Serdar Somuncu über Populismus in der Comedy

Mario Barth vertritt "sehr gewöhnliche Positionen"

Serdar Somuncu, deutscher Kabarettist, Musiker und Schriftsteller mit türkischem Migrationshintergrund.
Serdar Somuncu, deutscher Kabarettist, Musiker und Schriftsteller mit türkischem Migrationshintergrund. © dpa - picture alliance / ZB - Karlheinz Schindler
Serdar Somuncu im Gespräch mit Max Oppel |
Neigen Deutschlands Comedians in jüngster Zeit zum Populismus oder gar zur Pegida-Nähe? Nein, sagt der Kabarettist Serdar Somuncu, nicht einmal Mario Barth. Der denke zwar tendenziell eher reaktionär, sei aber "zu dumm", um ein gefährlicher Populist zu sein.
Mario Barth deckt investigativ auf, Didi Hallervordern schießt wutbürgerlich gegen Merkel, Dieter Nuhr pöbelt im Namen des einfachen Volkes gegen Griechen und bewitzelt alles Muslimische und so weiter... Die Kabarettisten- und Comedyszene scheint anfällig für eine gewisse Pegidahaftigkeit. Immer wieder fallen Kollegen auf, die hier wutbürgerlich aufs Maul geschaut nach rechts wegdriften. Stimmt das? Und woran liegt das? Wir haben den Kabarettisten und Schriftsteller Serdar Somuncu befragt:
"Ich wusste, dass Mario Barth tendenziell eher reaktionär denkt, ich wusste, dass Dieter Nuhr eher neoliberal ist. Dass das jetzt ans Tageslicht kommt dadurch, dass sie sich vielleicht verplappern oder sie irgendwelche Posts machen, überrascht mich, ehrlich gesagt, nicht. Überraschender ist, dass das die Medien jetzt aufgreifen und versuchen, denen einen Strick daraus zu drehen."

Bei Mario Barth scheitert es "an seiner Intelligenz"

Die große Mehrheit der Comedians und Kabarettisten sei pegida-fern, betonte Somuncu im Deutschlandradio Kultur:
"Ich weiß auch nicht, ob Mario Barth jetzt ein Pegida-Sympathisant sein muss, weil er ein paar dämliche Sätze geschrieben hat. Ich glaube, es scheitert eher an seiner Intelligenz."
Barth sei ein durchschnittlicher Typ mit einer durchschnittlichen Meinung, dessen Arbeit man überhöhen würde, wenn man ihm eine politische Absicht unterstellte:
"Dass er gelegentlich mit dem Feuer spielt und sehr gewöhnliche Positionen, sehr volksnahe Positionen vertritt, heißt für mich noch nicht, dass er ein gefährlicher Populist ist. Natürlich spielt er Populisten damit in die Karten und natürlich ist das etwas, was sehr AfD-nah, Pegida-nah ist. Aber ich glaube nicht, dass es bei Mario Barth ein perfider Grundsatz ist. Dafür ist er zu dumm."

Zwischen Ursache und Wirkung unterscheiden

Er selbst, so Somuncu, gehe nicht auf die Bühne und spreche am nächsten Tag über das, was gestern gewesen sei.
"Sondern ich versuche es zu verarbeiten, in einer angemessenen Distanz, um dann einen klugen Gedanken dazu beizusteuern."
In seinen Programmen unterscheide er sehr genau zwischen Ursache und Wirkung und versuche auch Ursachenketten aufzuzeigen:
"Eine Erklärung zum Beispiel für das, was wir jetzt Terror nennen, ist, dass wir lange Jahre übersehen haben, dass es auf der Welt eine Verteilungsungerechtigkeit gibt und dass Menschen aus Krisengebieten, die wir ja mit fördern dadurch, dass wir Waffen verkaufen, plötzlich vor unserer Haustür landen und wir mit unsichtbaren Gefahren leben lernen müssen.
Das ist unangenehm, das ist grausam, das ist vielleicht auch ungerecht. Aber ganz ehrlich: Es sterben in anderen Ländern, in Pakistan, in Indien, in Afghanistan auch Menschen, ohne dass wir was davon mitbekommen. Und das ist eine ungeheure Ignoranz."
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