Hören Sie zum Thema Schweinepest auch den Beitrag "Wilde Jagd: Das Schwarzwild und die Afrikanische Schweinepest" von Bastian Brandau:
Audio Player
Resistente Tiere durch Genom-Eingriffe
In schottischen Roslin, "Heimat" des Klonschafs Dolly, beschäftigen sich die Forscher auch mit der Schweinepest. Die Technik, mit der damals Dolly entstand, soll jetzt dabei helfen, ein resistentes Schwein zu züchten. Ob das langfristig funktioniert, muss sich erst zeigen.
In diesen Tagen greift Pieter Knap oft zum Handy und ruft im schottischen Roslin-Institut an. Der Manager für genetische Strategie des weltweit operierenden Schweinezüchters PIC will hören, ob es Fortschritte gibt, beim jüngsten Versuch, ein neues Schwein zu editieren – wie man das dort nennt.
"Die haben jetzt zehn Schweine, die für diese Mutation editiert worden sind, das heißt, die sind theoretisch afrikanische-Schweinepest-tolerant. Und diese Schweine sind jetzt zwei Monate alt."
"Die haben jetzt zehn Schweine, die für diese Mutation editiert worden sind, das heißt, die sind theoretisch afrikanische-Schweinepest-tolerant. Und diese Schweine sind jetzt zwei Monate alt."
Große Nachfrage nach resistenten Tieren
Solche Schweine hat es in dieser Form noch nie gegeben, ihre DNA ist gezielt verändert worden. Möglicherweise der Durchbruch im Kampf gegen die afrikanische Schweinepest. Große Zuchtunternehmen wie PIC hätten so ein Tier gern in ihrem Portfolio. Je mehr sich die Schweinepest verbreitet, desto größer wird die Nachfrage nach resistenten Tieren. Deswegen hat PIC, zusammen mit anderen Firmen dieses Forschungsprojekt mitfinanziert.
"Die Ergebnisse gehören dem schottischen Institut, dem Roslin Institut. Und weil wir Mitfinanzierer sind, können wir davon profitieren, das heißt, wir haben als Erste Zugang zu dem Produkt, wenn es überhaupt zu einem Produkt kommt natürlich."
Im Sommer sollen die Schweine mit dem afrikanischen Erreger infiziert werden. Dann zeigt sich, ob sie daran sterben, oder überleben.
"Die Ergebnisse gehören dem schottischen Institut, dem Roslin Institut. Und weil wir Mitfinanzierer sind, können wir davon profitieren, das heißt, wir haben als Erste Zugang zu dem Produkt, wenn es überhaupt zu einem Produkt kommt natürlich."
Im Sommer sollen die Schweine mit dem afrikanischen Erreger infiziert werden. Dann zeigt sich, ob sie daran sterben, oder überleben.
Genetische Hilfe bekamen die zehn Schweine aus Afrika: Dort gibt es Warzenschweine, denen der Erreger wenig anhaben kann. Sie bekommen ein bisschen Fieber und werden wieder gesund. Irgendwo in deren DNA liegt der Schlüssel zur Resistenz, aber dieses Gen mussten die Forscher in Roslin erstmal finden. Wie das geht, erklärt die Biotechnologie-Professorin Angelika Schnieke von der TU München.
"Die haben erst mal ein normales Hausschwein sequenziert und haben dann auch ein Warzenschwein sequenziert. Danach haben sie geschaut, was sind die Unterschiede in der Sequenz und welche Unterschiede können relevant sein, dass man resistenter gegen eine Infektion wird."
Planvolle Vermehrung der ersten Prototypen
Angelika Schnieke von der TU München kennt die Methoden des Genome-Editings. Es ist die derzeit präziseste Methode, Eigenschaften von einem Organismus mittels Gentransfer auf einen anderen zu übertragen. Dazu durchtrennt man die beiden Stränge der DNA an der entsprechenden Stelle.
"Dieser Doppelstrangbruch wird dann von der Zelle repariert, und wenn man dann zusätzlich noch ein DNA Fragment dazu gibt, das jetzt diese genetischen Veränderungen hat, kann dieses benutzt werden, um die Reparatur durchzuführen. Und damit hat das Hausschwein die gleiche Sequenz wie zum Beispiel das Warzenschwein."
"Dieser Doppelstrangbruch wird dann von der Zelle repariert, und wenn man dann zusätzlich noch ein DNA Fragment dazu gibt, das jetzt diese genetischen Veränderungen hat, kann dieses benutzt werden, um die Reparatur durchzuführen. Und damit hat das Hausschwein die gleiche Sequenz wie zum Beispiel das Warzenschwein."
Mit derselben Methode ist es bisher schon gelungen, Schweine gegen das PRRS-Virus zu immunisieren. Diese Krankheit greift die Lunge an und führt zu Fehlgeburten. Diese ersten resistenten Prototypen müssen erst sehr planvoll vermehrt werden, bevor sie irgendwann massenhaft in den Ställen stehen. Das dauert Jahre, sagt Kay-Uwe Götz von Institut für Tierzucht im Bayerischen Poing.
"Wenn man in jeder Rasse zu Beginn fünf Vatertiere verändert hätte, die die gewünschte Variante an jeden ihrer Nachkommen weitergeben, könnte man in drei Jahren, die Zuchtstufe resistent machen. Danach dauert es aber noch zwei bis drei Jahre, bis die Resistenz von der Zuchtstufe in die Kreuzungstiere übertragen ist."
