Seufert: Portugal will Finanzkrise aus eigener Kraft bewältigen
Michael Seufert, deutschstämmiger Abgeordneter der konservativen Volkspartei CDS im portugiesischen Parlament, ist davon überzeugt, dass Portugal sich auch ohne finanziellen Rettungsschirm der Europäischen Union aus der Schuldenkrise befreien kann.
Jörg Degenhardt: Drei Euro-Sorgenkinder gibt es mittlerweile: Schuldensünder Griechenland musste im Frühjahr von den anderen Euro-Mitgliedsländern vor dem finanziellen Kollaps gerettet werden, an den Finanzmärkten reißen die Spekulationen nicht ab, dass es Irland ganz ähnlich ergehen könnte, und als sei das nicht genug: Auch die Schieflage Portugals sorgt bei den Finanzministern der Union und der EU-Kommission für zunehmende Bauchschmerzen. Michael Seufert ist Abgeordneter der konservativen Volkspartei im portugiesischen Parlament mit deutschen Wurzeln, und er ist jetzt am Telefon. Guten Morgen, Her Seufert!
Michael Seufert: Guten Morgen!
Degenhardt: Portugal hat auf Druck der EU ein unpopuläres Sparprogramm aufgelegt: Am 24. November, also nächste Woche, soll es endgültig verabschiedet werden. Wird es da einen parteiübergreifenden Konsens in dieser Angelegenheit geben?
Seufert: Ja, die Regierung hat bereits mit der größten Oppositionspartei, mit der sozialdemokratischen Partei eine Möglichkeit gefunden, sich auf eine Einigung zu treffen, und somit wird erwartet, dass der Haushalt wie gesagt nächste Woche mit dieser Partei verabschiedet wird.
Degenhardt: Ziel ist es, das Staatsdefizit bis kommendes Jahr von derzeit 7,3 Prozent auf 4,6 Prozent zu senken. Ist das mit diesem Sparplan machbar?
Seufert: Ja, also ich muss sagen: Meine Partei prägt diesen Haushalt nicht mit, und eine der Sachen, die uns … wo wir uns nicht so sicher sind, ist wirklich, ob die Zahlen der Regierung stimmen können. Wir hoffen und wir glauben, dass die Regierung ihr Bestes tun wird, aber es ist sehr schwer, auf der heutigen europäischen Lage zu … Wir glauben nicht, dass es heute möglich ist, mit der europäischen Lage ein Wachstum zu erreichen, wie es die Regierung voraussagt.
Degenhardt: In Griechenland hat es ja zahlreiche Proteste gegeben gegen die Sparpläne der Regierung. Ist damit eventuell auch in Portugal zu rechnen? Sie haben ja starke Gewerkschaften.
Seufert: Wir haben sehr starke Gewerkschaften, das ist wahr, und es ist auch für nächste Woche ein Generalstreik angesagt, der zum ersten Mal seit glaube ich 20 Jahren alle Gewerkschaften auf ein Boot trifft. Trotzdem ist es mit solchen Protesten wie in Griechenland, vor allem, was wirklich ein bisschen mit Scheiben einschlagen und mit sonstiger Gewalt zu sehen war, nicht zu rechnen. Portugal ist da eher ein ruhiges Land. Aber natürlich: Gewerkschaften und ähnliche Strukturen sagen den Kampf an, gerade wenn es zum Beispiel beim öffentlichen Dienst an die Löhne geht.
Degenhardt: Man hört und liest jetzt, das strukturschwache Portugal habe viele Jahre über seine Verhältnisse gelebt. Wenn das stimmt, hätte dann die Europäische Zentralbank zum Beispiel nicht viel früher reagieren müssen?
Seufert: Der Vorwurf ist durchaus gerecht, wenn wir uns überlegen, dass ein Land wie Portugal sehr lange hohe Defizite hatte und heute eine Staatsverschuldung hat, die eigentlich auf 100 Prozent des Bruttoinlandprodukts definierbar ist. Natürlich war es ja so der Fall, dass vor fünf, sechs Jahren, als eigentlich ein Eingreifen der Europäischen Zentralbank nötig war, ja auch Deutschland und Frankreich sehr stark an den … getroffen hat, und wo die Defizite auch in Deutschland und in Frankreich sehr hoch waren, wollte oder konnte die Bank nicht eingreifen. Aber der Vorwurf ist durchaus gerecht: Brüssel hätte stärker reagieren sollen in der Vergangenheit, und heute trifft es uns damit umso intensiver.
Degenhardt: Und was kann die Europäische Gemeinschaft jetzt tun, um Lissabon zu helfen? Ich meine, ein milliardenschwerer Rettungsschirm stünde ja bereit.
