Sein Traum wird Wirklichkeit

Von Sylvia Schopf |
Den Traum von einem Operndorf mitten in der Savanne von Burkina Faso hatte Christoph Schlingensief bis zu seinem Tod im August unbeirrt und hartnäckig verfolgt. Im April wurde feierlich der Grundstein gelegt. Die Bauarbeiten gehen jetzt nach dem Ende der Regenzeit tatsächlich weiter.
Eine knappe Autostunde von der burkinischen Hauptstadt Ouagadougou entfernt liegt das idyllische Gelände, auf dem das Operndorf von Christoph Schlingensief entstehen soll: Mitten in der Savanne und in unmittelbarer Nähe zum Skulpturenpark Laongo, in dem seit 20 Jahren Bildhauer ihre Werke hinterlassen. Seit Kurzem gibt es dort eine asphaltierte Straße, die auch zum Operndorf führt, öffentliche Verkehrsmittel gibt es nicht.

Und so fragt sich denn auch Paul Zoungrana, Schauspieler und Regisseur aus der Hauptstadt, warum das Projekt so weit entfernt angesiedelt wurde:

"Ich scherze immer wieder mit meinen Freunden, ob das vielleicht damit zu tun hat, dass ganz in der Nähe Ziniaré liegt, das Dorf, aus dem unserer Präsident kommt."

Auch Ky Siriki, ein international bekannter Bildhauer und Initiator des Skulpturenparks, kennt die Frage und die Bedenken:

"Als ich vor 20 Jahren nach Laongo ging, um dort Skulpturen zu machen, haben die Leute auch nicht verstanden, warum ich die Stadt verlasse und in die Savanne ziehe. Meiner Meinung nach hat Laongo etwas Besonderes. Ich möchte es nicht magisch nennen, denn das ist das Wort, das man ständig dafür benutzt. Aber es gibt in Laongo etwas, das die Leute anzieht und Christoph Schlingensief genauso wie mich angezogen hat. Und ich finde es sehr gut, dass zur Bildhauerei nun noch andere künstlerische Disziplinen hinzukommen. Für mich ist es der Beginn eines großen Ganzen."

Ein weiterer Ort für Kunst, das ist gut, sagt der Schauspieler und Regisseur Zoungrana. Aber werden er und seine Theatertruppe etwas davon haben?

"Ich ganz persönlich weiß nicht, ob es mir etwas bringen wird. Gut, da sind Leute, die haben Geld. Sie kommen und bringen etwas mit. Aber hat das etwas mit uns, mit unserer Realität zu tun? Inwieweit ist es für die hiesigen Verhältnisse gedacht? Werde ich dort draußen regelmäßig Aufführungen sehen können? Oder kann ich Theaterproduktionen von uns dort zeigen? Das sind so Fragen, die mir durch den Kopf gehen."

In Kultur zu investieren, das sei natürlich wichtig, meint Andrea Reikat, Dozentin an der Universität in Ouagagdougou:

"Insgesamt bin ich nicht der Meinung, das ist ein armes Land, die haben andere Sachen nötiger. Aber es gibt so viele kleine engagierte Theater hier in der Hauptstadt, die es vielleicht verdient hätten, insgesamt stärker gefördert zu werden."

"Ich denke, man muss die Ideen der Initiatoren respektieren. Das Geld kommt ja nicht aus Burkina Faso, und für Christoph ging es darum, dass er eine Idee hatte, einen Traum, den er vor seinem Tod realisieren wollte. Da können wir hier doch nicht sagen: Komm, gib uns das Geld, um hier etwas zu verbessern. Nein, man muss seinen Traum respektieren!"

Martin Zongo leitet ein renommiertes Theater in der Hauptstadt, zu dessen Konzept die Kooperation mit europäischen Theatern gehört.

"Außerdem ist das Operndorfprojekt auf einer anderen Ebene angesiedelt. Es wird ein Zentrum sein, in dem sich unsere Künstler fortbilden können. Es wird ein Zentrum für Austausch und Kommunikation sein. Wir werden Aufführungen sehen können, die es bei uns so nicht gibt. Und diejenigen, die aus Europa zu uns kommen, werden etwas über Afrika, über Burkina lernen; etwas, das auch ihre künstlerische Praxis bereichern kann. Also, das Operndorf sehe ich nicht als kulturelle Kolonisation, sondern als Treffpunkt, als Ort des Austausches, des Nehmens und Gebens. Das ist die Vision, die ich vom Operndorf habe."

Und deswegen hofft der Theaterleiter, dass das Projekt auch nach Schlingensiefs Tod weitergebaut wird. Und auch das Goethe-Institut in Ouagadougou hat weiterhin großes Interesse daran, dass dieses Projekt fortgeführt wird, sagt Peter Stepan, aber:

"Es wird sicher jemand gebraucht, der das auch von der künstlerischen Seite in die Hand nimmt. Mit reinem Verwaltungsmanagement ist da nix zu bewerkstelligen."

Der Bildhauer Ky Siriki glaubt, dass sich notfalls sogar der burkinische Staat engagieren würde – auch finanziell. Andrea Reikat, die deutsche Universitätsprofessorin, findet allerdings, das Kulturministerium habe sich bisher eher bedeckt gehalten:

"Das ist so ein bisschen die abwartende Haltung: Lassen wir den Geldgeber erst mal machen, und wenn das Dach nachher oben drauf ist und wir das Ding einweihen können, dann können wir immer noch gucken."
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