Seefahrt

Der Mann, der Rebellionen schürte

Auf diesem Windjammer wurde der Filmklassiker "Meuterei auf der Bounty" mit Marlon Brando gedreht.
Auf diesem Windjammer wurde der Filmklassiker "Meuterei auf der Bounty" mit Marlon Brando gedreht. © dpa / pa / Wagner
Von Günther Wessel |
Die Meuterei auf der Bounty ist eine der meist erzählten Geschichten der Seefahrt. In vielen Büchern und Filmen trägt der tyrannische Kapitän William Bligh die Schuld für den Umsturz. Der Historiker Jann M. Witt hat sich dessen Leben genauer angesehen - und kommt zu einem anderen Schluss.
William Bligh, 1754 in Plymouth geboren, wird mit 22 Jahren Segelmeister auf der "Resolution", die unter dem Kommando des berühmten Entdeckers James Cook 1776 zu einer Reise in die Südsee aufbricht. Blight beweist sich als guter Navigator und exzellenter Kartenzeichner - manche seiner Seekarten wurden noch im 20. Jahrhundert verwendet. Doch als Cook stirbt, verliert der junge Bligh seinen wichtigsten Fürsprecher, und seine Karriere knickt ein: Er bleibt Segelmeister, heiratet 1781 und wird schließlich Kapitän auf einem Handelsschiff, das zwischen England und der Karibik pendelt und dem Onkel seiner Frau gehört.
1786 lernt der inzwischen 32-jährige Blight den jungen Fletcher Christian kennen, den er fördert und als Ersten Offizier mit auf die "Bounty" nimmt. Im Auftrag der englischen Krone sollen Setzlinge von Brotfruchtbäumen von Tahiti in die Karibik gebracht werden, um sie dort anzupflanzen. Mit ihren stärkehaltigen Früchten sollen Sklaven ernährt werden. Am 23. Dezember 1787 segelt die "Bounty" los, erreicht auf Umwegen im Oktober 1788 Tahiti, nimmt die Pflanzen auf und macht sich im April 1789 auf die Rückreise. Auf Höhe der Fidschi-Inseln kommt es dann zur Meuterei.
Getrieben von Pedanterie und Jähzorn
Warum? Jann M. Witt belegt schlüssig, dass Bligh zwar Unachtsamkeit, Trägheit und Nachlässigkeit hasste, sich aber durchaus um die Gesundheit und das Wohlergehen seiner Seeleute kümmerte. Er war kein Matrosenschinder, geriet allerdings immer wieder mit seinen Offizieren aneinander. Pedanterie und Jähzorn, oft widersprüchlichen Entschlüsse schufen eine unerträgliche Atmosphäre, die vor allem für den labilen Flechter Christian ein Problem war. Zunächst wollte er desertieren, entschied sich dann aber zur Meuterei.
Chronologisch und detailliert erzählt der Autor von Blighs Leben. Und er berichtet von dessen navigatorischen Heldentaten: Obwohl William Bligh bei der Meuterei mit weiteren 18 Männern in einem winzigen offenen Boot ausgesetzt wird, erreicht er nach 48 Tagen die 5800 Kilometer entfernte Insel Timor. Witt schreibt auch davon, dass Bligh auf späteren Kommandos und während seiner Zeit als Gouverneur in Australien auch immer wieder "Rebellionen verursachte". Ein Schema wird so erkennbar: Die einfachen Matrosen oder Siedler schätzen William Blight, die Offiziere kritisierten ihn und seinen Führungsstil.
Leider berichtet Witt mehr als wirklich zu beschreiben, seine Leserinnen und Leser mitzunehmen auf die abenteuerlichen Reisen von Bligh gelingt ihm daher nicht. Herausgekommen ist so ein wissenschaftlich fundiertes und auch psychologisch interessantes Buch über das abenteuerliche Leben William Blighs.
Jann M. Witt, Die Bounty war sein Schicksal. Das abenteuerliche Leben des William Bligh.
Primus Verlag, Darmstadt 2014
192 Seiten, 19,95 Euro
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