legende nach hat er das Hohe Lied der hebräischen Bibel verfasst. Eine Ode an eine geheimnisvolle Geliebte:
Hohelied des Salomo:
"Deine Lippen sind wie eine scharlachfarbene Schnur, und dein Mund ist lieblich. Deine Schläfen schillern hinter deinem Schleier wie eine Scheibe vom Granatapfel."
Fähigkeiten als Poet, Weisheit, Reichtum, Herrscherqualitäten und ein erotisches Talent. Das alles bescheinigt die hebräische Bibel dem König Salomo. Wahrlich Gründe genug für die königliche Hoheit von Saba, ein Dutzend Kamele zu satteln und die Reise nach Jerusalem zu wagen.
Wer nun die Bibel aufschlägt, Erstes Buch der Könige, um einzutauchen in ein phantasievolles Märchen über die Begegnung Salomos mit der exotischen Fürstin aus dem Süden, wird erstmal enttäuscht - man findet nur ein paar nüchterne Sätze.
Kleinert: "Wenn man genau liest, da kann man da ganz viel entdecken! Es ist ja auch eine Prüfung darin. Die Königin von Saba prüft ja Salomo, ob der Ruf, der von seiner Weisheit in’s Land gegangen ist und bis ins ferne Saba gedrungen ist, ob der auch stimmt!"
1. Könige 10: "Die Königin von Saba hörte von Salomos Ruf. Und kam, um ihn mit Rätselfragen auf die Probe zu stellen. Und Salomon gab ihr Antwort. Nichts blieb dem König verborgen, all ihre Fragen konnte er lösen."
Kleinert: "Ja, es ist interessant, dass der Test für die Weisheit Salomos über Rätsel erfolgt. Die Rätsel hatten oft im Orient einen spielerischen Charakter mit einer gewissen Dynamik, auch Spannung, die zwischen den Rätsel-Erzählern und den Rätsellösern entsteht und entstanden ist. Also, es kann so interpretiert werden, dass dieses Erproben der Weisheit über die Rätsel zugleich der spielerische Versuch einer tieferen Form von Begegnung ist: Wer reicht mir das Wasser? Wer ist entsprechend klug und gewitzt in der Wahrnehmung dessen, was ich frage in dem Rätsel?"
Rätsel zu ersinnen und sie aufzulösen war ein beliebtes Gesellschaftsspiel an orientalischen Höfen. – Welche Rätselnüsse gab die Königin von Saba wohl dem Salomo zu knacken? Darüber schweigt sich die Bibel leider aus. Um so eifriger ist im späteren Judentum und im Islam darüber spekuliert worden. Hier eine Rätselfrage aus dem arabischen Raum, die der Königin von Saba zugeschrieben wird:
Zitatorin: "Welches Wasser, das den Durst löscht, kommt weder vom Himmel noch von der Erde?"
Salomo, vom Erzengel Gabriel erleuchtet, löst das Wasser-Rätsel mit Bravour. Seine Antwort:
"Es ist der Schweiß eines Rosses. Der einzige tierische Schweiß, der den menschlichen Durst löschen kann. Weil er süß ist."
1. Könige 10: "Die Königin kam nach Jerusalem mit großem Aufgebot: mit Kamelen, die Balsamöle transportierten. Und sehr viel Gold und Edelsteine."
Aber woher eigentlich ist diese Königin genau gekommen? – "von Saba" heißt es in der hebräischen Bibel. Das antike Königreich Saba mit der Hauptstadt Marib lag im Süden der arabischen Halbinsel, auf dem Gebiet des heutigen Jemen. Die Sabäer sind reich geworden, als es ihnen etwa im 7. Jahrhundert vor Christus gelang, den orientalischen Weihrauchhandel unter ihre Kontrolle zu bringen.
Das duftende Harz der Weihrauchbäume wurde schon in den Tempeln des alten Ägypten verglüht genauso wie rund 2000 Jahre später in den Palästen des alten Rom. – Helmut Ziegert:
Ziegert: "Im Tempel wächst kein Weihrauchstrauch. Wahrscheinlich haben die Weihrauch in bestimmten Riten verwandt, der importiert war."
Kleinert: "Weihrauch als das für die Götter und für die Kaiser und für vornehme Gesellschaften besondere Gewürz! Was einen Wohlgeruch verbreitet, wie es nur Göttern und den großen der Erde zusteht. Und die Römer waren damals die Größten der Erde, die wollten das in Massen haben. Das war ungeheuer wertvoll!"
Ulfried Kleinert.
"Balsamöle" hätten sie geschleppt, die Kamele, mit denen die Königin von Saba nach Jerusalem kam, heißt es im "Ersten Buch der Könige". Sehr wahrscheinlich sind Öle aus Weihrauch und Myrrhe gemeint - damals der Inbegriff orientalischer Kostbarkeiten.
Ihre biblische Bezeichnung - "Die Königin von Saba" - und ihre Gastgeschenke - "Balsamöle" - legen nahe, dass jene Herrscherin aus Saba nach Jerusalem gekommen ist.
Aber war sie deshalb auch Königin in Saba, sprich: eine Fürstin des Volkes der Sabäer? – Möglich ist das. Im Süden Arabiens hat es ein Königreich Saba gegeben und wahrscheinlich auch weibliche Herrscher auf dessen Thron. – Das Fatale ist nur:
Kleinert: "Nach den Forschungen, die in diesem Bereich bisher gemacht worden sind, ist das ein Königreich, das noch nicht zur Zeit eines möglich historischen Salomo aus dem 10.Jahrhundert vor Christus stammt. Sondern erst seit dem 8. Jahrhundert vor Christus nachgewiesen ist."
In den Ruinen des historischen Saba suchen Archäologen seit langem nach dem Palastes der biblischen Königin - bisher vergebens.
Ziegert: "Das Deutsche Archäologische Institut gräbt seit etwa dreißig Jahren im Südjemen. Man hat das nie gefunden. Die ältesten Befunde sind aus dem 7. Jahrhundert vor Christi Geburt, Salomon und die Königin von Saba stammen aber aus dem 10. Jahrhundert vor Christi Geburt."
Falls die biblische Königin von Saba tatsächlich in Saba residierte, gehört die Geschichte ihrer Begegnung mit König Salomo wahrscheinlich dem Reich der Legenden an. Fest steht: Zur Zeit der Blüte des sabäischen Königreiches war Salomo schon mehrere hundert Jahre tot.
