Arbeiten, um Spaß zu haben
Autoritätsdenken war gestern. Wer heute jung und gut ausgebildet ist, kann sich seine Jobs aussuchen. Die nach 1985 Geborenen sind sich dieses Vorteils sehr bewusst und gestalten das Arbeitsleben nach ihren eigenen Regeln.
Sie sind jung, sie sind hochqualifiziert, und sie wissen, was sie wollen: Nur so viel arbeiten, wie es für Karriere und Geldverdienen reicht. Ansonsten: Selbsterfüllung und Sinnstiftung, vor allem aber Spaß und Freiheit. Die sogenannte Generation Y, nach 1985 geboren, verunsichert gerade die deutsche Wirtschaft.
Die wollen keine Führungsverantwortung übernehmen, klagen Personalchefs. Die gehen nach Hause, wenn sie meinen, dass die Arbeit getan ist. Und die reden von der Work-Life-Balance, der Ausgewogenheit zwischen Arbeit und Privatleben. Sie werden daher gern als "verhätschelt" tituliert und als "Aufstiegsverweigerer".
Sind sie das tatsächlich? Oder stellen sie die Arbeitswelt auf den Kopf?
Mit dem Internet und damit komplett anders groß geworden als ihre Eltern, werden sie nicht umsonst als Generation Y bezeichnet. Das Ypsilon steht für das englische why: warum. Sie stellt Fragen, die andere Generationen vor ihr nicht gewagt hätten zu stellen. Zumindest nicht laut und schon gar nicht dem Arbeitgeber.
Warum soll ich bis Mitternacht im Büro hocken? Wieso muss ich einen Job machen, der mir nicht entspricht? Und warum soll ich umziehen, nur weil die Firma woanders hingeht?
Das Leben dreht sich in ihren Augen nicht nur um Beruf, Aufstieg oder gar um das ganz große Geld, sondern um Freunde, Partner, um Familie. Kinder sollen nicht nur "nebenbei" groß werden, ihre Mütter und Väter wollen "etwas von ihnen haben", wie man so schön sagt.
Diese ganz andere Form, sich selbst zu verwirklichen, will das eigene Leben gestalten, es entschleunigen, durchaus eigenwillig und bestimmt, aber nicht, um andere zu bekehren. Es gilt: Ich tue das, wovon ich denke, dass es gut ist. Und davon nur so viel, dass es gut bleibt.
Die Generation Y kann es sich leisten, Forderungen zu stellen
Manche Arbeitgeber bringt das in die Bredouille. Solche Rigorosität und Souveränität sind viele Vorgesetzte gar nicht gewohnt. Die neuen Untergebenen kündigen, wenn sie merken, dass ihre Wünsche nicht erfüllt werden. Sie können es sich leisten, Forderungen zu stellen. Denn die Generation Y weiß, dass sie gebraucht wird.
Der Fachkräftemangel erlaubt ihr, auszusuchen statt ausgesucht zu werden – sehr gern auch im Ausland. Die Furcht vor dem sogenannten Brain Drain, dem Verlust der besten Köpfe, ist groß hierzulande.
Manche Chefs haben das verstanden und dort verändert sich die Arbeitswelt nachhaltig: Flexible Bürozeiten werden möglich, auch ein Arbeiten zu Hause, allerdings keine Mails mehr nachts oder am Wochenende, dazu flachere Hierarchien und mehr Einfluss auf Entscheidungen. Wenn all das gegeben ist, funktioniert die Generation Y wunderbar: mit Teamgeist, engagiert, hartnäckig.
Und genau so ist sie es schließlich aus der eigenen Kindheit gewohnt. Familienentscheidungen bestimmten die Sprösslinge selbstverständlich mit: Wohin geht es in den Urlaub? Welches Auto wird gekauft? Wo und wie wird gewohnt?
Die Generation Y ist eine der selbstbewusstesten und selbstsichersten seit langem. Sie beeinflusst die Gesellschaft auf eine markante Weise.
Davon könnten alle profitieren, vor allem am Arbeitsplatz: Weg von einem Angestelltendasein, von dem die Betroffenen meinen, überall und zu jeder Zeit verfügbar zu sein müssen und am Ende vor lauter Pflichtgefühl und Ehrgeiz keine Leistung mehr zu bringen. Zurück zu einer Art des Arbeitens, die Freiräume und Selbstbestimmung zulässt und allein dadurch zufrieden macht.
Und das ist gut so. Denn Glücksgefühle bei der Arbeit steigern die Produktivität ungemein.
Simone Schmollack, geboren 1964 in Berlin, ist Redakteurin bei der "Tageszeitung" in Berlin und Autorin zahlreicher Bücher, darunter "Kuckuckskinder. Kuckuckseltern", "Deutsch-deutsche Beziehungen. Liebe zwischen Ost und West" und "Damals nach der DDR. Geschichten von Abschied und Aufbruch". Sie beschäftigt sich vor allem mit Themen an der Schnittstelle von Politik, Wirtschaft und Privatheit. Sie studierte Germanistik, Slawistik und Journalistik in Leipzig, Berlin und Smolensk.