Seelenverwandtschaft zwischen Autor und Übersetzer
Für den Übersetzer Harry Rowohlt war schon nach zweieinhalb Seiten klar, dass "Die Asche meiner Mutter" von Frank McCourt ein Erfolg werden würde. "Die Wahrheit und die Komik" seien verantwortlich für den Erfolg des Buches. Er habe McCourt "so liebgewonnen vom Übersetzen her", dass er ihn auf der Frankfurter Buchmesse 1996 "mit Küssen überschüttet" habe.
Joachim Scholl: Frank McCourt, der irische Schriftsteller, der schon lange ein Amerikaner war und weltberühmt wurde durch sein Erinnerungsbuch "Die Asche meiner Mutter". Gestern ist Frank McCourt im Alter von 78 Jahren gestorben. Am Telefon begrüße ich jetzt Harry Rowohlt. Er hat Frank McCourt übersetzt, ihn auch selbst gekannt - guten Tag, Herr Rowohlt!
Harry Rowohlt: Tag, Herr Scholl!
Scholl: Als 1996 das Buch "Angela's Ashes" erschien, wurde es als Sensation gefeiert - Sie, Harry Rowohlt, haben das Manuskript damals in Händen gehabt, als noch keine Rede davon sein konnte und kein Mensch den Autor kannte. Was haben Sie damals eigentlich gedacht, als Sie das Manuskript im Original gelesen haben?
Rowohlt: Ich hab das nicht gelesen.
Scholl: Wie?
Rowohlt: Ich les von den Büchern, bevor ich mich entscheide, ob ich sie übersetze oder nicht, nur die ersten zweieinhalb Seiten ...
Scholl: Tatsächlich?
Rowohlt: Weil ich mir denke, wenn der Autor es bis dahin nicht gepackt hat, dann schafft er's auf den übrigen 800.000 schon gar nicht. Da muss man sich an den Ratschlag von William Faulkner halten: Man muss den ersten Satz so schreiben, dass der Leser sofort den zweiten lesen will, und dann immer so weiter. Und das hat Frank McCourt gemacht.
Scholl: Ich wollte gerade sagen, also interessanter Einblick in Ihre Werkstatt, also nach zweieinhalb Seiten waren Sie schon so angetan, dass Sie sagten, das mach ich?
Rowohlt: Ja. Und ...
Scholl: Haben Sie da eigentlich vermutet, dass das wirklich so ein Riesenerfolg werden würde?
Rowohlt: Ja.
Scholl: Ja?
Rowohlt: Ja. Offenbar sind da bei mir die Verleger-Gene durchgekommen. Das heißt, man liest keine Bücher und hofiert das Sortiment. Und drittens merkt man, ob ein Buch ein Bestseller wird, ohne es genauer kennengelernt zu haben.
Scholl: Was, glauben Sie, hat diese Wirkung eigentlich erzeugt, was hat an diesem Buch Millionen von Menschen in aller Welt anscheinend so umgehauen, was glauben Sie?
Rowohlt: Die Wahrheit und die Komik. Mir hat eine Leserin geschrieben, sie hätte das auf einen Satz in der Eisenbahn von München nach Berlin durchgelesen und stieg Bahnhof Zoo aus, und vorher sagte der Herr, der ihr gegenübersaß: Kann ich bitte Autor und Titel erfahren, das Buch muss ich mir auch ansehen. Ich hab die ganze Zeit nur Sie beobachtet und Sie haben immer abwechselnd geweint und gelacht. Das will ich jetzt auch alles haben.
Scholl: Stimmt es, dass Sie Frank McCourt ein Fax geschickt haben mit der Frage, ob er seinen Helden nicht sterben lassen könnte?
Rowohlt: Das stimmt, weil ich nicht wusste, wie lang das Buch noch werden wird und ob ich da, tja, mit 88 immer noch dran sitze. Man tut das natürlich nicht ...
Scholl: Ist schon ein makabrer Scherz, ich meine, hat er geantwortet?
Rowohlt: Er hat mir sofort geantwortet.
Scholl: Und was?
Rowohlt: Es könne jetzt nicht mehr lange dauern… Dass er nun tatsächlich in der Tat gestorben ist, das wollte ich nicht. Noch dazu Hautkrebs. Wie kommt denn ein Ire an Hautkrebs?
Scholl: Das fragt man sich, ne?
Rowohlt: Ja.
Scholl: Sie haben ihn ja auch persönlich gekannt. Was war Frank McCourt so als Mensch für ein Typ?