Aber vielleicht hat ein historisches Treffen zwischen Salomo und der südländischen Königin ja doch stattgefunden. Es gibt nämlich eine Legende, die behauptet, dass die biblische Königin von Saba nicht aus dem antiken Saba stammt. Eine Legende, die man sich rund 1000 Kilometer südwestlich von Saba erzählt: in Aksum, Äthiopien.
Die Königin von Saba taucht im Kebra Nagast auf, dem Volksepos der Äthiopier. Es wurde im 14. Jahrhundert erstmals aufgeschrieben, seine mündliche Überlieferung allerdings reicht bis in graue Vorzeit zurück.
Kleinert: "Da kriegt sie auch einen Namen in dem alten äthiopischen Volksepos. "Makeda" heißt sie da. Anknüpfend an eine Textstelle aus dem "Josephus", wo von einer Königin aus Ägypten und Äthiopien geredet wird. Dass man meint, sie käme aus dem heutigen Äthiopien."
Flavius Josephus ist ein jüdischer Historiker des 1. Jahrhunderts. Er hat die "Antiquitates Judaicae" verfasst, eine Geschichte des jüdischen Volkes bis zum Ausbruch seines Aufstandes gegen Rom im Jahr 66 nach Christus. Nach Josephus’ Bericht hat Salomo – so wörtlich – "eine Königin aus Ägypten und Äthiopien" empfangen.
Ist Makeda, um 1000 vor Christus Königin der Äthiopier, etwa von Aksum aus über Saba nach Jerusalem gereist? Und wird deshalb in der Bibel als "Königin von Saba" bezeichnet? – Helmut Ziegert hält das durchaus für möglich. Wie auch die Existenz eines Königreiches mit der Hauptstadt Aksum, das Äthiopien und Saba umfasste.
Ziegert: "Wir wissen nicht, wie weit damals die Herrschaftsverhältnisse gereicht haben. Es gibt Hinweise dafür, dass diese Königin in der Zeit auch die Herrschaft über Südjemen ausgeübt hat. Diese Königreiche waren begründet durch Handel. Das Königreich von Aksum hat lange, lange Zeit vor dem Judentum bis in christliche Zeit den Indien- Mittelmeer-Handel kontrolliert. Und das kann eben auch sein, dass dadurch Herrschaftsbeziehungen über Südjemen da waren."
In Äthiopien jedenfalls ist man davon zutiefst überzeugt. Auch davon, das Königin Makeda mit Salomo einen Sohn gezeugt hat: seine königliche Mutter nannte ihn Menelik - und kehrte mit ihm in die äthiopische Heimat zurück.
Ziegert: "Den Palast des Königs Menelik, den haben wir gefunden. Genau unter den Mauern eines christlichen Palastes, der um 600 nach Christus errichtet wurde."
Helmut Ziegert hat bis zum Jahr 2008 die Ausgrabungen eines Hamburger Archäologen -Teams in Aksum-Dungur geleitet. Und nicht nur den Palast des Melenik haben die Archäologen zu Tage gefördert sondern - wie sie sagen - auch den Palast der biblischen Königin von Saba.
Ziegert: "Die Mauerfundamente eines älteren Palastes in anderer Orientierung, die liegen direkt unter Meleniks Palast. Und über diesen indirekten Schluss kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass die mündliche Überlieferung, dass in Dungur der Palast der Königin von Saba gestanden hat, dass die stimmt. Ich habe selbst die Bauern immer befragt, weil da mündliche Traditionen weiterlaufen. Wir haben das an verschiedensten Stellen durch Ausgrabungen überprüfen können und festgestellt, dass solche Aussagen punktuell stimmen."
"Hoch wahrscheinlich" also haben Helmut Ziegert und sein Team den Palast der Königin von Saba entdeckt. Im äthiopischen Aksum. - Ein Quäntchen Zweifel wird bleiben, es liegt im Wesen der archäologischen Wissenschaft, sagt Ulfried Kleinert:
Kleinert: "Da sind wir auf Spekulationen angewiesen. Auf Hypothesen, die hundertprozentig auf keinen Fall sicher sind."
Aber plausibel findet er die These der Hamburger Archäologen durchaus.
Kleinert: "Die äthiopische Verfassung hat ja bis in das dritte Viertel des 20. Jahrhunderts sich darauf ausdrücklich bezogen, dass nämlich aus der Verbindung zwischen der Königin von Saba und Salomo der Ahnherr der Dynastie des äthiopischen Königshauses kam. Und solange das Königshaus in Äthiopien regierte, stand in der Verfassung der Äthiopier, das man sich auf diese Königin von Saba und Salomo zurückführt."
Wenn die biblische Königin von Saba tatsächlich aus Äthiopien kam, dann ist sie wohl keine arabische, sondern eine schwarze Schönheit gewesen.
Ziegert: "Davon können wir wohl ausgehen. Aber der Rassismus war späteren Datums, so dass eine schwarze Königin von Aksum keinerlei Anstoß erregte."
Kleinert: "Ja, auch im Jemen gibt es ja dunkelhäutige Königinnen. Die wird immer in der Tradition als dunkelhäutig dargestellt. Bis hin zur schwarzen Königin, gibt’s auch."
Ob nun im Süden Arabiens oder in Äthiopien geboren: so hellhäutig wie Gina Lollobrigida , Hollywoods Königin von Saba in einem Spielfilm von 1959, kann jene Monarchin, die Salomo besuchte, wohl kaum gewesen sein. Schon die geheimnisvolle Frau im biblischen Hohelied, so mancher Bibelwissenschaftler erkennt in ihr die Königin von Saba, ist stolz auf ihre dunkle Haut:
Das Hohelied Salomos: "Braun bin ich zwar, doch schön, ihr Töchter Jerusalems! Wie die Zelte von Kedar, wie Salomos Decken."
"Von nun an werde ich nicht mehr die Sonne verehren, sondern den Schöpfer der Sonne: den Gott von Israel."
Mit diesen Worten, heißt es im "Kebra Nagast", hat sich Königin Makeda von Salomo verabschiedet, bevor sie sich auf den Heimweg machte. So erklären sich die äthiopischen Juden, "wie Jahwe nach Äthiopien kam", sprich: die Herkunft ihres Glaubens.
