Schweinegrippe: Panik oder Ernstfall?

Von Marieke Degen, Deutschlandradio Kultur |
So langsam kommt die Schweinegrippe richtig in Fahrt. Fast 30.000 Infektionen sind insgesamt in Deutschland gezählt worden. Allein in der vorletzten Woche haben sich 3000 Menschen infiziert, doppelt so viele wie in den Tagen davor. Sechs Patienten sind gestorben. Dass das Virus vielleicht doch nicht so harmlos ist, dürfte spätestens jetzt angekommen sein.
Alles kein Grund zur Panik. Wir sind bestens gerüstet: Mit 50 Million Dosen Schweinegrippe-Impfstoff, der seit einer Woche unters Volk gebracht werden soll. Zuerst sind Ärzte, Polizei und Feuerwehr an der Reihe, dann Risikopatienten, und schließlich die normale Bevölkerung. Eine Maßnahme, die mehr als angebracht erscheint. Aber die Massenimpfung ist eher schleppend angelaufen.

Das liegt einmal an sogenannten Experten, die pünktlich zum Start der Impfkampagne in den Medien aufgetaucht sind und mit ihrem gefährlichen Halbwissen Angst und Schrecken verbreitet haben. Die Vakzine sei nicht ausreichend getestet, die Wirkverstärker – die Adjuvanzien – hätten ungeahnte Nebenwirkungen, wir alle seien Versuchskaninchen für die Pharmabranche und so weiter. Wissenschaftlich ist das nicht haltbar. Der Impfstoff wurde an zehntausenden Probanden geprüft und für sicher befunden. Die Adjuvanzien werden anderen Impfungen schon seit Jahren beigemischt. Sie sind millionenfach verimpft worden, ohne dass es irgendjemanden großartig interessiert hätte. Doch diese Fakten wurden ganz gerne unterschlagen. Die Folge: Die Bevölkerung ist extrem verunsichert.

Wer trotzdem bereitwillig den Ärmel für die Spritze hochkrempelt, steht aber noch vor einer ganz anderen Hürde. Die Massenimpfung ist Ländersache, und in der Umsetzung sind die Bundesländer mal mehr, mal weniger erfolgreich. In Berlin zum Beispiel sollen Hausärzte die Impfung übernehmen, eine Spritze hat aber noch keiner gesetzt. Denn seit Wochen streitet sich der Senat mit der kassenärztlichen Vereinigung darüber, wie die Ärzte bezahlt werden sollen. Die Impfaktion wird frühestens in zwei bis drei Wochen beginnen.

Im benachbarten Potsdam sind das Gesundheitsamt und die Poliklinik für die Impfung zuständig. Die Aktion ist vor einer Woche problemlos angelaufen. Das Gesundheitsamt plant bereits Impfsprechstunden für die normale Bevölkerung. Und ja, der Andrang nimmt zu, wie die Potsdamer berichten.

Die zweite Welle der Schweinegrippe hat gerade erst begonnen. Wir können schneller sein als das Virus. Wir müssen schneller sein als das Virus und den Impfstoff endlich denjenigen zur Verfügung stellen, die sich und andere schützen wollen. Die Schweinegrippe mag im Moment meistens noch glimpflich verlaufen. Aber kein Grippeexperte geht davon aus, dass das so bleibt.