Sehnsucht nach der heilen Welt
Auf Franziskus warten große Aufgaben, nicht weniger als die Reform der Kurie muss er stemmen. Aber dass sich das Konklave für ihn entschieden hat, ist ehrenwert. Und es zeigt das Bedürfnis der Kardinäle nach einer heilen Kirche. Franziskus muss sich nun bewähren - und das wird nicht leicht.
Die ersten Gesten und Handlungen passen: eine warme Stimme, die bescheidene Bitte um die Fürbitte der Menschen für ihn, der Verzicht auf den Griff in die prunkvolle Kleidertruhe vergangener Päpste, die Wahl eines Namens, der an einen der wenigen rundherum sympathischen Heiligen erinnert: Das Konklave scheint mit Franziskus eine gute Wahl getroffen zu haben.
Es hat eine Persönlichkeit gewählt, einen Papst, der mit bescheidenem Auftreten und durch seine Person überzeugt. Auf eine ganz unmittelbare Weise ehrt das das Kollegium der Kardinäle. Sie haben sich von Wünschen leiten lassen, vielleicht kann man gar sagen: von ihrem Herzen. Von der Sehnsucht nach einer versöhnten Kirche, in der trennende Gräben zugeschüttet werden, zwischen arm und reich zum Beispiel, zwischen der Mutterkirche des alten Europa und den durch die Kolonisation gegründeten Kirchen in anderen Kontinenten.
Dieser Papst fährt Bus und benennt sich nach einem Heiligen, dem Reh und Wolf gleichermaßen lauschend zu Füßen saßen – das ist rührend, verheißungsvoll – und doch muss die Frage gestattet sein, ob diese pastellfarbene Sehnsucht nach der heilen Welt der Realität des Papstamtes in der Epoche nach Benedikt standhalten kann.
Da sind zum einen die drängenden Aufgaben, die sich im Vatikan stellen: eine Kurie, die zerfressen wird von Misstrauen, auch Missmanagement – die Affäre um die nach außen lancierten vertraulichen Papstpapiere machte da sicher nur die oberste Spitze des Eisberges sichtbar, und das auch nur kurz. Reform tut not im Vatikan.
Und doch haben sich die Kardinäle nicht für einen Papst entschieden, der mit den Strukturen und Seilschaften im Vatikan vertraut ist, vielleicht schon auf ein eigenes Netzwerk aus Vertrauten zurückgreifen kann. Ob das ein Vorteil oder ein Nachteil ist, kann nur die Zeit zeigen. Auf dem Papier steht das Beharrungsvermögen einer heiligen Behörde gegen die Selbstständigkeit eines Jesuiten, der dafür ausgebildet ist, sich in neuen Situationen schnell zu orientieren.
Auch außerhalb des Vatikan steht die katholische Kirche vor großen Herausforderungen: die zunehmend säkularen Gemeinden in Europa und Nordamerika und die immer charismatischer ausgerichteten Gemeinden in Afrika, Asien und auch Lateinamerika driften auseinander. Ein Teil der Gläubigen wünscht eine bejahende Auseinandersetzung mit der Moderne, ein wahrscheinlich größerer wird angetrieben von einer diffusen Sehnsucht nach der scheinbaren Klarheit konservativer Positionen. Zusammengehalten werden sollen diese Strömungen nun von der Person des Papstes.
Das erscheint wie eine fast übermenschliche Bürde. Und ist doch unvermeidbar. Dafür hat die moderne Entwicklung zur Mediengesellschaft gesorgt. In ihr überträgt sich nun einmal eine persönliche Geste allemal besser als ein Anstoß qua Amt selbst in einer so strikt hierarchischen Institution wie der katholischen Kirche.
Für diesen Fokus auf die Person hat aber auch der päpstliche Amtsvorgänger Benedikt XVI. gesorgt. Mit seinem Rücktritt hat er deutlich gemacht: Amt und Person sind nicht mehr gottgegeben und schicksalhaft eins. Wenn die Umstände es erfordern, können sie wieder getrennt werden. Bei Benedikt geschah das wohl aus gesundheitlichen Gründen.
Aber was passiert, wenn die persönliche Integrität des Amtsinhabers in Frage gerät? Da birgt zum Beispiel die durchaus widersprüchlich diskutierte Vergangenheit von Papst Franziskus in den Zeiten der argentinischen Militärjunta noch erhebliches Konfliktpotential. Zu anderen Zeiten konnten Päpste Kritik an ihren politischen und persönlichen Entscheidungen einfach hinter den Mauern des Vatikan aussitzen. Ein Papst mit Twitteraccount und der Möglichkeit zurückzutreten muss da anders agieren.