Rowohlt HarryRowohlt: Ich hab ihn 1996, als Irland das Schwerpunktthema auf der Frankfurter Buchmesse war, aus dem kleinen Shuttlebus heraus gesehen - ich kannte nur ein kleines Foto von ihm - und bin zwischen zwei Haltestellen rausgesprungen und habe ihn mit Küssen überschüttet, weil ich ihn so liebgewonnen hatte vom Übersetzen her. Und wir hatten abends auch eine kleine Lesung zusammen, und da hat er auf meine inständige Bitte "The Rose of Tralee" gesungen in der John-McCormack-Nachfolge. Das sind die (unverständlich) irischen Tenöre. Und dabei hat er dann immer - das war offenbar eine Darbietung für unsere gehörlosen Mitbürger - auf jedes Organ, das erwähnt wurde, gedeutet, "heart" und am Schluss "… in her eyes" - auf seine Augen gedeutet. Und im Publikum saßen Anne Clune, die die erste ordentliche Flann-O'Brien-Biografie geschrieben hat, und Mary Breasted, die den schönen, kleinen Roman "Das Wunder von Dublin" geschrieben hat, und ich dachte, die beiden Damen hätten allergische Reaktionen oder so - die hatten beide die Augen zu und bibberten oder was. Aber die lachten nur und wollten dabei keinen Lärm machen.
Scholl: Wenn Sie jetzt den Namen Flann O'Brien schon erwähnt haben, also Sie und Irland, Harry Rowohlt, das ist schon ein größeres Thema, ne, nämlich Flann O'Brien, den haben Sie auch übersetzt und sich dann schwer ins Zeug gelegt, dass der endlich mal in Deutschland populärer wird. Hat nicht so ganz geklappt, ehrlich gesagt, aber ...
Rowohlt: Ich hab mich aber auch nicht so richtig ins Zeug gelegt, das war ein Nebenprodukt.
Scholl: Na, Sie haben immer schön getrommelt. Aber ich meine, war Frank McCourt eigentlich so ein typischer Ire, immerhin, ich meine, er hatte über 50 Jahre in New York gelebt, was würden Sie sagen?
Rowohlt: Ja, natürlich, was hätte er sonst sein sollen? Wie der große Ivan Rebroff sagte: Ein Zebra, das im Frankfurter Zoo geboren wird, ist ja immer noch ein Zebra.
Scholl: Das heißt, das Irentum hatte Amerika ihm nicht irgendwie, ja, rausgemendelt?
Rowohlt: Nein, außerdem in New York ist doch jeder Dritte ohnehin Ire.
Scholl: Der Weltruhm, der hat Frank McCourt ja nun wirklich im Wortsinn überrollt, als er schon fast auf die 70 zuging. Plötzlich fortune and fame nach einem Leben doch in Offlaw, in Poverty und Hunger ...
Rowohlt: Aber nach einem Leben als Lehrer ...
Scholl: Ja, ja, sicher.
Rowohlt: Und Lehrer sind es gewohnt, mit ständig wechselndem, großem Publikum zu tun zu haben.
Scholl: Aber ich wollte Sie fragen, was hatten Sie für einen Eindruck, wie ging er denn plötzlich mit dieser Popularität, mit diesem Ruhm um, der da so auf ihn einströmte?
Rowohlt: Ich kannte ihn ja vor dem Ruhm nicht, und ich kann mir nicht vorstellen, dass er da wesentlich anders gewesen sein sollte. Außerdem kam der Ruhm so spät, dass er ihn nicht mehr wirklich verbiegen konnte.
Scholl: Sie, Harry Rowohlt, haben dann auch noch weiter "Mit der Asche meiner Mutter" zu tun gehabt. Es gibt ein hinreißendes Hörspiel, in dem Sie die Stimme des Erzählers verkörpern, also auf Lesungen haben Sie, glaube ich, auch aus dem Buch gelesen. Hat Ihnen das einfach gelegen, war das auch für Sie der besondere Reiz dieses Buches, dass da auch so was in Ihnen persönlich zum Klingen gebracht wurde?
Rowohlt: Ja, das ist der Idealfall, dass der Übersetzer und der Originalautor etwas seelenverwandt sind. Und meine Freundin Anna Mikula, damals Ressortchefin Kultur der wöchentlich erschienenen Wochenzeitung "Die Woche" hat gesagt, "Die Asche meiner Mutter" sei das schönste Buch, das sie je am Telefon gehört hat, weil ich ihr immer mal besonders zu Herzen gehende Passagen vorgelesen habe.
