Mehr Licht ins Dunkel?
Anfang 2013 scheiterte die Deutsche Bischofskonferenz mit dem Versuch, sexuellen Missbrauch Minderjähriger in der katholischen Kirche wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen. Nun nehmen die Bischöfe einen erneuten Anlauf.
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann ist seit vier Jahren der Missbrauchsbeauftragte der Katholischen Kirche in Deutschland. Auf den Weg gebracht hat er bisher einiges: eine Missbrauchshotline für Betroffene, psychologische Beratung und auch Entschädigungen für Opfer. Was bisher fehlt: eine unabhängige wissenschaftliche Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der Kirche. Stephan Ackermann:
"Wir sind es auch – ich würde sagen, vor allem auch – den Betroffenen schuldig, die darauf hoffen, dass die katholische Kirche sich auch in wissenschaftlich-systematischer Hinsicht der Aufarbeitung stellt."
Ein erster Anlauf dazu war Anfang 2013 zunächst gescheitert. Der seinerzeit mit der Studie beauftragte Hannoveraner Kriminologe Christian Pfeiffer bekam Akten nicht, die er für den Forschungsauftrag brauchte. Pfeiffer witterte Zensur und schmiss hin. Man habe diese Pleite aufgearbeitet, betont Bischof Ackermann gegenüber Radio Vatikan:
"Wir haben natürlich gelernt aus diesen Vorgängen um Professor Pfeiffer und das Forschungsinstitut in Hannover. Ich glaube, man muss schon bedenken, dass sowohl für den Professor Pfeiffer als auch für uns natürlich sich im Verlauf der Planung, der Vorbereitung des Forschungsprojektes auch Fragen gezeigt haben, die man so nicht im Blick hatte, wenn man ich mal an die ganzen Fragen des Datenschutzes denke. Da haben wir wirklich draus gelernt. Und die Erfahrung geht natürlich jetzt in den Neustart des Projektes mit ein."
Forschungskonsortium wird in Bonn vorgestellt
Dieser Neustart erfolgt jetzt nach einer öffentlichen Ausschreibung des Aufarbeitungsprojektes. Das neue Forschungskonsortium, das nun an den Start gehen soll, wird heute in Bonn vorgestellt. Ziel sei es, dass auch die Kirche als Institution, die die Übergriffe auf Minderjährige nicht verhindert hat, in der Studie in den Blick genommen wird, so Bischof Ackermann:
"Das sind keine Zufallstaten, das haben wir ja immer schon in den letzten Jahren gesehen. Sondern die Täter versuchen sich das Vertrauen zu erschleichen von Tätern und Jugendlichen. Das jemand, dem ein besonderes Vertrauen entgegen gebracht wird als Priester, als Seelsorger. Der jemand ist, an den sich Menschen wenden in besonders schwierigen Situationen, wo ich Hilfe erwarte und erwarten darf, das ausgerechnet dieser Vertrauensvorschuss der da ist, missbraucht wird, ist das besonders perfide und für mich als Bischof auch das Abscheuliche daran."
Wenn die Ergebnisse der Studie vorliegen, stellt sich die Frage nach den Konsequenzen. Und die könnten am Ende auch dazu führen, dass Riten verändert werden, etwa die Ohrenbeichte im dunklen Beichtstuhl ohne Zeugen. Doch zunächst einmal muss auch nach vier Jahren der Aufarbeitung immer noch wissenschaftliche Grundlagenforschung betrieben werden, räumt Stephan Ackermann im Interview mit Radio Vatikan ein:
"Zunächst geht es erst einmal noch mal darum, verlässliches Zahlenmaterial zu bekommen. Worüber reden wir denn. Es gibt ja Grenzverletzungen, die aber nicht gleichzusetzen sind mit Pädophilie. Und wir haben ja auch schon negative Erfahrungen gemacht, wenn Bistümer oder Ordensgemeinschaften Zahlen nennen und das wirklich in aller Offenheit tun, dass sie dann falsch interpretiert werden. Also es geht wirklich darum, zu sagen: Worüber sprechen wir, dass das wirklich auch vergleichbar und belastbar ist."
Es scheint also, dass Bischof Ackermann als Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz noch längst nicht am Ende des Weges angekommen ist. Ab heute hat er jedoch wieder unabhängige Wissenschaftler an seiner Seite.