Schweineduschen inklusive
Mehr Platz in den Buchten, viel frische Luft, Stroh zum Spielen: Mit einem neuen Label zeichnet der Deutsche Tierschutzbund Landwirte aus, die ihren Schweinen bessere Lebensbedingungen bieten. Ein Besuch auf einem Hof in der Lüneburger Heide zeigt, wie das aussehen kann.
Wenn ausgewachsene Mastschweine Platz zum Toben haben, dann nutzen sie den auch. So wie im Schweinestall von Christoph Becker in Wietzendorf bei Soltau. Sogar duschen können sie. Entlang der Stallwand verlaufen Wasserleitungen, die zur Tränke führen. Darin eingelassen sind kleine Düsen - Schweineduschen in der Lüneburger Heide.
Christoph Becker: "Im Sommer machen wir die natürlich vermehrt an, dann geht die vier, fünf Mal am Tag an, oder vielleicht sogar noch mehr, wenn´s warm ist, wo die Schweine sich dann in die Dusche reinstellen können. Also, es ist nicht von ihnen selber aktiviert, aber sie haben die Chance, sich dort abzukühlen."
Heute bleibt die Dusche aus - draußen herrscht nasskaltes Schmuddelwetter, doch den Schweinen ist das egal. Gerade schnappt ein wuchtiger Eber nach einem Beißring, der an einer Metallkette von der Decke baumelt. Ein zweiter knabbert am Hanfseil, das am Geländer hängt, während ein drittes Schwein einige Halme Stroh zerkaut, die der Mäster in die Bucht geworfen hat.
Lars Schrader beobachtet die Tiere dabei genau. Der Agrarwissenschaftler ist aus Celle gekommen, wo er das bundeseigene Friedrich-Löffler-Institut für Tierschutz und Tierhaltung leitet. Der Forscher betont, wie wichtig Stroh für Schweine ist:
"Man weiß eben von Schweinen, dass sie zu 70 Prozent ihrer Aktivitätszeit normalerweise mit Nahrungssuche beschäftigt sind. Das heißt, sie wühlen, sie beißen, sie zerren, sie kauen, sie hebeln. Und das sollte man in der Haltung versuchen, irgendwie zu ersetzen, zum Beispiel durch die Hanfseile. Dass man Strohraufen anbietet oder auch andere Materialien anbietet, wo die Tiere reinbeißen können, die verformbar sind und die sie manipulieren können."
Rund tausend Schweine hält Christoph Becker und gibt seinen Tieren ein Drittel mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben: 14 Schweine teilen sich 18 Quadratmeter mit unterschiedlichen Zonen: vorne ruhen im Liegebereich, weiter hinten spielen, saufen und fressen. Medikamente kriegen die Tiere nur vom Tierarzt, und das auch nur dann, wenn sie wirklich krank sind - eine Antibiotika-Gabe als Präventivmaßnahme ist verboten.
All diese Kriterien muss Christoph Becker erfüllen, damit die späteren Fleischprodukte das neu eingeführte Label des Deutschen Tierschutzbundes erhalten. Dessen Präsident Thomas Schröder wirbt für diese Initiative:
"Wir wollen den Landwirten Angebote machen, ihre Stallsysteme umzubauen, wirtschaftlich machbar, aber eben mit Standards weit über das Tierschutzgesetz hinaus. Wir setzen darauf, dass wir damit vielen Landwirten die Möglichkeit gegeben haben zu sagen: Wenn ich da mitmache und mehr Geld für meine Produkte bekomme, dann bin ich bereit, im Stall so aufzuräumen, dass weniger Tiere im Stall sind, mit mehr Platz und mehr Beschäftigung."
Christoph Becker ist kein Öko-Bauer, sondern einer von 15 konventionellen Schweinemästern aus Norddeutschland, die sich ab sofort an diesen Kriterien orientieren.
Bessere Luft im Stall, mehr Platz zum Ruhen und Toben, Stroh und andere Materialien gegen die Langweile in der Schweinebucht – das alles müssen Landwirte wie Christoph Becker verwirklichen, um das Tierschutzlabel zu bekommen.
Doch das allein reicht nicht – auch ständige Kontrolle ist unerlässlich: In den Ställen selbst, beim Transport und vor allem auch später im Schlachthof.