Im Äthiopien von heute allerdings ist das Judentum kaum noch präsent, denn im 4. Jahrhundert konvertierte das hiesige Königshaus mitsamt seinen Untertanen zum Christentum. Bis auf einen Volksstamm, die Falascha. Der wollte sich nicht bekehren lassen sondern hielt weiter am jüdischen Glauben fest. – Helmut Ziegert:
Ziegert: "Die Falascha sind frühzeitig nach Israel ausgewandert. Die Juden in Israel haben überprüft, ob das Juden nach dem Gesetz sind, haben das positiv beantwortet und ihnen die Einreise nach Israel erlaubt. Da ist damals der ganze Stamm mit ganz wenigen Ausnahmen nach Israel ausgewandert.
Wenn wir heute Bilder sehen von schwarzer Bevölkerung in Israel, dann sind das die Nachkommen der Falascha."
Die hebräische Bibel zeichnet die Königin von Saba als eine souveräne Herrscherin, die Salomo einen Staatsbesuch abstattet. Jahrhunderte später – in den Schriften des mittelalterlichen Judentums – verwandelt sich die respektable Fürstin aus dem Süden sukzessive in einen weiblichen Dämon, der Salomo in Versuchung führt.
Kleinert: "Das ist etwas, was ich sehr mit Bedauern zur Kenntnis genommen habe. Dass diese anfänglich sehr positive Wahrnehmung dieser Königin von Saba, diese Achtung, die vor ihr zum Ausdruck kommt, dass die zunächst mal mit Schweigen übergangen wird. Im Talmud, da kommt da nix mehr von. Und dann im Mittelalter plötzlich diese Königin von Saba sexualisiert wird. Als die Verführerin, als eine Dämonin, als eine Bedrohung sozusagen - und dann fast bekämpft werden muss."
Im "Targum Scheni", einem Büchlein in aramäischer Sprache aus dem 3. Jahrhundert, heißt es, Salomo habe die Königin von Saba in einem Thronsaal mit gläsernem Fußboden empfangen. Die Königin hält das funkelnde Glas für einen Wasserspiegel, rafft ihre Röcke um hindurchzuwaten und entblößt dabei ihre Beine. Die sind stark behaart. Jener Anblick verleitet Salomo zu einer wenig charmanten Bemerkung:
Targum Scheni: "Deine Schönheit ist die einer Frau; deine Haare sind die eines Mannes. Behaarte Beine sind des Mannes Schönheit, aber eine Schande für die Frau!"
Kleinert: "Als Initiationsritus muss dann der Salomo diese Haare mit ’ner Salbe oder anders entfernen, und dann erst können sie sich wirklich begegnen. Vermutlich dann nach diesen Darstellungen auch sexuell dann begegnen. "Bein" ist auch oft die Umschreibung von Geschlechtsteilen in der alten orientalischen Überlieferung, da schillert sozusagen die Präparierung für den intimen Verkehr miteinander."
Das Targum Sheni mokiert sich über die behaarten Unterschenkel der Königin, Das Alphabetum Siracidis, ein Text aus dem 11. Jahrhundert, mutmaßt, ihr ganzer Körper sei behaart gewesen. Und in so mancher Schrift eines mittelalterlichen Rabbi wird Salomos Staatsgast aus dem Süden gar mit den Accesoires des Teufels bedacht.
Kleinert: "Ja, das ist dann nicht der Pferdefuß, sondern der Esels- oder Gänsefuß, den sie kriegt in der Überlieferung. Das ist so ein Zeichen dafür, dass sie dämonischer Herkunft ist, dass sie da als abstammend von Dämonen-Ahnen vorgestellt wird. Und ein Zeichen dafür ist der Esels- bzw. Gänsefuß, der bei uns ja auch beim Teufel vorkommt."
Die Königin von Saba als eine Gespielin des Teufels: diese Vorstellung lebt in neuzeitlichen Romanen fort. Zum Beispiel bei Gustave Flaubert. "Die Versuchung des Heiligen Antonius" ist ein Roman über all die sündhaften Phantasien, die einen Mönch bei der Lektüre der Bibel überkommen. Jene Königin von Saba, die sich der Heilige Antonius imaginiert, vertieft ins Erste Buch der Könige, kommt daher als eine apokalyptische Domina.
G. Flaubert, Die Versuchung des Heiligen Antonius:
"Ein weißer Elefant führt sie heran. Sie hockt auf, wollenen Kissen mit halb gesenkten Lidern. Ihre Taille umschließt ein strammes Mieder. Ihre Schuhe sind sehr hoch. Der eine schwarz, mit Silbersternen und einem Halbmond geschmückt. Der andere weiß, mit Goldtröpfchen und einer Sonne. Und ihre ringbeladenen Hände haben spitze Fingernägel. Ihre Augen sind schwarz getuscht. Und sie atmet mit halb geöffnetem Mund."
Anders als im jüdischen Mittelalter erfährt die Königin von Saba in der christlichen Überlieferung eine weitgehend freundliche Darstellung. Kein Wunder, denn ein Christus- Wort aus dem Matthäus-Evangelium sieht sie am Tag des Jüngsten Gerichts auf Seiten der himmlischen Heerscharen platziert.
Matthäus 12, Vers 42: "Die Königin des Südens kam vom Ende der Erde, um Salomos Weisheit zu hören!"
heißt es dort anerkennend.
Ulfried Kleinert hat sich für die Darstellung der Königin in Werken der christlichen Kunst interessiert. Zum Beispiel für ihr Konterfei in Sandstein in der "goldenen Pforte" des Doms zu Freiberg in Sachsen. Auf den spätromanischen Bögen dieses Kirchenportals, geschmückt mit biblischen Gestalten - dem Propheten Daniel, Salomo, Johannes dem Täufer - ist die Königin von Saba die einzige Figur, die dem Dombesucher entgegenblickt.
Kleinert: "Da ist auch die Königin von Saba nicht die Richterin, sondern die Einladende. Deshalb habe ich das auch interpretiert als ein Verständnis von einladender Kirche, die nicht mit Strafen droht, sondern einlädt, hinzuzukommen. In der Pforte selbst sind ja nur Erlöste dargestellt, auch die elendsten Gestalten werden erlöst. In dieser Pforte sieht man, dass gar kein Gericht stattfindet, sondern dass die Menschen erhoben werden in den Schoß Abrahams."