Scholl: Zwei weitere Bücher gibt es von Frank McCourt, die Fortsetzung von "Angela's Ashes" und dann über seine Zeit als Lehrer eben. Sie haben diese Bücher dann gar nicht mehr übersetzt, warum eigentlich nicht, hatten Sie keine Lust mehr?
Rowohlt: Ich hatte große Lust, aber ich hab mich mit dem Luchterhand-Verlag verkracht.
Scholl: Ach so.
Rowohlt: Beim zweiten hatte ich mich mit dem Luchterhand-Verlag verkracht und beim dritten hatte ich mich mit ihm wieder versöhnt, weshalb Frank McCourt, als er vor drei oder vier Jahren in Hamburg war, gesagt hat: Warum du den zweiten Band nicht übersetzt hast, weiß ich, warum hast du den dritten Band nicht übersetzt? Und ich hab gesagt: Das war im Jahre 2005, da hatte ich genug anderes zu tun, vorwiegend mit einem lästigen 60. Geburtstag. Und da sagte er: Ich weiß es wohl, ich habe ja auch aus diesem Anlass eigens in deine Festschrift hineingelogen. Und dann hat er sehr nett noch mal gelogen und hat gesagt, dem Publikum dann, das war vorher backstage gewesen, dem Publikum hat er gesagt, "Die Asche meiner Mutter" wäre immer noch nicht fertig geschrieben, wenn nicht auf der anderen Seite des Atlantiks mein alter Kumpel Harry gesessen und mich bedroht hätte.
Scholl: Was haben Sie denn für ein Tröpfchen getrunken damals, als Sie sich getroffen haben? Schönen irischen Whisky?
Rowohlt: Ich habe Paddy getrunken und Frank McCourt, deshalb sagt er auch, deshalb ist er 78 geworden, ihm wird von Whisky schlecht.
Scholl: Ach?
Rowohlt: Aber Stout steckt er sehr gut weg - ich kann mich immer noch nicht dran gewöhnen, das im Imperfekt zu verwenden - steckte er sehr gut weg.
Scholl: Aber wer weiß, vielleicht ist er jetzt an der großen Stout-Quelle und hebt grad einen Humpen und den gönnen wir ihm.
Rowohlt: Ja.
Scholl: Frank McCourt, der irische Autor und Verfasser von "Die Asche meiner Mutter", gestern ist er im Alter von 78 Jahren gestorben. Das war Harry Rowohlt, er hat Frank McCourt übersetzt. Ich danke Ihnen, Herr Rowohlt, für das Gespräch!
Rowohlt: Tschüss, ich hab zu danken.
Harry Rowohlt: Tag, Herr Scholl!
Scholl: Als 1996 das Buch "Angela's Ashes" erschien, wurde es als Sensation gefeiert - Sie, Harry Rowohlt, haben das Manuskript damals in Händen gehabt, als noch keine Rede davon sein konnte und kein Mensch den Autor kannte. Was haben Sie damals eigentlich gedacht, als Sie das Manuskript im Original gelesen haben?
Rowohlt: Ich hab das nicht gelesen.
Scholl: Wie?
Rowohlt: Ich les von den Büchern, bevor ich mich entscheide, ob ich sie übersetze oder nicht, nur die ersten zweieinhalb Seiten ...
Scholl: Tatsächlich?
Rowohlt: Weil ich mir denke, wenn der Autor es bis dahin nicht gepackt hat, dann schafft er's auf den übrigen 800.000 schon gar nicht. Da muss man sich an den Ratschlag von William Faulkner halten: Man muss den ersten Satz so schreiben, dass der Leser sofort den zweiten lesen will, und dann immer so weiter. Und das hat Frank McCourt gemacht.
Scholl: Ich wollte gerade sagen, also interessanter Einblick in Ihre Werkstatt, also nach zweieinhalb Seiten waren Sie schon so angetan, dass Sie sagten, das mach ich?
Rowohlt: Ja. Und ...
Scholl: Haben Sie da eigentlich vermutet, dass das wirklich so ein Riesenerfolg werden würde?
Rowohlt: Ja.
Scholl: Ja?
Rowohlt: Ja. Offenbar sind da bei mir die Verleger-Gene durchgekommen. Das heißt, man liest keine Bücher und hofiert das Sortiment. Und drittens merkt man, ob ein Buch ein Bestseller wird, ohne es genauer kennengelernt zu haben.