Thomas Schröder: "Am Schlachtkörper! So heißt das Wort, für einen Tierschützer immer schwer zu sagen. Aber wenn am Körper selbst festgestellt wird, dass die Lunge verändert ist, dann hat das offenbar Ursachen im Stallklima. Dann wird zurückgeschaut: Woher kommt das Schwein? Aus welchem Stall? Und es wird hingeschaut: Ist das ein Ausreißer? Ein Einmalfall? Oder stimmt da etwas nicht in der Haltung? Wir kontrollieren damit intensiv die Kette von vorne bis hinten und wieder zurück und garantieren, dass es den Tieren wirklich besser geht als in den konventionellen Haltungen."
Und darauf müssen die Kunden auch vertrauen können, wenn sie später im Supermarkt etwa 20 Prozent mehr für Schnitzel, Schinken oder Kotelett zahlen sollen. Ein gelber Stern auf himmelblauem Label repräsentiert die Einstiegsstufe – so wie sie Christoph Becker mit seiner Schweinemast erreicht hat. Für Thomas Schröder kann dies aber nur ein Anfang sein. Langfristig möchte er möglichst viele Landwirte für die Premiumstufe gewinnen, erkennbar an zwei gelben Sternen. Das heißt: Hier haben die Tiere noch mehr Platz. Und vor allem: Sie können auch nach draußen, in einen Auslauf.
Auch Christoph Becker weiß, dass er seinen Tieren noch mehr bieten könnte. Bislang gibt er seinen Schweinen nur wenig Stroh zum Spielen. Noch mehr davon würde den Güllekeller verstopfen, der unter dem Spaltenboden Kot und Urin der Tiere aufnimmt. Diese Spalten nehmen die Hälfte der Boxenfläche ein - knapp zehn Quadratmeter. Die andere Hälfte ist geschlossen. Hier ruhen die Tiere. Zusätzlich noch ein Auslauf mit ganz viel Stroh an der Längsseite des Stalles - das wäre ideal, um in die Premiumklasse aufzusteigen.
"Genau. Das hatten wir damals auch so geplant. 2001 haben meine Eltern den Stall gebaut und auch diesen Strohauslauf betrieben. Hat sich aber leider nicht etablieren können, weil wir damit sehr viel Arbeit hatten: Stroh kaufen, ausmisten jede Woche einmal; und wir für diese Arbeit leider keinen Mehrwert generieren konnten. Damals! Und jetzt, in diesem Zuge mag das möglich sein. Soweit sind wir noch nicht, wir sind ja beim Einstiegslabel. Aber das ist natürlich eine Möglichkeit, klar."
Christoph Becker: "Im Sommer machen wir die natürlich vermehrt an, dann geht die vier, fünf Mal am Tag an, oder vielleicht sogar noch mehr, wenn´s warm ist, wo die Schweine sich dann in die Dusche reinstellen können. Also, es ist nicht von ihnen selber aktiviert, aber sie haben die Chance, sich dort abzukühlen."
Heute bleibt die Dusche aus - draußen herrscht nasskaltes Schmuddelwetter, doch den Schweinen ist das egal. Gerade schnappt ein wuchtiger Eber nach einem Beißring, der an einer Metallkette von der Decke baumelt. Ein zweiter knabbert am Hanfseil, das am Geländer hängt, während ein drittes Schwein einige Halme Stroh zerkaut, die der Mäster in die Bucht geworfen hat.
Lars Schrader beobachtet die Tiere dabei genau. Der Agrarwissenschaftler ist aus Celle gekommen, wo er das bundeseigene Friedrich-Löffler-Institut für Tierschutz und Tierhaltung leitet. Der Forscher betont, wie wichtig Stroh für Schweine ist:
"Man weiß eben von Schweinen, dass sie zu 70 Prozent ihrer Aktivitätszeit normalerweise mit Nahrungssuche beschäftigt sind. Das heißt, sie wühlen, sie beißen, sie zerren, sie kauen, sie hebeln. Und das sollte man in der Haltung versuchen, irgendwie zu ersetzen, zum Beispiel durch die Hanfseile. Dass man Strohraufen anbietet oder auch andere Materialien anbietet, wo die Tiere reinbeißen können, die verformbar sind und die sie manipulieren können."