Seufert: Ja, und auf den möchte Portugal gerne verzichten und damit seine Probleme selbst lösen. Und das sollte eigentlich möglich sein. Portugal muss, wie andere europäische Länder auch, ganz einfach vom Kredit absehen, und sehen, dass sich die Wirtschaft selbst finanziert, und das heißt durchaus auch, dass der öffentliche Sektor weniger ausgeben muss, dass wir neue Schulden nicht so intensiv brauchen, dass wir die Defizite reduzieren. Und wenn das alles nicht klappt, dann weiß auch Portugal, dass Europa dasteht, und dann würde Portugal auch auf so ein Paket zurückgreifen.
Degenhardt: Im schlimmsten aller Fälle droht Portugal der Ausschluss aus der Eurozone, also die Rückkehr zum Escudo. Was würde das für das Land bedeuten?
Seufert: Ich muss sagen, ich glaube nicht daran, dass es so weit kommt, und dass so was möglich wäre. Wenn dem so wäre, dann würde es wohl bedeuten, dass die Finanzierung an den internationalen Märkten noch viel schwerer ist, als das heute schon der Fall ist, und es würde wahrscheinlich auch bedeuten, dass Portugal einen Kapitalverlust und Kapitalflucht erfährt. Aber ich muss sagen, so weit wird es nicht kommen.
Degenhardt: Schauen wir noch ganz kurz auf ein anderes Sorgenkind, nämlich auf die Iren. Das verfolgen Sie sicherlich auch sehr aufmerksam. Was empfehlen Sie denn Dublin? Man hat so ein bisschen das Gefühl, dass die anderen Europäer in der Eurozone das Land ein bisschen unter den Rettungsschirm drängen wollen?
Seufert: Das ist wahr, und auch aus der … auch aus Portugal kamen schon solche Bitten, gerade aus Regierungskreisen, man hat das Gefühl, dass, wenn ein Land endlich auf so ein … auf das Paket zurückgreift, dass die Märkte dann verstehen, dass es möglich ist, und dass die Märkte dann verstehen, dass sowas auch ohne große Konsequenzen möglich ist, und damit auf die anderen Länder, gerade wie Portugal oder auch Spanien, dann netter reagieren. Aber auch da glaube ich, dass Irland es möglich hat, selbst in den Griff zu bekommen. Irland war gerade ein Land, das sehr früh angefangen hat, zu kürzen und im Haushalt achtzugeben, und damit, ja, sollte es auch möglich sein, dass sie sich alleine aus der Situation bringen können. Sie sollten es auf jeden Fall nicht unter so einen EU-Rettungsschirm genötigt werden, nur weil andere Länder darauf hoffen, dass sie dann aus der Patsche sind.
Degenhardt: Irland, Portugal und die Bewältigung der Schuldenkrise – Michael Seufert war das, er ist Abgeordneter der konservativen Volkspartei im portugiesischen Parlament. Vielen Dank, Herr Seufert, für das Gespräch!
Seufert: Danke, schönen Tag noch!
Michael Seufert: Guten Morgen!
Degenhardt: Portugal hat auf Druck der EU ein unpopuläres Sparprogramm aufgelegt: Am 24. November, also nächste Woche, soll es endgültig verabschiedet werden. Wird es da einen parteiübergreifenden Konsens in dieser Angelegenheit geben?
Seufert: Ja, die Regierung hat bereits mit der größten Oppositionspartei, mit der sozialdemokratischen Partei eine Möglichkeit gefunden, sich auf eine Einigung zu treffen, und somit wird erwartet, dass der Haushalt wie gesagt nächste Woche mit dieser Partei verabschiedet wird.
Degenhardt: Ziel ist es, das Staatsdefizit bis kommendes Jahr von derzeit 7,3 Prozent auf 4,6 Prozent zu senken. Ist das mit diesem Sparplan machbar?
Seufert: Ja, also ich muss sagen: Meine Partei prägt diesen Haushalt nicht mit, und eine der Sachen, die uns … wo wir uns nicht so sicher sind, ist wirklich, ob die Zahlen der Regierung stimmen können. Wir hoffen und wir glauben, dass die Regierung ihr Bestes tun wird, aber es ist sehr schwer, auf der heutigen europäischen Lage zu … Wir glauben nicht, dass es heute möglich ist, mit der europäischen Lage ein Wachstum zu erreichen, wie es die Regierung voraussagt.
Degenhardt: In Griechenland hat es ja zahlreiche Proteste gegeben gegen die Sparpläne der Regierung. Ist damit eventuell auch in Portugal zu rechnen? Sie haben ja starke Gewerkschaften.
