Science-Fiction

Menschheitsfragen am Ende des Weltalls

Besprochen von Marten Hahn |
Die amerikanischen Autoren Gregory Benford und Larry Niven schicken ihre Protagonisten weit ins Weltall hinaus. Und die passende Philosophie zur Space-Odyssee liefert ausgerechnet Marcel Proust.
Wir haben es endgültig versaut. Die Erde ist unbewohnbar – oder zumindest so überhitzt, dass es Zeit wird, sich einen neuen Planeten zu suchen. Also macht sich die SunSeeker auf den Weg, den Planeten Glory zu erforschen – an Bord Siedler und Wissenschaftler. Doch als der Biologe Cliff und die Pilotin Beth aus ihrem eisigen Schlaf geweckt werden, hat das Raumschiff seine Jahrhunderte lange Reise noch längst nicht hinter sich. Statt dessen taucht irgendwo im Weltraum ein riesiges Sternenschiff vor der SunSeeker auf: eine künstliche Welt in Form einer gigantischen Schale.
Das Autorenduo Gregory Benford und Larry Niven liefert mit "Himmelsjäger" eine Space-Odyssee vom Feinsten. Die beiden legendären US-Amerikaner widmen sich einmal mehr dem Konzept der interstellaren Raumfahrt mit all ihren Problemen: Antriebstechnologie ohne Sonnenenergie, künstlicher Intelligenz, die über Jahrhunderte hinweg funktionieren muss, das Einfrieren eines menschlichen Organismus mittels "Kryoschlaf".
Benford und Niven – es ist ihre erste gemeinsame Produktion – unterfordern ihre Leser ganz bestimmt nicht. Wer bereits zu Schulzeiten mit Physik und Mathematik auf Kriegsfuß stand, wird an "Himmelsjäger" gelegentlich zu kauen haben. Anhänger von harter Science Fiction – als naturwissenschaftlich geprägter Zukunftsliteratur – dürften hingegen Spaß haben, wenn Benford und Niven die Funktionsweise eines Fusionsantriebs erklären und ihre Protagonisten über das Zusammenspiel von "rotierenden Tori" und "Bor-Protonen" sinnieren lassen.
Wer sind wir? Wohin gehen wir?
Dabei handelt es sich nicht um die Hirngespinste fantasievoller Träumer. Benford, geboren 1941, studierte Theoretische Physik in Deutschland und Kalifornien, bevor er 1965 mit seiner ersten Science-Fiction-Story Erfolg hatte. Mit dem 1980 erschienen Roman "Zeitschaft" gewann er den renommierten Nebula-Award. Heute lehrt Benford als Professor für Physik an der University of California. Niven, Jahrgang 1938, studierte Mathematik und Psychologie, bevor er sich als Autor von SF-Romanen einen Namen machte. Für seine Ringwelt-Trilogie erhielt er den renommierten Hugo Award.
Romane wie „Himmelsjäger“ stellen die großen Menschheitsfragen: Wer sind wir? Wohin gehen wir? Und was soll das alles? Passend dazu liefern die Autoren ein Proust-Zitat: "Die wahre Entdeckungsreise besteht nicht darin, neue Landschaften zu suchen, sondern mit neuen Augen zu sehen." Bei Benford und Niven funktioniert das erst einmal so, dass ein hochintelligentes Vogel-Volk, das die Schalenwelt bewohnt, die Menschheit kurzerhand als "primitiv" und "retardiert" einstuft.
Wahrscheinlich würden die hochentwickelten Vögel nur darüber lachen, wenn sie wüssten, dass wir Menschen auf der Erde tatsächlich versuchen, mit Hilfe von privaten Unternehmungen wie Mars One in den Niederlanden einen Weg ins Weltall zu finden – finanziert über die Vermarktung durch eine Reality- Show im Fernsehen. Bewerbungen aus der ganzen Welt sind mittlerweile bei Mars One eingetrudelt. Warum? Was soll das alles? Essen, schlafen, fortpflanzen – und immer weiter expandieren? Wer das herausfinden, will muss Raumschiffe bauen. Oder Bücher wie "Himmelsjäger" lesen.

Gregory Benford/ Larry Niven: Himmelsjäger
Heyne, München 2013
544 Seiten, 14,99 Euro

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