Wenn die Begeisterung der Wahl vorbei ist, spätestens aber nach dem Heimspiel beim Weltjugendtag in Rio im Juli, steht Papst Franziskus vor Entscheidungen, die nicht nur für Begeisterung sorgen werden. Die spannende Frage wird sein, ob er in seiner Person als Motivator wirkt oder als Bremser.
Es hat eine Persönlichkeit gewählt, einen Papst, der mit bescheidenem Auftreten und durch seine Person überzeugt. Auf eine ganz unmittelbare Weise ehrt das das Kollegium der Kardinäle. Sie haben sich von Wünschen leiten lassen, vielleicht kann man gar sagen: von ihrem Herzen. Von der Sehnsucht nach einer versöhnten Kirche, in der trennende Gräben zugeschüttet werden, zwischen arm und reich zum Beispiel, zwischen der Mutterkirche des alten Europa und den durch die Kolonisation gegründeten Kirchen in anderen Kontinenten.
Dieser Papst fährt Bus und benennt sich nach einem Heiligen, dem Reh und Wolf gleichermaßen lauschend zu Füßen saßen – das ist rührend, verheißungsvoll – und doch muss die Frage gestattet sein, ob diese pastellfarbene Sehnsucht nach der heilen Welt der Realität des Papstamtes in der Epoche nach Benedikt standhalten kann.
Da sind zum einen die drängenden Aufgaben, die sich im Vatikan stellen: eine Kurie, die zerfressen wird von Misstrauen, auch Missmanagement – die Affäre um die nach außen lancierten vertraulichen Papstpapiere machte da sicher nur die oberste Spitze des Eisberges sichtbar, und das auch nur kurz. Reform tut not im Vatikan.
Und doch haben sich die Kardinäle nicht für einen Papst entschieden, der mit den Strukturen und Seilschaften im Vatikan vertraut ist, vielleicht schon auf ein eigenes Netzwerk aus Vertrauten zurückgreifen kann. Ob das ein Vorteil oder ein Nachteil ist, kann nur die Zeit zeigen. Auf dem Papier steht das Beharrungsvermögen einer heiligen Behörde gegen die Selbstständigkeit eines Jesuiten, der dafür ausgebildet ist, sich in neuen Situationen schnell zu orientieren.
Auch außerhalb des Vatikan steht die katholische Kirche vor großen Herausforderungen: die zunehmend säkularen Gemeinden in Europa und Nordamerika und die immer charismatischer ausgerichteten Gemeinden in Afrika, Asien und auch Lateinamerika driften auseinander. Ein Teil der Gläubigen wünscht eine bejahende Auseinandersetzung mit der Moderne, ein wahrscheinlich größerer wird angetrieben von einer diffusen Sehnsucht nach der scheinbaren Klarheit konservativer Positionen. Zusammengehalten werden sollen diese Strömungen nun von der Person des Papstes.
Das erscheint wie eine fast übermenschliche Bürde. Und ist doch unvermeidbar. Dafür hat die moderne Entwicklung zur Mediengesellschaft gesorgt. In ihr überträgt sich nun einmal eine persönliche Geste allemal besser als ein Anstoß qua Amt selbst in einer so strikt hierarchischen Institution wie der katholischen Kirche.
Für diesen Fokus auf die Person hat aber auch der päpstliche Amtsvorgänger Benedikt XVI. gesorgt. Mit seinem Rücktritt hat er deutlich gemacht: Amt und Person sind nicht mehr gottgegeben und schicksalhaft eins. Wenn die Umstände es erfordern, können sie wieder getrennt werden. Bei Benedikt geschah das wohl aus gesundheitlichen Gründen.
Aber was passiert, wenn die persönliche Integrität des Amtsinhabers in Frage gerät? Da birgt zum Beispiel die durchaus widersprüchlich diskutierte Vergangenheit von Papst Franziskus in den Zeiten der argentinischen Militärjunta noch erhebliches Konfliktpotential. Zu anderen Zeiten konnten Päpste Kritik an ihren politischen und persönlichen Entscheidungen einfach hinter den Mauern des Vatikan aussitzen. Ein Papst mit Twitteraccount und der Möglichkeit zurückzutreten muss da anders agieren.
Wenn die Begeisterung der Wahl vorbei ist, spätestens aber nach dem Heimspiel beim Weltjugendtag in Rio im Juli, steht Papst Franziskus vor Entscheidungen, die nicht nur für Begeisterung sorgen werden. Die spannende Frage wird sein, ob er in seiner Person als Motivator wirkt oder als Bremser.