Hass gegen Gamerinnen
05:37 Minuten
In den Communitys von Onlinespielen wird gerne mal geschimpft und beleidigt. Ausgeteilt wird vor allem gegen Spielerinnen. Deswegen geben sich viele gar nicht erst als Frauen zu erkennen.
"Digitale Spiele wurden ganz lange und traditionell als Medium für heterosexuelle junge Männer produziert und galten dadurch eben auch in der öffentlichen Wahrnehmung als eher männlich kodiertes Hobby", sagt Finja Walsdorff. Sie promoviert an der Uni Siegen im Fach Medienwissenschaft zum Thema "Women and Games" und beschreibt die sehr männerfokussierte Geschichte von Games. "Das kam zum Beispiel in der Werbung und in den Inhalten zum Ausdruck. Das heißt, in der Werbung haben wir ja ganz lange keine spielenden Frauen gesehen und in den Spielen selbst auch keine Protagonistinnen oder Heldinnen, die da in Erscheinung getreten sind."
Stattdessen gab es bis vor einigen Jahren in und um Spiele viele weiße Männer: Hinter dem Bildschirm muskelbepackte Helden, davor nerdige Gamer. Die zu rettenden Frauenfiguren waren währenddessen oft unnatürlich kurvig und sehr knapp bekleidet.
Computerspiele als Männerdomäne
Inzwischen hat sich einiges geändert: Starke, nicht sexualisierte Frauenfiguren treten heute in vielen Spielen auf, wenn sie nicht sogar den Ton angeben. Und die Entwickler brüsten sich auch gerne damit, ihre Spiele diverser und inklusiver zu gestalten. So lockt es mittlerweile immer mehr Spielerinnen in die virtuellen Welten, die bisher fast exklusiv von Männern bewohnt wurden.
"Aber Teile der männlichen Spielerschaft haben damit immer noch ein Problem", so Finja Walsdorff. "Für sie ist dieses Gamer-Sein eine Identität – und die Spielkultur eine Art Männerdomäne, die dann zum Beispiel durch feministische Diskurse rund um das digitale Spiel bedroht wird. Und auf diese Angst oder diese Bedrohung wird dann oft mit Ablehnung und einer Abwertung von Weiblichkeit reagiert – und zum Teil eben auch mit Aggression."
"Aber Teile der männlichen Spielerschaft haben damit immer noch ein Problem", so Finja Walsdorff. "Für sie ist dieses Gamer-Sein eine Identität – und die Spielkultur eine Art Männerdomäne, die dann zum Beispiel durch feministische Diskurse rund um das digitale Spiel bedroht wird. Und auf diese Angst oder diese Bedrohung wird dann oft mit Ablehnung und einer Abwertung von Weiblichkeit reagiert – und zum Teil eben auch mit Aggression."
"Einfach, weil wir Frauen sind"
"In verschiedenen Communitys habe ich schon öfters mitbekommen, dass halt jetzt nicht nur gegen mich, sondern auch gegen andere Frauen, schon öfter negative Kommentare gefallen sind, Beleidigungen gefallen sind, halt aufgrund unseres Geschlecht", erzählt die Sawlties. "Das hat ja jetzt nichts mit unserem Skill zu tun, das ist wichtig zu betonen. Das hat auch nichts mit unserem Verhalten an sich zu tun, sondern: Es war einfach nur, weil wir eine Frau sind."
Sawlties ist Streamerin. Das heißt, sie "sendet" die Videos ihrer Spielsessions auf Youtube beziehungsweise auf Twitch. Sie spielt vor allem "Call of Duty: Warzone", einen sehr kompetitiven Militär-Shooter. Und sie ist gut darin.
"Dann gibt es auch häufig Leute, die so etwas sagen wie: du Fotze, du Hure. Es kann gut sein, dass einige Männer sich oft angegriffen fühlen, wenn Frauen besser sind als sie in Spielen – und es dann halt als Beleidigung, sag ich mal, rauslassen, weil das dann der einzige Ausweg ist, die Frau runterzumachen."
Deshalb geben sich viele Spielerinnen in Onlinespielen mit Voice-Chat nicht zu erkennen, sprechen also einfach nicht. Medienwissenschaftlerin Walsdorff sieht es jedoch kritisch, wenn Frauen sich so selbst zum Schweigen bringen. "Was eine sehr verständliche Reaktion ist, aber auf jeden Fall nicht die Lösung des Problems sein kann. Da würde ich dann doch eher zu Solidarität und gegenseitiger Unterstützung aufrufen wollen."
"Dann gibt es auch häufig Leute, die so etwas sagen wie: du Fotze, du Hure. Es kann gut sein, dass einige Männer sich oft angegriffen fühlen, wenn Frauen besser sind als sie in Spielen – und es dann halt als Beleidigung, sag ich mal, rauslassen, weil das dann der einzige Ausweg ist, die Frau runterzumachen."
Deshalb geben sich viele Spielerinnen in Onlinespielen mit Voice-Chat nicht zu erkennen, sprechen also einfach nicht. Medienwissenschaftlerin Walsdorff sieht es jedoch kritisch, wenn Frauen sich so selbst zum Schweigen bringen. "Was eine sehr verständliche Reaktion ist, aber auf jeden Fall nicht die Lösung des Problems sein kann. Da würde ich dann doch eher zu Solidarität und gegenseitiger Unterstützung aufrufen wollen."
Protest gegen raue Umgangsformen
Allerdings regt sich immer mehr Protest gegen die rauen Umgangsformen in manchen Onlinespielen, deren kommunikative Räume übrigens nicht durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz geschützt sind. Laut Jörg Adami, Geschäftsführer der eSport Player Foundation, ändert sich allerdings langsam die Haltung der Spielverlage und -betreiber.
"Das Thema ist bei den Publishern angekommen. Die Jungs haben verstanden, dass es ihrem Geschäft schadet. Und das ist in der Regel halt das, was sie am ehesten auch wahrscheinlich schnell zum Einschreiten bringt."
Ob das Lippenbekenntnisse sind, bleibt abzuwarten, denn welches Risiko ist größer? Potenzielle Neukunden durch toxische Communitys abzuschrecken – oder eben jenen Teil der aktiven Spielerschaft verlieren, der genau diesen giftigen Ton pflegt. In anspruchsvollen, aufregenden Spielen ist es natürlich, dass manche im Affekt verbal über die Stränge schlagen. Aber Sawlties betont: "Es ist normal, dass man sich beim Game irgendwie beleidigt. Aber das kann ja nicht sein, dass ist irgendwie bei Frauen vermehrt auftritt, weil man halt wirklich geschlechtsspezifisch ist."
Ob und wie sich das Verhalten gegenüber Frauen in Games künftig verändert, hängt von vielen Faktoren ab, von gesellschaftlichem Sexismus, von Kommunikationsstrukturen in Spielen, vom Engagement der Community und vor allem der Industrie.
Ob und wie sich das Verhalten gegenüber Frauen in Games künftig verändert, hängt von vielen Faktoren ab, von gesellschaftlichem Sexismus, von Kommunikationsstrukturen in Spielen, vom Engagement der Community und vor allem der Industrie.