Große Koalition will schärfere Gesetze
Nach den sexuellen Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln und in anderen deutschen Städten will die Große Koalition zügig die Gesetze verschärfen. Vor allem das Sexualstrafrecht weist laut Bundesjustizminister Heiko Maas erhebliche Lücken auf.
Eines sei nach den Ereignissen der Kölner Silvesternacht besonders gefordert, so der Vorsitzende der Innenministerkonferenz Klaus Bouillon im Deutschlandfunk: "Es wird sicherlich nach den Vorkommnissen ganz wichtig sein, dass solche Vorfälle nicht mehr vorkommen, weil sonst verlieren die Menschen das Vertrauen in den Rechtsstaat."
Und dieses Vertrauen in den Rechtsstaat soll nun offenbar vor allem durch strengere Gesetze untermauert werden. Schon am Montag möchte die CDU mit der SPD über Gesetzesverschärfungen sprechen. "Wir gehen davon, dass wir jetzt wesentlich schneller in der Umsetzung der Pläne vorankommen müssen" sagte Thomas Strobl, Vizechef der Unions-Bundestagsfraktion der dpa. Die Ereignisse von Köln und an anderen Orten in der Silvesternacht zwingen zu einem schnellen Handeln, begründete Strobl das Tempo.
"Schweres strafrechtliches Unrecht"
Anlass zu raschem Handeln sieht auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Es wäre falsch, wenn die schlimmen Gewaltexzesse zum Gegenstand einer ideologischen Auseinandersetzung in der Koalition werden, sagte Oppermann. Er sei zuversichtlich, dass die SPD-Forderungen nach mehr Personal und mehr Videoüberwachung schnell entschieden werden können. Wir werden überdies unvoreingenommen prüfen, ob wir an der Rechtslage etwas ändern müssen, so Oppermann weiter.
"In Köln gab es ein Vollzugsdefizit. Es ist kein Zweifel daran zu äußern, dass all diese Taten schweres strafrechtliches Unrecht waren", sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, gegenüber diesem Sender. Die Polizei in Köln sei offenbar nicht in der Lage gewesen, die Bürgerinnen und Bürger ausreichend zu schützen. Darum seien nicht neue Gesetze die Lösung, sondern eine bessere Polizeiarbeit vor Ort, so Beck: "Also Zeichen setzen als Motto für die Gesetzgebung ist symbolische Gesetzgebung. Und damit suggeriert die Politik auch, dass die Lösung in einem Bereich liegt, wo sie bei manchen Problemen einfach nicht liegt."
Opposition gegen Gesetzesänderungen
Neben den Grünen spricht sich auch die Partei Die Linke gegen Gesetzesänderungen aus und verweist auf bestehende Gesetze, die konsequent angewendet werden müssten. Ähnliche Forderungen sind auch von Vertretern des linken SPD-Parteiflügels zu hören wie etwa dem Vizevorsitzenden Ralf Stegner oder dem Berliner Landeschef Jan Stöß.
Doch die Spitzen der Koalition sehen das offenbar anders. Allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie hatte bei der Vorstandsklausur der CDU in Mainz betont, dass es Änderungsbedarf gebe bei den Gesetzen: "Das ist im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Aber das ist genauso im Interesse der großen Mehrheit der Flüchtlinge, die bei uns sind und deshalb ist das absolut richtig." Die Große Koalition will die Gespräche über Gesetzesänderungen nun auf Ebene der Innen- und Rechtspolitiker führen. Abschiebungen erleichtern ist ein Punkt dabei, aber auch Videoüberwachung und ein besserer Schutz von Polizisten sollen Thema sein. Zudem wird es um die schon länger geplante Verschärfung des Sexualstrafrechts gehen, denn hier gebe es bisher Lücken, so Bundesjustizminister Heiko Maas: "Und diese Schutzlücken wollen wir jetzt schließen. Wir wollen in Zukunft, was bisher nicht ging, auch wegen Vergewaltigung verurteilen, wenn eine Frau zwar widersprochen hat, aber sich nicht gewehrt hat, etwa aus Angst."
Politik will Zeichen setzen
Nach der Silvesternacht in Köln will die Politik ein Zeichen setzen. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz Bouillon räumte derweil im Deutschlandfunk ein, dass schnellere Ausweisungen nicht die entscheidende Antwort sein könnten: "Natürlich versucht der eine oder andere abzulenken. Das eigentliche Problem ist doch folgendes - und da müssen wir ehrlich sein: Wir haben ja in Deutschland genügend Beispiele dafür, wo die Integration nicht funktioniert hat. Die Erfahrung zeigt doch, dass viele dieser Menschen, die die Attentate begehen, die kriminell werden, nicht angekommen sind in dem Land, in dem sie leben. Wenn man nicht ankommt, wenn man, wie in den Banlieues in Frankreich lebt, wenn man keine Perspektive hat, das ist der Nährboden für Unruhe und für Gewalttätigkeiten."
SPD-Parteichef Sigmar Gabriel plädiert gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland für eine Paketlösung. Genauer: Für die Bekämpfung der Kriminalität, aber auch für die Bildung und Integration, sagte der Vizekanzler.