Scorpions: "Rock You Like A Hurricane"

Musikalisches Potenzgegockel

Scorpions in der Atlas Arena am 31. Juli 2018 in Lodz, Polen
Wie bei den meisten Hard- und Heavy-Bands wurden die Scorpions trotz Rocker-Attitüde durch Balladen wie "Wind of Change" zu weltweiten Superstars. © imago / Eastnews
Von Goetz Steeger |
Deutsche Heavy Metal-Götter oder ein in die Jahre gekommenes Klischee von spießigem Macho-Rock? Goetz Steeger findet man könnte es als Fortschritt bezeichnen, dass Songs wie "Rock You Like A Hurricane" heute nur noch als Zitat oder Parodie funktionieren.
50 Jahre goldenes Rock-Handwerk – dafür stehen die Scorpions. Gitarrist Rudolf Schenker war von Anfang an dabei, die Besetzungen wechselten um ihn herum, der langjährige Mitstreiter Sänger Klaus Meine kam 1972 dazu. Das beständige Touren zahlte sich aus, der Durchbruch fand 1977 in Japan statt, kurze Zeit später auch in den USA und Europa.
In den frühen 80ern füllten die Scorpions weltweit die Stadien. Ihr größter Rock-Hit, von den Balladen "Wind Of Change" oder "Still Loving You" mal abgesehen, stammt aus dieser Zeit: "Rock You Like A Hurricane". Das Album hieß "Love At First Sting" – ein Albumtitel, der auch gut aus der Rock-Persiflage "Spinal Tap" kommen könnte, ähnlich wie auch das Video, wo die Band in einem Käfig spielt, der die Menge davon abhält, über sie herzufallen.

Schnelles Gitarrensolo

Rudolf Schenker spielt ein markantes Riff, das nach makelloser männlicher Stärke klingt.
Die Zählzeiten Zwei und Vier werden hier dem Stadionpublikum eingehämmert mit der Standtom des Drummers. Der Bass schließt sich dem an und wir hören eine Sologitarre, die noch eine zweite Spur dazu bekommt – in einer Lage tiefer, sodass wir zwei verschiedene Stimmen haben. Dann kommt ein schneller Lauf nach unten.
Das sind alle Instrumente zusammen. Wenn der Beat als solches einsetzt, übernimmt er die Akzente des Riffs auf der Bassdrum. Die Grundtöne spielt der Bass mit und die Sologitarren kommen dazu: die erste mit ihrer Melodie und dann die im Metal durchaus üblichen Zweistimmigkeiten. Schließlich hören wir das Riff wieder dazu und gleich schon im Intro ein Gitarrensolo, das an Geschwindigkeit nichts zu wünschen übrig lässt.

Sexualisierte Gewaltfantasien

So prall und kraftstrotzend wie die musikalische Produktion, so bewegt sich auch der Text im Maximalbereich, allerdings in Form von dumpfem Potenzgegockel, das wie so oft in solchen Songs auch vor sexualisierten Gewaltfantasien nicht Halt macht: Der Wolf leckt sich die Lippen, sein Liebesstachel ist schon bereit für das nächste Opfer, das er rocken wird wie einen Hurricane. Man könnte es als historischen Fortschritt bezeichnen, dass solche Rocksongs aus vergangenen Zeiten heute nur noch als Zitat oder Parodie funktionieren.
Die permanente Superlative in der Geschichte der Scorpions – noch größere Arenen, noch aufwendigere Bühnenshows – sollte eigentlich mit einer Abschieds-Welttour 2011 abgeschlossen werden. Aber dann gab die Band den "Rücktritt vom Rücktritt" bekannt und seitdem rollt die gigantische Rock-Maschinerie aus Hannover ungebremst weiter.
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