"Keine Belege für abschreckende Wirkung"
Kinderpornografie soll künftig härter bestraft werden, so sieht es ein heute vom Bundeskabinett verabschiedeter Gesetzentwurf vor. Doch schrecken höhere Strafen wirklich ab? Der Strafrechtler Joachim Renzikowski ist skeptisch und fordert eine bessere Präventionsarbeit an Schulen.
Die Bundesregierung hat heute eine Reform des Sexualstrafrechts beschlossen. Damit soll der Besitz von Kinder- und Jugendpornografie schärfer als bisher geahndet werden. Auch die unbefugte Herstellung und der Handel mit Nacktbildern von Kindern sollen künftig strafbar sein.
Joachim Renzikowski, Professor für Sexualstrafrecht und Allgemeines Strafrecht an der Universität Halle, beurteilt die Wirksamkeit der neuen Gesetze mit Skepsis. Die Möglichkeiten des Strafrechts würden überschätzt, sagte er im Deutschlandradio Kultur:
"In der Öffentlichkeit und in der Politik ist die Auffassung weit verbreitet, dass höhere Strafen Straftäter abschrecken. Aber dafür gibt es in der kriminologischen Forschung überhaupt keine Belege."
Mehr Prävention an Schulen
Zum Schutz vor Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch sei eine bessere Präventionsarbeit an Schulen notwendig, forderte Renzikowski. Solche Schulungen fänden meist nur in Kindergärten und in Grundschulen statt. An weiterführenden Schulen werde darüber allerdings kaum noch gesprochen:
"Auch nicht über den Umgang von Jugendlichen untereinander. Hier finden ja auch ganz schön viele Grenzverletzungen und Unvorsichtigkeiten statt. Denken Sie nur an die Unsitte, dass Jugendliche untereinander Nacktbilder machen und sie dann auch posten."
Die Verjährungsfrist für sexuelle Gewalt gegen Kinder wird mit der heutigen Reform des Sexualstrafrechts verlängert, die Höchststrafe für den Besitz von Kinderpornographie von zwei auf drei Jahre erhöht. Zudem soll die gezielte Anbahnung sexueller Kontakte zu Minderjährigen im Internet, das sogenannte Grooming, unter Strafe gestellt werden.
Mit der Neuregelung zieht die Bundesregierung auch die Konsequenzen aus dem Fall des früheren SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy, der ursprünglich wegen des Besitzes nicht eindeutig pornografischer Aufnahmen in die Schlagzeilen geraten war. Inzwischen ist er wegen Kinderpornografie angeklagt.