Rund tausend Schweine hält Christoph Becker und gibt seinen Tieren ein Drittel mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben: 14 Schweine teilen sich 18 Quadratmeter mit unterschiedlichen Zonen: vorne ruhen im Liegebereich, weiter hinten spielen, saufen und fressen. Medikamente kriegen die Tiere nur vom Tierarzt, und das auch nur dann, wenn sie wirklich krank sind - eine Antibiotika-Gabe als Präventivmaßnahme ist verboten.
All diese Kriterien muss Christoph Becker erfüllen, damit die späteren Fleischprodukte das neu eingeführte Label des Deutschen Tierschutzbundes erhalten. Dessen Präsident Thomas Schröder wirbt für diese Initiative:
"Wir wollen den Landwirten Angebote machen, ihre Stallsysteme umzubauen, wirtschaftlich machbar, aber eben mit Standards weit über das Tierschutzgesetz hinaus. Wir setzen darauf, dass wir damit vielen Landwirten die Möglichkeit gegeben haben zu sagen: Wenn ich da mitmache und mehr Geld für meine Produkte bekomme, dann bin ich bereit, im Stall so aufzuräumen, dass weniger Tiere im Stall sind, mit mehr Platz und mehr Beschäftigung."
Christoph Becker ist kein Öko-Bauer, sondern einer von 15 konventionellen Schweinemästern aus Norddeutschland, die sich ab sofort an diesen Kriterien orientieren.
Bessere Luft im Stall, mehr Platz zum Ruhen und Toben, Stroh und andere Materialien gegen die Langweile in der Schweinebucht – das alles müssen Landwirte wie Christoph Becker verwirklichen, um das Tierschutzlabel zu bekommen.
Doch das allein reicht nicht – auch ständige Kontrolle ist unerlässlich: In den Ställen selbst, beim Transport und vor allem auch später im Schlachthof.
Thomas Schröder: "Am Schlachtkörper! So heißt das Wort, für einen Tierschützer immer schwer zu sagen. Aber wenn am Körper selbst festgestellt wird, dass die Lunge verändert ist, dann hat das offenbar Ursachen im Stallklima. Dann wird zurückgeschaut: Woher kommt das Schwein? Aus welchem Stall? Und es wird hingeschaut: Ist das ein Ausreißer? Ein Einmalfall? Oder stimmt da etwas nicht in der Haltung? Wir kontrollieren damit intensiv die Kette von vorne bis hinten und wieder zurück und garantieren, dass es den Tieren wirklich besser geht als in den konventionellen Haltungen."
Und darauf müssen die Kunden auch vertrauen können, wenn sie später im Supermarkt etwa 20 Prozent mehr für Schnitzel, Schinken oder Kotelett zahlen sollen. Ein gelber Stern auf himmelblauem Label repräsentiert die Einstiegsstufe – so wie sie Christoph Becker mit seiner Schweinemast erreicht hat. Für Thomas Schröder kann dies aber nur ein Anfang sein. Langfristig möchte er möglichst viele Landwirte für die Premiumstufe gewinnen, erkennbar an zwei gelben Sternen. Das heißt: Hier haben die Tiere noch mehr Platz. Und vor allem: Sie können auch nach draußen, in einen Auslauf.
Auch Christoph Becker weiß, dass er seinen Tieren noch mehr bieten könnte. Bislang gibt er seinen Schweinen nur wenig Stroh zum Spielen. Noch mehr davon würde den Güllekeller verstopfen, der unter dem Spaltenboden Kot und Urin der Tiere aufnimmt. Diese Spalten nehmen die Hälfte der Boxenfläche ein - knapp zehn Quadratmeter. Die andere Hälfte ist geschlossen. Hier ruhen die Tiere. Zusätzlich noch ein Auslauf mit ganz viel Stroh an der Längsseite des Stalles - das wäre ideal, um in die Premiumklasse aufzusteigen.
"Genau. Das hatten wir damals auch so geplant. 2001 haben meine Eltern den Stall gebaut und auch diesen Strohauslauf betrieben. Hat sich aber leider nicht etablieren können, weil wir damit sehr viel Arbeit hatten: Stroh kaufen, ausmisten jede Woche einmal; und wir für diese Arbeit leider keinen Mehrwert generieren konnten. Damals! Und jetzt, in diesem Zuge mag das möglich sein. Soweit sind wir noch nicht, wir sind ja beim Einstiegslabel. Aber das ist natürlich eine Möglichkeit, klar."