Sebastian Janata: Die Ambassadorin
Rowohlt, Hamburg 2020
320 Seiten, 22 Euro
Wo die freien Frauen wohnen
07:44 Minuten
"Ja, Panik" heißt die Band, in der Sebastian Janata Schlagzeug spielt. Jetzt stellt der österreichische Musiker seinen ersten Roman vor. "Die Ambassadorin" ist ein Thriller aus der Provinz mit feministisch-utopischen Zügen.
Als Hugo Navratil drei Jahre als ist, lässt sein Onkel Beppo ihn den "Bärentöter" putzen, eine mächtige Flinte. Der großväterliche Mentor ist ein Waffennarr und leidenschaftlicher Jäger und findet nichts dabei, den Jungen möglichst früh mit seiner Welt vertraut zu machen.
Flucht aus der Provinz in ein kreatives Leben
Vor rustikalen Kindheitserinnerungen dieser Art ist der Protagonist von Sebastian Janatas Roman eigentlich längst aus dem österreichischen Burgenland nach Berlin geflüchtet, um ein freies, kreatives Leben zu führen. Doch als Onkel Beppo stirbt, kehrt der Anfang-30-Jährige zur Beerdigung an den Ort seiner Kindheit zurück.
Was wie eine klassische Familien- und Provinzgeschichte beginnt, nimmt bald viele seltsame Wendungen, in denen ein geheimer Frauenbund, verwickelte Erbstreitigkeiten und die Suche nach einem sehr alten Gewehr ins Spiel kommen. Hier und da hieß es schon, mit seinem Debüt als Schriftsteller habe Janata gleich ein neues Genre begründet: den feministischen Heimatroman.
Bekenntnis zum Feminismus
Janata ist skeptisch: "Ich bin ein überzeugter Unterstützer des Feminismus", sagt er. "Für mich ist das eine politische Strömung, die das Potenzial in sich trägt, unser Gesellschaftssystem nachhaltig zum Besseren zu verändern – für alle." Dass der Begriff "Feminismus" falle, sei ihm daher recht. Aber in dem "patriarchalen System, in dem wir leben" stehe er "auf der Seite der Profiteure", so der Autor. "Ich glaube, insofern ist es für mich unmöglich, etwas Feministisches zu schaffen."
Nichtsdetotrotz verbindet sein Roman Züge eines Thrillers mit utopischen Visionen eines Matriarchats. An die Entwicklung der Geschichte sei er sehr intutiv herangegangen, sagt Janata. Nachdem ihm der Aufbau des ersten Drittels klar gewesen sei, habe er losgeschrieben, und dann habe sich die Geschichte unter der Hand verselbständigt und "an sich selbst ein bisschen mitgeschrieben".
Keine platte Abrechnung mit der Provinz
Auf eine unbarmherzige Abrechnung mit der Provinz habe er es nicht angelegt, betont Sebastian Janata, der selbst im Burgenland aufgewachsen ist und wie sein Protagonist unterdessen in Berlin zu Hause ist. Einen weiteren jungen Schriftsteller, der darin versuche, dem Beispiel Thomas Bernhards zu folgen, brauche es nun wirklich nicht.
In der Widmung zu seinem Roman schreibt Janata: "Ich danke meiner Mutter und der Band 'Ja, Panik' für mein Leben." Seit seinem 17. Lebensjahr habe die Gruppe sein Leben geprägt. "Ohne sie hätte mein Leben nicht die Richtung genommen" – hinaus aus dem Ort seiner Kindheit und eigenen Ideen nach.
(fka)