Seufert: Wir haben sehr starke Gewerkschaften, das ist wahr, und es ist auch für nächste Woche ein Generalstreik angesagt, der zum ersten Mal seit glaube ich 20 Jahren alle Gewerkschaften auf ein Boot trifft. Trotzdem ist es mit solchen Protesten wie in Griechenland, vor allem, was wirklich ein bisschen mit Scheiben einschlagen und mit sonstiger Gewalt zu sehen war, nicht zu rechnen. Portugal ist da eher ein ruhiges Land. Aber natürlich: Gewerkschaften und ähnliche Strukturen sagen den Kampf an, gerade wenn es zum Beispiel beim öffentlichen Dienst an die Löhne geht.
Degenhardt: Man hört und liest jetzt, das strukturschwache Portugal habe viele Jahre über seine Verhältnisse gelebt. Wenn das stimmt, hätte dann die Europäische Zentralbank zum Beispiel nicht viel früher reagieren müssen?
Seufert: Der Vorwurf ist durchaus gerecht, wenn wir uns überlegen, dass ein Land wie Portugal sehr lange hohe Defizite hatte und heute eine Staatsverschuldung hat, die eigentlich auf 100 Prozent des Bruttoinlandprodukts definierbar ist. Natürlich war es ja so der Fall, dass vor fünf, sechs Jahren, als eigentlich ein Eingreifen der Europäischen Zentralbank nötig war, ja auch Deutschland und Frankreich sehr stark an den … getroffen hat, und wo die Defizite auch in Deutschland und in Frankreich sehr hoch waren, wollte oder konnte die Bank nicht eingreifen. Aber der Vorwurf ist durchaus gerecht: Brüssel hätte stärker reagieren sollen in der Vergangenheit, und heute trifft es uns damit umso intensiver.
Degenhardt: Und was kann die Europäische Gemeinschaft jetzt tun, um Lissabon zu helfen? Ich meine, ein milliardenschwerer Rettungsschirm stünde ja bereit.
Seufert: Ja, und auf den möchte Portugal gerne verzichten und damit seine Probleme selbst lösen. Und das sollte eigentlich möglich sein. Portugal muss, wie andere europäische Länder auch, ganz einfach vom Kredit absehen, und sehen, dass sich die Wirtschaft selbst finanziert, und das heißt durchaus auch, dass der öffentliche Sektor weniger ausgeben muss, dass wir neue Schulden nicht so intensiv brauchen, dass wir die Defizite reduzieren. Und wenn das alles nicht klappt, dann weiß auch Portugal, dass Europa dasteht, und dann würde Portugal auch auf so ein Paket zurückgreifen.
Degenhardt: Im schlimmsten aller Fälle droht Portugal der Ausschluss aus der Eurozone, also die Rückkehr zum Escudo. Was würde das für das Land bedeuten?
Seufert: Ich muss sagen, ich glaube nicht daran, dass es so weit kommt, und dass so was möglich wäre. Wenn dem so wäre, dann würde es wohl bedeuten, dass die Finanzierung an den internationalen Märkten noch viel schwerer ist, als das heute schon der Fall ist, und es würde wahrscheinlich auch bedeuten, dass Portugal einen Kapitalverlust und Kapitalflucht erfährt. Aber ich muss sagen, so weit wird es nicht kommen.
Degenhardt: Schauen wir noch ganz kurz auf ein anderes Sorgenkind, nämlich auf die Iren. Das verfolgen Sie sicherlich auch sehr aufmerksam. Was empfehlen Sie denn Dublin? Man hat so ein bisschen das Gefühl, dass die anderen Europäer in der Eurozone das Land ein bisschen unter den Rettungsschirm drängen wollen?
Seufert: Das ist wahr, und auch aus der … auch aus Portugal kamen schon solche Bitten, gerade aus Regierungskreisen, man hat das Gefühl, dass, wenn ein Land endlich auf so ein … auf das Paket zurückgreift, dass die Märkte dann verstehen, dass es möglich ist, und dass die Märkte dann verstehen, dass sowas auch ohne große Konsequenzen möglich ist, und damit auf die anderen Länder, gerade wie Portugal oder auch Spanien, dann netter reagieren. Aber auch da glaube ich, dass Irland es möglich hat, selbst in den Griff zu bekommen. Irland war gerade ein Land, das sehr früh angefangen hat, zu kürzen und im Haushalt achtzugeben, und damit, ja, sollte es auch möglich sein, dass sie sich alleine aus der Situation bringen können. Sie sollten es auf jeden Fall nicht unter so einen EU-Rettungsschirm genötigt werden, nur weil andere Länder darauf hoffen, dass sie dann aus der Patsche sind.
Degenhardt: Irland, Portugal und die Bewältigung der Schuldenkrise – Michael Seufert war das, er ist Abgeordneter der konservativen Volkspartei im portugiesischen Parlament. Vielen Dank, Herr Seufert, für das Gespräch!
Seufert: Danke, schönen Tag noch!