In der muslimischen Welt zeigen die Geschichten um Salomo und die legendäre Königin von Saba wiederum eine andere Färbung, oft muten sie an wie ein Märchen aus Tausend und einer Nacht.
Zunächst, so heißt es, sei Sabas Königin nicht auf eigene Initiative nach Jerusalem gekommen. Im Koran, Sure 27, ist von einem gelehrten und reiselustigen Vogel die Rede, dem Wiedehopf.
Dieser Wiedehopf bittet eines Tages um Audienz bei König Salomo:
Koran: "Ich bringe Dir aus Saba eine Nachricht. Ich habe herausgefunden, dass eine Frau dort herrscht, und dass sie einen gewaltigen Thron besitzt. Und ich habe herausgefunden, dass sie und ihr Volk vor der Sonne niederfallen statt vor Gott. Und der Satan hat Ihnen ihre Werke verlockend gemacht und sie vom Weg abgewiesen!"
Salomo möchte die Kunde des Vogels überprüfen und lädt die Königin von Saba nach Jerusalem ein. In seinen prächtigen Palast, dessen Fußboden ganz und gar ausgelegt ist mit kristallklarem Glas. Auch im Koran heißt es, die Königin hätte den Glasboden für spiegelndes Wasser gehalten und die Röcke geschürzt, um hindurchzuwaten. Im Gegensatz zu den Schriften des mittelalterlichen Judentums ist im Koran aber weder die Rede von behaarten Beinen noch von herablassenden Bemerkungen des Salomo. Im Gegenteil: Der König klärt seinen Gast freundlich über dessen Irrtum auf.
Koran: "Er sprach: "Siehe, dies ist ein Palast, mit Glas getäfelt! - Da rief sie: "Oh mein Herr! Siehe, ich sündigte wider mich selbst. Doch ich ergebe mich jetzt mit Salomon Allah, dem Herrn der Welten!"
Kleinert: "Aber interessant ist natürlich vor allen Dingen, wie sich Salomo und die Königin von Saba in den "Persischen Miniaturen" darstellen, da ist es das Liebespaar par excellence."
Gemeint ist die persische Hofmalerei des 16. und 17. Jahrhunderts unter Schah Abbas dem Großen.
Die persischen Maler verlegen Salomos Begegnung mit der fremdländischen Königin gern in paradiesische Gärten mit rauschenden Bächen und zahmem Getier, dort zeigt sie sich ihm unverschleiert.
Auch die persischen Dichter haben viel Phantasie auf die Romanze zwischen Suleiman (der osmanische Name für Salomo) und Bilqis verwandt. Bilqis, so der Name der biblischen Königin in der nachkoranischen Literatur. Dort heißt es, Suleiman habe für seine Königin in Saba prächtige Paläste bauen lassen und sei allmonatlich bei ihr zu Gast gewesen. Für drei Tage und drei Liebesnächte.
... und wir uns die schöne Bilqis vorzustellen haben, lehren uns die Verse des persischen Dichters Haifis:
Haifis: "Die Schwarzbraune. Mit aller Süße dieser Welt.
Mit dem schwarzen Muttermal,
mit den schönen Augen,
den lachenden Lippen
und dem frohen Herzen.
Doch das schwarze Muttermal auf der goldbraunen Haut
ist ein Geheimnis jener Art, an das schon Adam sein Herz verlor!"
Aus dem Roman "Salomo und die Königin von Saba" von Siegfried Obermeier, erschienen 2004.
Seit rund zweieinhalbtausend Jahren beflügelt die schöne Fremde aus dem Süden die Phantasien von Musikern und Romanciers, Malern und Poeten, ein Ende ist nicht abzusehen. - Das verdanken wir den Autoren der hebräischen Bibel, sagt Ulfried Kleinert, Theologieprofessor von der Evangelischen Hochschule Dresden.
Kleinert: "as ist ’ne orientalische Geschichte, und dass ist das Reizvollste: weil diese Geschichte aus dem Ersten Buch der Könige nur Andeutungen enthält. - Was ist eigentlich zwischen Salomo und der Königin von Saba passiert? Das ist sehr dezent nur angedeutet, und das reizt die Phantasie natürlich. Und hat auch die Kunst immer wieder gereizt, das umzusetzen: Was war zwischen den beiden? Und der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt."
1. Könige, 10): "Die Königin von Saba hörte von Salomos Ruf und kam, um ihn mit Rätselfragen auf die Probe zu stellen. – Sie kam nach Jerusalem mit großem Aufgebot: mit Kamelen, die Balsamöle transportierten. Und sehr viel Gold und Edelsteine."
So steht es in der hebräischen Bibel oder auch "im Alten Testament", wie die Christen sagen: Erstes Buch der Könige.
Welcher Ruf des Salomo (der oft auch Salomon genannt wird) ist es wohl gewesen, der die Herrscherin aus dem fernen Süden bewogen hat, die beschwerliche und sicher auch gefährliche Reise gen Jerusalem anzutreten? - Nach dem Zeugnis der Bibel hat Salomo den ersten Tempel der Israeliten errichten lassen. Ein kostspieliger Bau, die steinernen Wände geschmückt mit kunstvollem Schnitzwerk aus Zedernholz: Blattwerk und Blumen - goldverziert.
Vielleicht war die Visite von Sabas Königin so etwas wie ein Staatsbesuch ? Vielleicht kam sie als Monarchin eines befreundeten Landes, um Salomos Tempelbau ein wenig zu unterstützen.
Ziegert: "So ähnlich könnte man sich das vorstellen. Und das würde als Begründung überzeugend sein, dass sie deshalb mit Gold und Edelsteinen nach Jerusalem gereist ist. Wahrscheinlich sind andere Könige auch dort hingereist. Nur über die gibt es keine Überlieferung, sondern nur über die Königin von Saba."
Helmut Ziegert, Professor für Archäologie von der Universität Hamburg. Auch er ist jahrzehntlang den Spuren der biblischen Königin gefolgt. In den arabischen Süden und vor allem nach Äthiopien, auf der Suche nach ihren verschollenen Palästen. – Doch davon später.
