Sexualisierte Gewalt gegen Kinder

Auch Jugendliche verbreiten die furchtbaren Bilder

10:32 Minuten
Illustration: Eltern stehen vor einer quadratisch geformten Backsteinmauer, die Ihren Sohn umringt. Dieser schaut widerum gebannt auf sein Handy.
Sehr früh mit Kindern über Grenzüberschreitungen sprechen und später auch mal gemeinsam in die Handy-Chats schauen - das rät Tanja von Bodelschwingh. © imago / Ikon Images / John Holcroft
Tanja von Bodelschwingh im Gespräch mit Nicole Dittmer · 30.05.2022
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Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der gemeldeten Fotos und Videos, auf denen sexualisierte Gewalt gegen Kinder zu sehen ist, fast verdoppelt. Geteilt werden sie auch immer häufiger unbedacht von Jugendlichen. Was können Eltern dagegen tun?
Eine „widerliche Form der Kriminalität“ nannte Bundesinnenministerin Nancy Faeser sexualisierte Gewalt gegen Kinder, als sie den neuen Bericht des Bundeskriminalamts vorstellte. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik ist die Zahl der Opfer sexualisierter Gewalt im Jahr 2021 deutlich angestiegen, auf über 17.700: „Im vergangenen Jahr wurden jeden Tag durchschnittlich 49 Kinder Opfer sexualisierter Gewalt. Das sind zwei mehr als noch im Jahr davor“, führte BKA-Präsident Holger Münch aus.

In Köln hat wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs von Kinder-Fotomodellen der Prozess gegen den bekannten Fotografen Achim Lippoth begonnen. Auch die Kinderschutzorganisation "Innocence in Danger" arbeitete vor Jahren mit dem Fotografen zusammen. Wir haben mit der Geschäftsführerin Julia von Weiler gesprochen.

Mehr als verdoppelt haben sich die Missbrauchsdarstellungen: 39.000 Fälle wurden im vergangenen Jahr gemeldet. Häufig würden solche Bilder und Videos unbedacht per Messenger-Dienst, WhatsApp oder TikTok weitergeleitet, sagt Münch. Und immer häufiger täten dies auch Kinder und Jugendliche. Sie machten mittlerweile 40 Prozent der Tatverdächtigen aus.

Wissen sie, was sie tun?

Die meisten dieser Jugendlichen realisierten überhaupt nicht, was sie tun, sie nähmen das Netz und die Bilder nicht ernst und hielten diese für einen Fake, sagt Tanja von Bodelschwingh, Vorstandsmitglied im Verein "Nationale Infoline, Netzwerk und Anlaufstelle zu sexualisierter Gewalt an Mädchen und Jungen" (N.I.N.A.).
Entsprechend wichtig sei es, dass sich Eltern mit ihren Kindern bei der Anschaffung eines Handys und entsprechender Apps auf bestimmte Regeln verständigten. WhatsApp sollte eigentlich erst ab 16 Jahren genutzt werden. Wenn Kinder die App schon früher nutzen wollten, sei es durchaus legitim, gemeinsam mit ihnen in die Chats zu gucken, meint von Bodelschwingh.

Mediennutzung trainieren wie Fahrradfahren

Die Sozialpädagogin vergleicht das mit dem Fahrrad, das man Kindern schenkt: „In der Regel gibt es auch noch einen Helm dazu. Man begleitet das Kind erstmal beim Fahren, bespricht Verkehrsregeln. Dann kommt irgendwann noch die Fahrradprüfung und ein Polizist und nimmt die ab. Dann wird noch ein Test geschrieben. Das Kind wird wirklich vorbereitet.“
Gemeinsam gelte es, Möglichkeiten und Grenzen auszuloten, sagt von Bodelschwingh. Auch über sexualisierte Gewalt könne man schon sehr früh und konkret mit Kindern sprechen, durchaus schon im Kindergarten: „Natürlich würde man das anders benennen und altersgerecht aufbereiten.“

Das Bewusstsein der Kinder schärfen

Es gehe darum, das Bewusstsein der Kinder zu schärfen für Handlungen und Verhaltensweisen Erwachsener, die nicht okay seien und sich komisch anfühlten: „Die wichtigste Botschaft ist: Das sind Grenzüberschreitungen, die vielleicht auch nach und nach passieren. Und häufig sind das auch keine Fremdtäter, sondern Menschen, die man gut kennt, die man vielleicht auch gerne mag, wo es noch schwerer ist, dass man das als Grenzüberschreitung wahrnimmt."

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