Sehnsucht nach Heimat: Wie "regio" sind regionale Produkte? Darüber diskutiert Klaus Pokatzky von 9.05 bis 11 Uhr mit Ulrich Hamm und Mathias von Mirbach. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254, per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de – sowie auf Facebook und Twitter.
Wie "regio" sind regionale Produkte?
Produkte regionaler Herkunft liegen bei den Verbrauchern im Trend. Immer mehr Lebensmittel tragen die Werbung "regional" oder "von hier" auf der Verpackung. Inzwischen gibt es mehr als 200 Siegel und Logos. Doch wie funktioniert die regionale Produktion und Vermarktung?
Wieviel Thüringen steckt in einer Thüringer Bratwurst, wieviel Rügener Milch im Camembert "Rügener Badejunge"? Was bedeutet regionale Herkunft – und wie können Kunden sicher sein, dass derart beworbene Produkte wirklich aus der Umgebung kommen? Und was heißt es für einen Landwirt, ausschließlich regional zu vermarkten?
"Positive Eigenschaften wie Frische und Geschmack"
"Regionale Lebensmittel sind ein Megatrend", sagt Ulrich Hamm, Professor für Agrar- und Lebensmittelmarketing an der Universität Kassel. "Erstens assoziieren die meisten Menschen damit positive Eigenschaften wie Frische und Geschmack. Zweitens wollen sie ein Zeichen gegen die Globalisierung des Essens setzen. Sie wünschen authentische Produkte statt austauschbarem Fast Food. Und drittens suchen Verbraucher einen Bezug zu ihren Lebensmitteln. Beim lokalen Erzeuger können sie sich vor Ort selbst ein Bild über die Produktionsbedingungen machen – etwa wie die Tiere gehalten werden."
In Umfragen lägen regionale Produkte mittlerweile vor den Bio-Waren; die Kunden seien auch bereit, mehr für Produkte aus der Umgebung zu zahlen. "Wichtig ist, den Konsumenten zu vermitteln, welche besonderen Anstrengungen in Produktion und Verarbeitung unternommen worden sind."
"Regional bedeutet, dass ich klar mache: Wo sind die Zutaten her? Wo ist das Produkt verarbeitet? Und das alles transparent zu machen", sagt der Landwirt Mathias von Mirbach. Gemeinsam mit zwei weiteren Bauern betreibt er den "Kattendorfer Hof", einen Demeter-Hof in der Nähe von Hamburg. "Wir können mit gutem Gewissen sagen: Es kommt aus der Region, 40 Kilometer von Hamburg entfernt. Dort wird das Futter angebaut, dort werden die Tiere gefüttert. Sie können auf unseren Hof kommen und schauen, wie sind die Produktionsbedingungen? Wie sind die sozialen Bedingungen?"
Solidarische Landwirtschaft
Der "Kattendorfer Hof" wird seit 20 Jahren nach den Regeln der "Solidarischen Landwirtschaft" geführt. Die Kunden sind vor allem Mitglieder, die Ernteanteile erwerben und so den Hof am Laufen halten; im Gegenzug erhalten sie das dort angebaute Obst, Gemüse, Fleisch und Milchprodukte. Der Hof unterhält Hofläden in Hamburg und Umgebung – sowie ein Dutzend von den Kunden selbst verwaltete Depots, sogenannte FoodCoops, die er mit seinen Produkten beliefert.
Mathias von Mirbach sieht die "SoLaWi" als eine Art Zukunftslabor für eine nachhaltige und faire Landwirtschaft – und als Garant, dass regional wirtschaftende Landwirte dem wachsenden Konkurrenzdruck standhalten können. Auch der Konkurrenz durch die großen Bio-Supermärkte:
"Im Bio-Supermarkt merken Sie nichts mehr von Jahreszeiten; das ist wie im Schlaraffenland. Bei uns gibt es, was es gibt. Und die Menschen nehmen das auch gern an. Konkurrenz ja, aber so what? Ich bin so dreist, dass ich sage: Leute, ihr wisst, woher die Sachen bei mir kommen. Ihr könnt ein bisschen teilhaben an dem, was wir hier machen."
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