Sturm in Whitehall
Ein Drama über einen gestürzten Herrscher vor einem König aufführen? William Shakespeare sollte dies auf Wunsch von James I. tun. Über die Schwierigkeiten von Theater und Politik in Zeiten des Umbruchs.
Oktober 1611. England steht noch immer unter den Nachwirkungen der Pulververschwörung, des vereitelten Sprengstoffanschlags, der Königshaus und Parlament auslöschen sollte und in letzter Minute verhindert werden konnte. Die Agenten Seiner Majestät haben ihre Ohren überall und nutzen den willkommenen Vorwand, um jede Kritik an der Herrschaft des Königs und seiner Beamten zu überwachen.
In dieser unruhigen Zeit werden die King`s Men von Richard Burbage und William Shakespeare aufgefordert, ihr neues Stück "Der Sturm" vor König James I. zu Allerheiligen im Palast von Whitehall zu spielen. Die Ehre ist ebenso groß wie bedenklich. Nicht nur, dass in dem Stück der alte Rat Gonzalo eine Utopie von einem Inselstaat ohne König, Beamte, Besitz und Kriege entwirft, es gibt auch Fragen nach der Rolle der Magie und der Darstellung des nackten Wilden Caliban.
Aufführung voller Geheimnisse
Und ist es überhaupt eine gute Idee, ein Stück, das den Sturz eines Herrschers zum Thema hat, vor einem König aufzuführen, der gerade ein Attentat überlebt hat? Außerdem fragt man sich am Hof, wer wohl die geheimnisvolle Dark Lady sein könnte, an die Shakespeare seine soeben erschienen Sonnetten gerichtet hat. Und was hat es mit jenem geheimnisvollen Pförtnerhaus auf sich, das einst zum Blackfriars-Kloster gehörte und in dem sich angeblich spanische Spione mit englischen Katholiken getroffen haben? Warum wollen Burbage und Shakespeare ausgerechnet dieses Haus kaufen und in dem alten Refektorium Theater spielen? Gab es nicht schon einmal in London einen Theaterabend, der zum Sturz von Königin Elizabeth führen sollte?
Der junge Beamte Robert Fletcher, linke Hand des königlichen Zensors und Theater-Enthusiast, will unbedingt hinter die Kulissen dieser Geheimnisse kommen, seitdem er das neue Stück gelesen hat. Und William Shakespeare hat auch noch einen merkwürdigen Fremden zu dieser Aufführung eingeladen. Ein Feature über die Schwierigkeiten von Theater, Poesie und Politik in Zeiten des Umbruchs aus Anlass von William Shakespeares 450. Geburtstag am 23. April 2014.
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