Falls die Königin von Saba nach Jerusalem kam, um Salomo mit kostbaren Steinen und edlem Metall zu überraschen – wirklich angewiesen auf ihre Geschenke dürfte der König wohl nicht gewesen sein. In der Bibel jedenfalls heißt es, er habe in einem prächtigen Palast residiert, auf einem Thron aus Elfenbein, überzogen mit purem Gold.
1. Könige, 10: "Alle Trinkbecher des Königs Salomo waren aus Gold, und alles Geschirr im Haus waren auch aus Gold. Und er hatte vierhundert Wagen und zwölftausend Reiter. Und man brachte dem Salomo Pferde aus Ägypten und allerlei Waren, und die Kaufleute des Königs kauften und verkauften Waren. Also ward der König Salomo größer an Reichtum - und Weisheit als alle Könige auf Erden!"
Kleinert: "An seinem Königshof in Jerusalem hat er sehr viele Gelehrte gehabt. Möglicherweise sind in seiner Zeit auch die ersten Geschichtswerke, Geschichtsaufzeichnungen, entstanden. Das Volk Israel ist ja erst wenige Generationen sesshaft geworden, das ist ja ursprünglich ein Nomadenvolk. Und nun gibt es einen prächtigen König, der wie ein üblicher orientalischer König Hof halten kann."
Ulfried Kleinert. Reichtum und Herrscherqualitäten, dazu Sinn für Gerechtigkeit, Gottesfurcht und philosophische Weisheit – das alles sagt die hebräische Bibel dem Salomo nach. - Er war der Sohn von König David ! Der hatte einst Jerusalem erobert und zu seiner Hauptstadt ernannt.
Kleinert: "Salomo ist nun derjenige, der das Erbe Davids antritt. Der auch Verträge schließt, also, der ist der erste, der auf ein gegründetes Reich im Sinne der Stadtkönigtümer der damaligen Zeit zurückblicken kann. Der sich nicht was erschließen, was erobern muss, sondern ein Erbe antritt."
Aber vielleicht waren es nicht nur die Geschichten um Salomos prächtige und kulturvolle Hofhaltung und seine sprichwörtliche Weisheit, welche die Königin von Saba nach Jerusalem lockten, sondern auch sein Ruf als Freund der Frauen und seine Qualitäten als Liebhaber. Das Buch der Könige jedenfalls weiß zu berichten:
1. Könige, 10:
"Salomo liebte viele ausländische Frauen. Die Tochter Pharaos und moabitische, ammonitische, edomitische und hetitische. An diesen hing Salomo mit Liebe. - Er hatte siebenhundert Frauen und dreihundert Nebenfrauen."
Eintausend Frauen – und ein poetisches Talent dazu. Das muss Salomo auch besessen haben, denn der Legende nach hat er das Hohe Lied der hebräischen Bibel verfasst. Eine Ode an eine geheimnisvolle Geliebte:
Hohelied des Salomo:
"Deine Lippen sind wie eine scharlachfarbene Schnur, und dein Mund ist lieblich. Deine Schläfen schillern hinter deinem Schleier wie eine Scheibe vom Granatapfel."
Fähigkeiten als Poet, Weisheit, Reichtum, Herrscherqualitäten und ein erotisches Talent. Das alles bescheinigt die hebräische Bibel dem König Salomo. Wahrlich Gründe genug für die königliche Hoheit von Saba, ein Dutzend Kamele zu satteln und die Reise nach Jerusalem zu wagen.
Wer nun die Bibel aufschlägt, Erstes Buch der Könige, um einzutauchen in ein phantasievolles Märchen über die Begegnung Salomos mit der exotischen Fürstin aus dem Süden, wird erstmal enttäuscht - man findet nur ein paar nüchterne Sätze.
Kleinert: "Wenn man genau liest, da kann man da ganz viel entdecken! Es ist ja auch eine Prüfung darin. Die Königin von Saba prüft ja Salomo, ob der Ruf, der von seiner Weisheit in’s Land gegangen ist und bis ins ferne Saba gedrungen ist, ob der auch stimmt!"
1. Könige 10: "Die Königin von Saba hörte von Salomos Ruf. Und kam, um ihn mit Rätselfragen auf die Probe zu stellen. Und Salomon gab ihr Antwort. Nichts blieb dem König verborgen, all ihre Fragen konnte er lösen."
Kleinert: "Ja, es ist interessant, dass der Test für die Weisheit Salomos über Rätsel erfolgt. Die Rätsel hatten oft im Orient einen spielerischen Charakter mit einer gewissen Dynamik, auch Spannung, die zwischen den Rätsel-Erzählern und den Rätsellösern entsteht und entstanden ist. Also, es kann so interpretiert werden, dass dieses Erproben der Weisheit über die Rätsel zugleich der spielerische Versuch einer tieferen Form von Begegnung ist: Wer reicht mir das Wasser? Wer ist entsprechend klug und gewitzt in der Wahrnehmung dessen, was ich frage in dem Rätsel?"
Rätsel zu ersinnen und sie aufzulösen war ein beliebtes Gesellschaftsspiel an orientalischen Höfen. – Welche Rätselnüsse gab die Königin von Saba wohl dem Salomo zu knacken? Darüber schweigt sich die Bibel leider aus. Um so eifriger ist im späteren Judentum und im Islam darüber spekuliert worden. Hier eine Rätselfrage aus dem arabischen Raum, die der Königin von Saba zugeschrieben wird:
Zitatorin: "Welches Wasser, das den Durst löscht, kommt weder vom Himmel noch von der Erde?"
Salomo, vom Erzengel Gabriel erleuchtet, löst das Wasser-Rätsel mit Bravour. Seine Antwort:
"Es ist der Schweiß eines Rosses. Der einzige tierische Schweiß, der den menschlichen Durst löschen kann. Weil er süß ist."
1. Könige 10: "Die Königin kam nach Jerusalem mit großem Aufgebot: mit Kamelen, die Balsamöle transportierten. Und sehr viel Gold und Edelsteine."
Aber woher eigentlich ist diese Königin genau gekommen? – "von Saba" heißt es in der hebräischen Bibel. Das antike Königreich Saba mit der Hauptstadt Marib lag im Süden der arabischen Halbinsel, auf dem Gebiet des heutigen Jemen. Die Sabäer sind reich geworden, als es ihnen etwa im 7. Jahrhundert vor Christus gelang, den orientalischen Weihrauchhandel unter ihre Kontrolle zu bringen.
