In der Kategorie "durchschnittliche sexistische Begriffe pro Song" lagen SXTN mit 7,6 vorn, gefolgt von "Hustensaft Jüngling" mit 6,8 sowie SpongeBOZZ, Frauenarzt und Schwartz mit je 5,7. Den höchsten Anteil an sexistischen Songs im Gesamtrepertoire haben der Analyse zufolge Frauenarzt (77 Prozent), King Orgasmus One (73 Prozent), SpongeBOZZ (72 Prozent) und ShimmyMC (71 Prozent).
"Den Begriff 'Fotze' zur Selbstermächtigung genutzt"
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Die sexistischsten Deutschrapper sind zwei Frauen: SXTN verwenden einer "Spiegel"-Analyse zufolge die meisten sexistischen Begriffe pro Song. Das zeige, dass man mit Untersuchungen auf der "Ein-Wort-Textebene" nicht weit kommt, meint Alex Barbian.
Etwa 30.000 Songtexte aus vier Jahrzehnten Deutschrap hat das Magazin "Der Spiegel" auf sexistische Ausdrücke hin untersucht – mit durchaus überraschendem Ergebnis. Denn die meisten sexistischen Begriffe pro Song finden sich bei zwei Rapperinnen: dem Duo SXTN.
Für den Musikjournalisten Alex Barbian ist das vor allem ein Zeichen dafür, dass die "Spiegel-Analyse "nicht besonders wertvoll" ist und dass man bei der Prüfung von Deutschrap auf seinen Sexismus hin nicht auf einer "Ein-Wort-Textebene" stehen bleiben darf.
"Ein zutiefst feministischer Ansatz"
"SXTN haben Begriffe wie 'Fotze' mehr zur Selbstermächtigung genutzt", betont Barbian. Das Duo sei die "offensive Antwort" auf eine jahrzehntelang männerdominierte Szene gewesen, in der Frauen kaum eine Chance gehabt hätten, oben mitzuspielen: "SXTN, also Juju und Nura, haben die Tür für viele weitere weibliche Künstlerinnen erst eingetreten, also sich ein Vokabular zu eigen gemacht, um zu provozieren und die Szene auf ihre Misogynie hinzuweisen, also mit einem zutiefst feministischen Ansatz."
Umgekehrt erfasse eine solche Analysemethode subtileren Sexismus nicht, worauf allerdings auch der Spiegel-Artikel selbst hinweist: Dort werde die Journalistin Salwa Houmsi mit einer Songzeile von Cro zitiert, sagt Barbian.
"Der hat mit seinem großen Erfolgssong 'Easy' damals die Line gerappt, 'und wenn sie heiraten will und nach drei Tagen Chillen schon dein ganzes Haus und deinen Leihwagen will – erschieß sie'. Was jetzt zum Beispiel ein Song ist, der sicherlich nicht in der Statistik auftaucht, aber ein zutiefst sexistisches, frauenverachtendes Klischee in sich trägt."
Bei aller Kritik an der "Spiegel"-Untersuchung biete der Text aber "eine vernünftige Übersicht über die verschiedenen Spielarten von sexistischem Vokabular im Rap", sagt Barbian. "Ich gehe zum Beispiel auch bei der Einschätzung mit, dass die Aggro-Berlin-Ära zu Beginn der Jahrtausendwende das Genre durch einen dann doch sehr latenten Einsatz von sexistischen Begriffen gebrandmarkt und stark beeinflusst hat."
(uko)