Scholl: Was, glauben Sie, hat diese Wirkung eigentlich erzeugt, was hat an diesem Buch Millionen von Menschen in aller Welt anscheinend so umgehauen, was glauben Sie?
Rowohlt: Die Wahrheit und die Komik. Mir hat eine Leserin geschrieben, sie hätte das auf einen Satz in der Eisenbahn von München nach Berlin durchgelesen und stieg Bahnhof Zoo aus, und vorher sagte der Herr, der ihr gegenübersaß: Kann ich bitte Autor und Titel erfahren, das Buch muss ich mir auch ansehen. Ich hab die ganze Zeit nur Sie beobachtet und Sie haben immer abwechselnd geweint und gelacht. Das will ich jetzt auch alles haben.
Scholl: Stimmt es, dass Sie Frank McCourt ein Fax geschickt haben mit der Frage, ob er seinen Helden nicht sterben lassen könnte?
Rowohlt: Das stimmt, weil ich nicht wusste, wie lang das Buch noch werden wird und ob ich da, tja, mit 88 immer noch dran sitze. Man tut das natürlich nicht ...
Scholl: Ist schon ein makabrer Scherz, ich meine, hat er geantwortet?
Rowohlt: Er hat mir sofort geantwortet.
Scholl: Und was?
Rowohlt: Es könne jetzt nicht mehr lange dauern… Dass er nun tatsächlich in der Tat gestorben ist, das wollte ich nicht. Noch dazu Hautkrebs. Wie kommt denn ein Ire an Hautkrebs?
Scholl: Das fragt man sich, ne?
Rowohlt: Ja.
Scholl: Sie haben ihn ja auch persönlich gekannt. Was war Frank McCourt so als Mensch für ein Typ?
Rowohlt HarryRowohlt: Ich hab ihn 1996, als Irland das Schwerpunktthema auf der Frankfurter Buchmesse war, aus dem kleinen Shuttlebus heraus gesehen - ich kannte nur ein kleines Foto von ihm - und bin zwischen zwei Haltestellen rausgesprungen und habe ihn mit Küssen überschüttet, weil ich ihn so liebgewonnen hatte vom Übersetzen her. Und wir hatten abends auch eine kleine Lesung zusammen, und da hat er auf meine inständige Bitte "The Rose of Tralee" gesungen in der John-McCormack-Nachfolge. Das sind die (unverständlich) irischen Tenöre. Und dabei hat er dann immer - das war offenbar eine Darbietung für unsere gehörlosen Mitbürger - auf jedes Organ, das erwähnt wurde, gedeutet, "heart" und am Schluss "… in her eyes" - auf seine Augen gedeutet. Und im Publikum saßen Anne Clune, die die erste ordentliche Flann-O'Brien-Biografie geschrieben hat, und Mary Breasted, die den schönen, kleinen Roman "Das Wunder von Dublin" geschrieben hat, und ich dachte, die beiden Damen hätten allergische Reaktionen oder so - die hatten beide die Augen zu und bibberten oder was. Aber die lachten nur und wollten dabei keinen Lärm machen.
Scholl: Wenn Sie jetzt den Namen Flann O'Brien schon erwähnt haben, also Sie und Irland, Harry Rowohlt, das ist schon ein größeres Thema, ne, nämlich Flann O'Brien, den haben Sie auch übersetzt und sich dann schwer ins Zeug gelegt, dass der endlich mal in Deutschland populärer wird. Hat nicht so ganz geklappt, ehrlich gesagt, aber ...
Rowohlt: Ich hab mich aber auch nicht so richtig ins Zeug gelegt, das war ein Nebenprodukt.
Scholl: Na, Sie haben immer schön getrommelt. Aber ich meine, war Frank McCourt eigentlich so ein typischer Ire, immerhin, ich meine, er hatte über 50 Jahre in New York gelebt, was würden Sie sagen?
Rowohlt: Ja, natürlich, was hätte er sonst sein sollen? Wie der große Ivan Rebroff sagte: Ein Zebra, das im Frankfurter Zoo geboren wird, ist ja immer noch ein Zebra.
Scholl: Das heißt, das Irentum hatte Amerika ihm nicht irgendwie, ja, rausgemendelt?
Rowohlt: Nein, außerdem in New York ist doch jeder Dritte ohnehin Ire.