Das duftende Harz der Weihrauchbäume wurde schon in den Tempeln des alten Ägypten verglüht genauso wie rund 2000 Jahre später in den Palästen des alten Rom. – Helmut Ziegert:
Ziegert: "Im Tempel wächst kein Weihrauchstrauch. Wahrscheinlich haben die Weihrauch in bestimmten Riten verwandt, der importiert war."
Kleinert: "Weihrauch als das für die Götter und für die Kaiser und für vornehme Gesellschaften besondere Gewürz! Was einen Wohlgeruch verbreitet, wie es nur Göttern und den großen der Erde zusteht. Und die Römer waren damals die Größten der Erde, die wollten das in Massen haben. Das war ungeheuer wertvoll!"
Ulfried Kleinert.
"Balsamöle" hätten sie geschleppt, die Kamele, mit denen die Königin von Saba nach Jerusalem kam, heißt es im "Ersten Buch der Könige". Sehr wahrscheinlich sind Öle aus Weihrauch und Myrrhe gemeint - damals der Inbegriff orientalischer Kostbarkeiten.
Ihre biblische Bezeichnung - "Die Königin von Saba" - und ihre Gastgeschenke - "Balsamöle" - legen nahe, dass jene Herrscherin aus Saba nach Jerusalem gekommen ist.
Aber war sie deshalb auch Königin in Saba, sprich: eine Fürstin des Volkes der Sabäer? – Möglich ist das. Im Süden Arabiens hat es ein Königreich Saba gegeben und wahrscheinlich auch weibliche Herrscher auf dessen Thron. – Das Fatale ist nur:
Kleinert: "Nach den Forschungen, die in diesem Bereich bisher gemacht worden sind, ist das ein Königreich, das noch nicht zur Zeit eines möglich historischen Salomo aus dem 10.Jahrhundert vor Christus stammt. Sondern erst seit dem 8. Jahrhundert vor Christus nachgewiesen ist."
In den Ruinen des historischen Saba suchen Archäologen seit langem nach dem Palastes der biblischen Königin - bisher vergebens.
Ziegert: "Das Deutsche Archäologische Institut gräbt seit etwa dreißig Jahren im Südjemen. Man hat das nie gefunden. Die ältesten Befunde sind aus dem 7. Jahrhundert vor Christi Geburt, Salomon und die Königin von Saba stammen aber aus dem 10. Jahrhundert vor Christi Geburt."
Falls die biblische Königin von Saba tatsächlich in Saba residierte, gehört die Geschichte ihrer Begegnung mit König Salomo wahrscheinlich dem Reich der Legenden an. Fest steht: Zur Zeit der Blüte des sabäischen Königreiches war Salomo schon mehrere hundert Jahre tot.
Aber vielleicht hat ein historisches Treffen zwischen Salomo und der südländischen Königin ja doch stattgefunden. Es gibt nämlich eine Legende, die behauptet, dass die biblische Königin von Saba nicht aus dem antiken Saba stammt. Eine Legende, die man sich rund 1000 Kilometer südwestlich von Saba erzählt: in Aksum, Äthiopien.
Die Königin von Saba taucht im Kebra Nagast auf, dem Volksepos der Äthiopier. Es wurde im 14. Jahrhundert erstmals aufgeschrieben, seine mündliche Überlieferung allerdings reicht bis in graue Vorzeit zurück.
Kleinert: "Da kriegt sie auch einen Namen in dem alten äthiopischen Volksepos. "Makeda" heißt sie da. Anknüpfend an eine Textstelle aus dem "Josephus", wo von einer Königin aus Ägypten und Äthiopien geredet wird. Dass man meint, sie käme aus dem heutigen Äthiopien."
Flavius Josephus ist ein jüdischer Historiker des 1. Jahrhunderts. Er hat die "Antiquitates Judaicae" verfasst, eine Geschichte des jüdischen Volkes bis zum Ausbruch seines Aufstandes gegen Rom im Jahr 66 nach Christus. Nach Josephus’ Bericht hat Salomo – so wörtlich – "eine Königin aus Ägypten und Äthiopien" empfangen.
Ist Makeda, um 1000 vor Christus Königin der Äthiopier, etwa von Aksum aus über Saba nach Jerusalem gereist? Und wird deshalb in der Bibel als "Königin von Saba" bezeichnet? – Helmut Ziegert hält das durchaus für möglich. Wie auch die Existenz eines Königreiches mit der Hauptstadt Aksum, das Äthiopien und Saba umfasste.
Ziegert: "Wir wissen nicht, wie weit damals die Herrschaftsverhältnisse gereicht haben. Es gibt Hinweise dafür, dass diese Königin in der Zeit auch die Herrschaft über Südjemen ausgeübt hat. Diese Königreiche waren begründet durch Handel. Das Königreich von Aksum hat lange, lange Zeit vor dem Judentum bis in christliche Zeit den Indien- Mittelmeer-Handel kontrolliert. Und das kann eben auch sein, dass dadurch Herrschaftsbeziehungen über Südjemen da waren."
In Äthiopien jedenfalls ist man davon zutiefst überzeugt. Auch davon, das Königin Makeda mit Salomo einen Sohn gezeugt hat: seine königliche Mutter nannte ihn Menelik - und kehrte mit ihm in die äthiopische Heimat zurück.
Ziegert: "Den Palast des Königs Menelik, den haben wir gefunden. Genau unter den Mauern eines christlichen Palastes, der um 600 nach Christus errichtet wurde."
Helmut Ziegert hat bis zum Jahr 2008 die Ausgrabungen eines Hamburger Archäologen -Teams in Aksum-Dungur geleitet. Und nicht nur den Palast des Melenik haben die Archäologen zu Tage gefördert sondern - wie sie sagen - auch den Palast der biblischen Königin von Saba.
Ziegert: "Die Mauerfundamente eines älteren Palastes in anderer Orientierung, die liegen direkt unter Meleniks Palast. Und über diesen indirekten Schluss kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass die mündliche Überlieferung, dass in Dungur der Palast der Königin von Saba gestanden hat, dass die stimmt. Ich habe selbst die Bauern immer befragt, weil da mündliche Traditionen weiterlaufen. Wir haben das an verschiedensten Stellen durch Ausgrabungen überprüfen können und festgestellt, dass solche Aussagen punktuell stimmen."
