Sebastian Wells: "Utopia"
Limitiert auf 100 Exemplare
Eigenverlag, Berlin, 2018
128 Seiten, 49 Euro
Das ewige Flüchtlingslager
Binnen eines Jahres fotografierte Sebastian Wells 24 Flüchtlingslager. Darunter einige, die es schon seit Jahrzehnten gibt. Seine Bilder zeigen, dass das Leben von Geflüchteten vor allem aus Warten besteht.
"Fast überall gleich" seien die Lager gewesen, die er im vergangenen Jahr besucht hat, sagt der Fotograf Sebastian Wells. Für sein Abschlussprojekt "Utopia" an der Berliner Ostkreuzschule für Fotografie reiste er in den Tschad, nach Jordanien oder nach Berlin-Tempelhof. Was faszinierte Wells daran? Lager, sagt er, seien für ihn "keine Orte, die auf einer Landkarte verzeichnet sind. Es sind Unorte, die nie richtig Stadt werden".
Meist hätten sich die Flüchtlingslager an ganz abgelegenen Orten befunden, sagt er. In der Wüste, in einem alten Gefängnis oder in einem Industriehafen, wo Menschen sonst nie auf die Idee kommen würden, sesshaft zu werden. Doch für viele Menschen sind die Lager ein zu Hause geworden. In Kenia existiere ein Flüchtlingscamp seit 30 Jahren. Viele der Menschen, die dort leben, seien dort geboren worden. "Man kann sie eigentlich gar nicht Flüchtlinge nennen", sagt Wells.
Die Auflagen, die ihm bei seiner Abreit gemacht wurden, seien sehr unterschiedlich gewesen. "Je weiter man nach Europa kam, desto schwieriger wurde es." So habe er ein halbes Jahr lang immer wieder anfragen müssen, um im Flüchtlingslager auf dem ehemaligen Flughafen Berlin-Tempelhof fotografieren zu dürfen. Erst nachdem er mehrere Briefe geschrieben hatte, durfte er für eine halbe Stunde in das Lager.
Dort konnte er sehen, was er schon in anderen Lagern beobachtet hatte: Menschen verbringen ihre Zeit vor allem damit zu warten und sind dabei auf die Lager angewiesen, um zu überleben. Wells sagt, Lager seien "ein Symbol von Hilfe, die ein ambivalentes Verhältnis hat". Denn es gehe "auch wahnsinnig viel um Abhängigkeit von jenen, die diese Lager bauen".