Schweineherz-Transplantation

Zu früh zum Jubeln

02:58 Minuten
Ärzte während der ersten Transplantation eines Schweineherzens in einen Menschen
Hoffnung für Todkranke: Dem Patient Dave Bennett wurde im Krankenhaus von Maryland ein Schweineherz eingesetzt. © picture alliance / ZumaPress / University Of Maryland School Of
Ein Kommentar von Michael Lange · 13.01.2022
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Erstmals wurde einem Menschen ein Schweineherz eingesetzt. Und es schlägt. Das könnte Hoffnungen bei allen wecken, die auf ein Spendeorgan warten. Noch ist es aber zu früh, um sich zu freuen, meint Michael Lange.
„Ich weiß, es ist ein Schuss ins Dunkel, aber es ist meine letzte Chance.“ So formulierte es der Patient vor der achtstündigen Operation. David Bennett, ein 57-jähriger Handwerker, hatte nur noch ein paar Wochen zu leben, so die Prognose seiner Ärzte. Herzinsuffizienz im Endstadium. Ein Spenderherz für ihn stand nicht zur Verfügung. Da bot sich die Gelegenheit. Der Chirurg Bartley Griffith hatte die Genehmigung erhalten, ein Schweineherz in einen Menschen zu verpflanzen. Diese Chance wollte David Bennett nutzen.
Gentechniker hatten das Erbgut des Spenderschweins an mehreren Positionen verändert. Die Schweinezellen waren gewissermaßen verkleidet, sodass das Immunsystem des Empfängers sie nicht als fremd erkennen konnte, und es funktionierte. Die befürchtete „hyperakute Organabstoßung“ blieb aus. Der Körper des Patienten akzeptierte das fremde Organ, und das Schweineherz begann zu schlagen.

Der Patient schwebt nach wie vor in Lebensgefahr

Das klingt nach einem großen Erfolg. Aber zum Jubeln ist es zu früh. Noch schwebt David Bennett in Lebensgefahr. Viele Fragen sind unbeantwortet. Wird das Schweineherz seine Aufgabe erfüllen und ausreichend menschliches Blut durch den ganzen Körper pumpen? Lässt sich die Organabstoßung auch mittel- und langfristig unterdrücken? Und wie stark müssen die Medikamente sein, die sein Immunsystem weiterhin im Zaum halten.
Erst wenn David Bennet ohne die Apparate überleben kann und das Krankenhaus auf eigenen Füßen verlässt, gibt es Anlass zur Hoffnung. Für ihn und für andere, die auf ein Spenderorgan warten.

Diskussionen über Tierorgane

Woher die rettenden Organe in Zukunft stammen, wird noch für reichlich Diskussionsstoff sorgen. Denn viele lehnen Tierorgane für die Transplantation ab. Ein Schweineorgan im eigenen Körper möchten sie sich lieber nicht vorstellen.
Zumindest so lange nicht, wie sie selbst oder ihre Angehörigen nicht auf ein Spenderorgan angewiesen sind. Wenn es um Leben und Tod geht, kommt für die meisten auch ein Schwein als Lebensretter infrage. Für einen Schuss ins Dunkel.

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