"Hoch wahrscheinlich" also haben Helmut Ziegert und sein Team den Palast der Königin von Saba entdeckt. Im äthiopischen Aksum. - Ein Quäntchen Zweifel wird bleiben, es liegt im Wesen der archäologischen Wissenschaft, sagt Ulfried Kleinert:
Kleinert: "Da sind wir auf Spekulationen angewiesen. Auf Hypothesen, die hundertprozentig auf keinen Fall sicher sind."
Aber plausibel findet er die These der Hamburger Archäologen durchaus.
Kleinert: "Die äthiopische Verfassung hat ja bis in das dritte Viertel des 20. Jahrhunderts sich darauf ausdrücklich bezogen, dass nämlich aus der Verbindung zwischen der Königin von Saba und Salomo der Ahnherr der Dynastie des äthiopischen Königshauses kam. Und solange das Königshaus in Äthiopien regierte, stand in der Verfassung der Äthiopier, das man sich auf diese Königin von Saba und Salomo zurückführt."
Wenn die biblische Königin von Saba tatsächlich aus Äthiopien kam, dann ist sie wohl keine arabische, sondern eine schwarze Schönheit gewesen.
Ziegert: "Davon können wir wohl ausgehen. Aber der Rassismus war späteren Datums, so dass eine schwarze Königin von Aksum keinerlei Anstoß erregte."
Kleinert: "Ja, auch im Jemen gibt es ja dunkelhäutige Königinnen. Die wird immer in der Tradition als dunkelhäutig dargestellt. Bis hin zur schwarzen Königin, gibt’s auch."
Ob nun im Süden Arabiens oder in Äthiopien geboren: so hellhäutig wie Gina Lollobrigida , Hollywoods Königin von Saba in einem Spielfilm von 1959, kann jene Monarchin, die Salomo besuchte, wohl kaum gewesen sein. Schon die geheimnisvolle Frau im biblischen Hohelied, so mancher Bibelwissenschaftler erkennt in ihr die Königin von Saba, ist stolz auf ihre dunkle Haut:
Das Hohelied Salomos: "Braun bin ich zwar, doch schön, ihr Töchter Jerusalems! Wie die Zelte von Kedar, wie Salomos Decken."
"Von nun an werde ich nicht mehr die Sonne verehren, sondern den Schöpfer der Sonne: den Gott von Israel."
Mit diesen Worten, heißt es im "Kebra Nagast", hat sich Königin Makeda von Salomo verabschiedet, bevor sie sich auf den Heimweg machte. So erklären sich die äthiopischen Juden, "wie Jahwe nach Äthiopien kam", sprich: die Herkunft ihres Glaubens.
Im Äthiopien von heute allerdings ist das Judentum kaum noch präsent, denn im 4. Jahrhundert konvertierte das hiesige Königshaus mitsamt seinen Untertanen zum Christentum. Bis auf einen Volksstamm, die Falascha. Der wollte sich nicht bekehren lassen sondern hielt weiter am jüdischen Glauben fest. – Helmut Ziegert:
Ziegert: "Die Falascha sind frühzeitig nach Israel ausgewandert. Die Juden in Israel haben überprüft, ob das Juden nach dem Gesetz sind, haben das positiv beantwortet und ihnen die Einreise nach Israel erlaubt. Da ist damals der ganze Stamm mit ganz wenigen Ausnahmen nach Israel ausgewandert.
Wenn wir heute Bilder sehen von schwarzer Bevölkerung in Israel, dann sind das die Nachkommen der Falascha."
Die hebräische Bibel zeichnet die Königin von Saba als eine souveräne Herrscherin, die Salomo einen Staatsbesuch abstattet. Jahrhunderte später – in den Schriften des mittelalterlichen Judentums – verwandelt sich die respektable Fürstin aus dem Süden sukzessive in einen weiblichen Dämon, der Salomo in Versuchung führt.
Kleinert: "Das ist etwas, was ich sehr mit Bedauern zur Kenntnis genommen habe. Dass diese anfänglich sehr positive Wahrnehmung dieser Königin von Saba, diese Achtung, die vor ihr zum Ausdruck kommt, dass die zunächst mal mit Schweigen übergangen wird. Im Talmud, da kommt da nix mehr von. Und dann im Mittelalter plötzlich diese Königin von Saba sexualisiert wird. Als die Verführerin, als eine Dämonin, als eine Bedrohung sozusagen - und dann fast bekämpft werden muss."
Im "Targum Scheni", einem Büchlein in aramäischer Sprache aus dem 3. Jahrhundert, heißt es, Salomo habe die Königin von Saba in einem Thronsaal mit gläsernem Fußboden empfangen. Die Königin hält das funkelnde Glas für einen Wasserspiegel, rafft ihre Röcke um hindurchzuwaten und entblößt dabei ihre Beine. Die sind stark behaart. Jener Anblick verleitet Salomo zu einer wenig charmanten Bemerkung:
Targum Scheni: "Deine Schönheit ist die einer Frau; deine Haare sind die eines Mannes. Behaarte Beine sind des Mannes Schönheit, aber eine Schande für die Frau!"
Kleinert: "Als Initiationsritus muss dann der Salomo diese Haare mit ’ner Salbe oder anders entfernen, und dann erst können sie sich wirklich begegnen. Vermutlich dann nach diesen Darstellungen auch sexuell dann begegnen. "Bein" ist auch oft die Umschreibung von Geschlechtsteilen in der alten orientalischen Überlieferung, da schillert sozusagen die Präparierung für den intimen Verkehr miteinander."
Das Targum Sheni mokiert sich über die behaarten Unterschenkel der Königin, Das Alphabetum Siracidis, ein Text aus dem 11. Jahrhundert, mutmaßt, ihr ganzer Körper sei behaart gewesen. Und in so mancher Schrift eines mittelalterlichen Rabbi wird Salomos Staatsgast aus dem Süden gar mit den Accesoires des Teufels bedacht.