Scholl: Der Weltruhm, der hat Frank McCourt ja nun wirklich im Wortsinn überrollt, als er schon fast auf die 70 zuging. Plötzlich fortune and fame nach einem Leben doch in Offlaw, in Poverty und Hunger ...
Rowohlt: Aber nach einem Leben als Lehrer ...
Scholl: Ja, ja, sicher.
Rowohlt: Und Lehrer sind es gewohnt, mit ständig wechselndem, großem Publikum zu tun zu haben.
Scholl: Aber ich wollte Sie fragen, was hatten Sie für einen Eindruck, wie ging er denn plötzlich mit dieser Popularität, mit diesem Ruhm um, der da so auf ihn einströmte?
Rowohlt: Ich kannte ihn ja vor dem Ruhm nicht, und ich kann mir nicht vorstellen, dass er da wesentlich anders gewesen sein sollte. Außerdem kam der Ruhm so spät, dass er ihn nicht mehr wirklich verbiegen konnte.
Scholl: Sie, Harry Rowohlt, haben dann auch noch weiter "Mit der Asche meiner Mutter" zu tun gehabt. Es gibt ein hinreißendes Hörspiel, in dem Sie die Stimme des Erzählers verkörpern, also auf Lesungen haben Sie, glaube ich, auch aus dem Buch gelesen. Hat Ihnen das einfach gelegen, war das auch für Sie der besondere Reiz dieses Buches, dass da auch so was in Ihnen persönlich zum Klingen gebracht wurde?
Rowohlt: Ja, das ist der Idealfall, dass der Übersetzer und der Originalautor etwas seelenverwandt sind. Und meine Freundin Anna Mikula, damals Ressortchefin Kultur der wöchentlich erschienenen Wochenzeitung "Die Woche" hat gesagt, "Die Asche meiner Mutter" sei das schönste Buch, das sie je am Telefon gehört hat, weil ich ihr immer mal besonders zu Herzen gehende Passagen vorgelesen habe.
Scholl: Zwei weitere Bücher gibt es von Frank McCourt, die Fortsetzung von "Angela's Ashes" und dann über seine Zeit als Lehrer eben. Sie haben diese Bücher dann gar nicht mehr übersetzt, warum eigentlich nicht, hatten Sie keine Lust mehr?
Rowohlt: Ich hatte große Lust, aber ich hab mich mit dem Luchterhand-Verlag verkracht.
Scholl: Ach so.
Rowohlt: Beim zweiten hatte ich mich mit dem Luchterhand-Verlag verkracht und beim dritten hatte ich mich mit ihm wieder versöhnt, weshalb Frank McCourt, als er vor drei oder vier Jahren in Hamburg war, gesagt hat: Warum du den zweiten Band nicht übersetzt hast, weiß ich, warum hast du den dritten Band nicht übersetzt? Und ich hab gesagt: Das war im Jahre 2005, da hatte ich genug anderes zu tun, vorwiegend mit einem lästigen 60. Geburtstag. Und da sagte er: Ich weiß es wohl, ich habe ja auch aus diesem Anlass eigens in deine Festschrift hineingelogen. Und dann hat er sehr nett noch mal gelogen und hat gesagt, dem Publikum dann, das war vorher backstage gewesen, dem Publikum hat er gesagt, "Die Asche meiner Mutter" wäre immer noch nicht fertig geschrieben, wenn nicht auf der anderen Seite des Atlantiks mein alter Kumpel Harry gesessen und mich bedroht hätte.
Scholl: Was haben Sie denn für ein Tröpfchen getrunken damals, als Sie sich getroffen haben? Schönen irischen Whisky?
Rowohlt: Ich habe Paddy getrunken und Frank McCourt, deshalb sagt er auch, deshalb ist er 78 geworden, ihm wird von Whisky schlecht.
Scholl: Ach?
Rowohlt: Aber Stout steckt er sehr gut weg - ich kann mich immer noch nicht dran gewöhnen, das im Imperfekt zu verwenden - steckte er sehr gut weg.
Scholl: Aber wer weiß, vielleicht ist er jetzt an der großen Stout-Quelle und hebt grad einen Humpen und den gönnen wir ihm.
Rowohlt: Ja.
Scholl: Frank McCourt, der irische Autor und Verfasser von "Die Asche meiner Mutter", gestern ist er im Alter von 78 Jahren gestorben. Das war Harry Rowohlt, er hat Frank McCourt übersetzt. Ich danke Ihnen, Herr Rowohlt, für das Gespräch!
Rowohlt: Tschüss, ich hab zu danken.