Raul Krauthausen über die Serie „1 Meter 20“
In „1 Meter 20“ geht es um die 17-jährige Juana. Sie sitzt im Rollstuhl und sehnt sich nach dem ersten Mal. © Natalia Roca
Lust und Aktivismus einer Teenagerin
12:22 Minuten
Sex, Inklusion und der Einsatz für Aufklärung: In "1 Meter 20" geht es um die 17-jährige Juana. Sie sitzt im Rollstuhl und sehnt sich nach dem ersten Mal. Aktivist Raul Krauthausen freut sich über die Arte-Serie.
Juana ist 17 Jahre alt und will das erste Mal Sex haben. Darum geht es in der argentinischen Serie „1 Meter 20“, die bei Arte zu sehen ist. Dass Juana im Rollstuhl sitzt, sorgt für Aufmerksamkeit.
Der Journalist und Aktivist für Inklusion und Barrierefreiheit Raul Krauthausen ist begeistert: Jenseits des Hollywood-Klischees sei in den sechs Folgen der Serie erstmals eine „authentische Darstellung einer jungen Frau zu sehen, die Sex hat“. Es werde weder weggeblendet noch der Sex lediglich erzählt oder voyeuristisch gezeigt. Außerdem werde entgegen der medial oftmals vermittelten männlichen Perspektive die Geschichte aus der Perspektive einer jungen Frau erzählt, so Krauthausen.
Einsatz für Sexualkundeunterricht
Eine andere Stärke von „1 Meter 20“ sei, dass Juana eine selbstbewusste Frau ist. Gleichzeitig werde auch die Schwierigkeiten des Kennenlernens gezeigt, unter anderem wenn es um Verletzlichkeit geht oder welche Berührungsängste bei dem männlichen Gegenüber aufkommen.
Ein anderes Thema ist zudem der Einsatz der Schülerinnen und Schüler für Sexualkundeunterricht im konservativen Argentinien. Ob dies realistisch sei, kann der Aktivist nicht einschätzen. Dass das Fach aber geschlossen von der Schule gefordert werde, wirkt auf ihn „recht konstruiert“. Dies rühre wohl auch daher, dass die Serie „unglaublich verdichtet“ ist.
Er selbst habe sich in der Serie, deren Co-Regisseurin Rosario Perazolo Masjoan auch im Rollstuhl sitzt, wiederfinden können, sagt Krauthausen. Etwa wenn eine Klassenkameradin Juanas eine Demonstration organisiert, die aber nicht barrierefrei ist. Mit diesem „Gefühl des Ausgeschlossenseins“ habe er sich identifizieren können.
Mehr Mut in anderen Ländern
Auch in Deutschland kann sich Krauthausen eine ähnliche Serie vorstellen, etwa über den Einsatz von Schülerinnen und Schüler für Inklusion. Doch er habe den Eindruck, dass die Programmmachenden in anderen Ländern mehr Mut hätten als hierzulande.
In Deutschland werde in Film und Serie, wenn es um behinderte Menschen gehe, die Geschichte meist aus einem sehr leidvollen Narrativ erzählt. Hinzukomme, dass behinderte Figuren fast ausschließlich von nicht behinderten Schauspielenden dargestellt werden. Damit würde behinderten Menschen der Arbeitsplatz weggenommen, kritisiert Krauthausen.
Es sei zudem schwierig, dass behinderte Menschen in der Öffentlichkeit nur wahrgenommen werden, wenn es um das Thema Behinderung gehe. Oftmals herrsche in Redaktionen noch die Einstellung vor, man dürfe das Publikum nicht überfordern. Doch habe sich in der vergangenen Zeit gezeigt, „dass, wenn wir das Publikum mit neuen Geschichten überraschen, das auch zu Erfolgen führen kann“.
(rzr)