Kleinert: "Ja, das ist dann nicht der Pferdefuß, sondern der Esels- oder Gänsefuß, den sie kriegt in der Überlieferung. Das ist so ein Zeichen dafür, dass sie dämonischer Herkunft ist, dass sie da als abstammend von Dämonen-Ahnen vorgestellt wird. Und ein Zeichen dafür ist der Esels- bzw. Gänsefuß, der bei uns ja auch beim Teufel vorkommt."
Die Königin von Saba als eine Gespielin des Teufels: diese Vorstellung lebt in neuzeitlichen Romanen fort. Zum Beispiel bei Gustave Flaubert. "Die Versuchung des Heiligen Antonius" ist ein Roman über all die sündhaften Phantasien, die einen Mönch bei der Lektüre der Bibel überkommen. Jene Königin von Saba, die sich der Heilige Antonius imaginiert, vertieft ins Erste Buch der Könige, kommt daher als eine apokalyptische Domina.
G. Flaubert, Die Versuchung des Heiligen Antonius:
"Ein weißer Elefant führt sie heran. Sie hockt auf, wollenen Kissen mit halb gesenkten Lidern. Ihre Taille umschließt ein strammes Mieder. Ihre Schuhe sind sehr hoch. Der eine schwarz, mit Silbersternen und einem Halbmond geschmückt. Der andere weiß, mit Goldtröpfchen und einer Sonne. Und ihre ringbeladenen Hände haben spitze Fingernägel. Ihre Augen sind schwarz getuscht. Und sie atmet mit halb geöffnetem Mund."
Anders als im jüdischen Mittelalter erfährt die Königin von Saba in der christlichen Überlieferung eine weitgehend freundliche Darstellung. Kein Wunder, denn ein Christus- Wort aus dem Matthäus-Evangelium sieht sie am Tag des Jüngsten Gerichts auf Seiten der himmlischen Heerscharen platziert.
Matthäus 12, Vers 42: "Die Königin des Südens kam vom Ende der Erde, um Salomos Weisheit zu hören!"
heißt es dort anerkennend.
Ulfried Kleinert hat sich für die Darstellung der Königin in Werken der christlichen Kunst interessiert. Zum Beispiel für ihr Konterfei in Sandstein in der "goldenen Pforte" des Doms zu Freiberg in Sachsen. Auf den spätromanischen Bögen dieses Kirchenportals, geschmückt mit biblischen Gestalten - dem Propheten Daniel, Salomo, Johannes dem Täufer - ist die Königin von Saba die einzige Figur, die dem Dombesucher entgegenblickt.
Kleinert: "Da ist auch die Königin von Saba nicht die Richterin, sondern die Einladende. Deshalb habe ich das auch interpretiert als ein Verständnis von einladender Kirche, die nicht mit Strafen droht, sondern einlädt, hinzuzukommen. In der Pforte selbst sind ja nur Erlöste dargestellt, auch die elendsten Gestalten werden erlöst. In dieser Pforte sieht man, dass gar kein Gericht stattfindet, sondern dass die Menschen erhoben werden in den Schoß Abrahams."
In der muslimischen Welt zeigen die Geschichten um Salomo und die legendäre Königin von Saba wiederum eine andere Färbung, oft muten sie an wie ein Märchen aus Tausend und einer Nacht.
Zunächst, so heißt es, sei Sabas Königin nicht auf eigene Initiative nach Jerusalem gekommen. Im Koran, Sure 27, ist von einem gelehrten und reiselustigen Vogel die Rede, dem Wiedehopf.
Dieser Wiedehopf bittet eines Tages um Audienz bei König Salomo:
Koran: "Ich bringe Dir aus Saba eine Nachricht. Ich habe herausgefunden, dass eine Frau dort herrscht, und dass sie einen gewaltigen Thron besitzt. Und ich habe herausgefunden, dass sie und ihr Volk vor der Sonne niederfallen statt vor Gott. Und der Satan hat Ihnen ihre Werke verlockend gemacht und sie vom Weg abgewiesen!"
Salomo möchte die Kunde des Vogels überprüfen und lädt die Königin von Saba nach Jerusalem ein. In seinen prächtigen Palast, dessen Fußboden ganz und gar ausgelegt ist mit kristallklarem Glas. Auch im Koran heißt es, die Königin hätte den Glasboden für spiegelndes Wasser gehalten und die Röcke geschürzt, um hindurchzuwaten. Im Gegensatz zu den Schriften des mittelalterlichen Judentums ist im Koran aber weder die Rede von behaarten Beinen noch von herablassenden Bemerkungen des Salomo. Im Gegenteil: Der König klärt seinen Gast freundlich über dessen Irrtum auf.
Koran: "Er sprach: "Siehe, dies ist ein Palast, mit Glas getäfelt! - Da rief sie: "Oh mein Herr! Siehe, ich sündigte wider mich selbst. Doch ich ergebe mich jetzt mit Salomon Allah, dem Herrn der Welten!"
Kleinert: "Aber interessant ist natürlich vor allen Dingen, wie sich Salomo und die Königin von Saba in den "Persischen Miniaturen" darstellen, da ist es das Liebespaar par excellence."
Gemeint ist die persische Hofmalerei des 16. und 17. Jahrhunderts unter Schah Abbas dem Großen.
Die persischen Maler verlegen Salomos Begegnung mit der fremdländischen Königin gern in paradiesische Gärten mit rauschenden Bächen und zahmem Getier, dort zeigt sie sich ihm unverschleiert.
Auch die persischen Dichter haben viel Phantasie auf die Romanze zwischen Suleiman (der osmanische Name für Salomo) und Bilqis verwandt. Bilqis, so der Name der biblischen Königin in der nachkoranischen Literatur. Dort heißt es, Suleiman habe für seine Königin in Saba prächtige Paläste bauen lassen und sei allmonatlich bei ihr zu Gast gewesen. Für drei Tage und drei Liebesnächte.
... und wir uns die schöne Bilqis vorzustellen haben, lehren uns die Verse des persischen Dichters Haifis:
Haifis: "Die Schwarzbraune. Mit aller Süße dieser Welt.
Mit dem schwarzen Muttermal,
mit den schönen Augen,
den lachenden Lippen
und dem frohen Herzen.
Doch das schwarze Muttermal auf der goldbraunen Haut
ist ein Geheimnis jener Art, an das schon Adam sein Herz verlor!"