"Wenn man in jeder Rasse zu Beginn fünf Vatertiere verändert hätte, die die gewünschte Variante an jeden ihrer Nachkommen weitergeben, könnte man in drei Jahren, die Zuchtstufe resistent machen. Danach dauert es aber noch zwei bis drei Jahre, bis die Resistenz von der Zuchtstufe in die Kreuzungstiere übertragen ist."
27 Millionen Schweine stehen in deutschen Ställen
Das Institut in Roslin und Unternehmen wie PIC können die Gefahren der afrikanischen Schweinepest also nur langfristig bannen.
Derzeit stehen rund 27 Millionen Schweine in deutschen Ställen. Sollte die afrikanische Schweinepest tatsächlich heimische Betriebe erreichen, drohen den Züchtern und Mästern Verluste in Milliardenhöhe. Die rund fünf Millionen Euro Entwicklungskosten, die das Unternehmen PIC in eine resistente Zuchtlinie investiert, erscheinen dagegen eher wenig. Zucht-Experte Kay-Uwe Götz dämpft aber schon mal die Erwartungen an die Wirkung von künstlich erzeugten Resistenzgenen.
"Durchschlagende Erfolge hat man damit bisher noch nicht erzielt, was daran liegt, das Krankheitsresistenzen oft das Zusammenspiel vieler Gene erfordern und ein einzelnes Gen oft keine vollständige Resistenz bewirkt. Grundsätzlich ist bei der Resistenzzüchtung der Erreger immer im Vorteil, weil er sich genetisch immer schneller entwickelt als unsere Nutztiere."
Eine Zucht, die sich nur auf Resistenz konzentriert, würde die Entwicklung anderer Merkmale auf Jahre zum Stillstand bringen, sagt Götz. Und ob so ein Tier dann wettbewerbsfähig ist, hängt vom Krankheitsdruck ab. Sprich: Nur wenn das Risiko eines Totalverlusts hoch ist, kauft der Mäster auch eine Sau, die langsamer wächst, oder weniger Fleisch liefert.
"Durchschlagende Erfolge hat man damit bisher noch nicht erzielt, was daran liegt, das Krankheitsresistenzen oft das Zusammenspiel vieler Gene erfordern und ein einzelnes Gen oft keine vollständige Resistenz bewirkt. Grundsätzlich ist bei der Resistenzzüchtung der Erreger immer im Vorteil, weil er sich genetisch immer schneller entwickelt als unsere Nutztiere."
Eine Zucht, die sich nur auf Resistenz konzentriert, würde die Entwicklung anderer Merkmale auf Jahre zum Stillstand bringen, sagt Götz. Und ob so ein Tier dann wettbewerbsfähig ist, hängt vom Krankheitsdruck ab. Sprich: Nur wenn das Risiko eines Totalverlusts hoch ist, kauft der Mäster auch eine Sau, die langsamer wächst, oder weniger Fleisch liefert.
Mehr gesellschaftliche Auseinandersetzung
Und es gibt noch weitere Fragezeichen: Pflanzt man einem Schwein Gene seines afrikanischen Verwandten ein, macht man daraus ein GVO, einen genveränderten Organismus. Der fiele unter das Gentechnikgesetz. Möglich, dass so ein Tier gar nicht zugelassen wird.
Pieter Knap will mehr gesellschaftliche Auseinandersetzung.
"Die Technologie muss noch entwickelt werden, das dauert noch ein Jahrzehnt oder so. Und es wird auch zehn Jahre dauern, bis es von der Gesellschaft vielleicht akzeptiert wird. Und diese beiden Dinge müssen Hand in Hand gehen."
Aber der genetische Stratege Knap denkt schon weiter. Er glaubt an den Erfolg der Forscher in Roslin: Genom-Editing sei eine wirksame Methode im Kampf auch gegen viele andere Tierseuchen. Er kann sich auch vorstellen, dass nicht nur das Hausschwein resistent gegen die afrikanische Schweinepest wird, sondern auch das Wildschein - neben dem Menschen der Hauptüberträger des Virus.
"Es wäre möglich, die immun zu machen. Das würde in Europa vielleicht die Hälfte des Problems lösen, viel besser, als all die Tiere totzuschießen."
Es gibt in Europa hundertausendmal mehr Haus- als Wildschweine, schätzt Knap. Beide Arten mittels Genom-Editing resistent gegen die afrikanische Schweinepest zu machen, ist für ihn nur eine Frage der Zeit und eine Frage der Logistik.
"Die Technologie muss noch entwickelt werden, das dauert noch ein Jahrzehnt oder so. Und es wird auch zehn Jahre dauern, bis es von der Gesellschaft vielleicht akzeptiert wird. Und diese beiden Dinge müssen Hand in Hand gehen."
Aber der genetische Stratege Knap denkt schon weiter. Er glaubt an den Erfolg der Forscher in Roslin: Genom-Editing sei eine wirksame Methode im Kampf auch gegen viele andere Tierseuchen. Er kann sich auch vorstellen, dass nicht nur das Hausschwein resistent gegen die afrikanische Schweinepest wird, sondern auch das Wildschein - neben dem Menschen der Hauptüberträger des Virus.
"Es wäre möglich, die immun zu machen. Das würde in Europa vielleicht die Hälfte des Problems lösen, viel besser, als all die Tiere totzuschießen."
Es gibt in Europa hundertausendmal mehr Haus- als Wildschweine, schätzt Knap. Beide Arten mittels Genom-Editing resistent gegen die afrikanische Schweinepest zu machen, ist für ihn nur eine Frage der Zeit und eine Frage der Logistik.