Shane O´Mara: "Das Glück des Gehens"

Ohne Gehen keine Kultur

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Cover Shane O´Mara: "Das Glück des Gehens. Was die Wissenschaft darüber weiß und warum es uns so guttut" vor Aquarell-Hintergrund
Als begeisterter Spaziergänger und Wanderer hat der irische Professor Shane O´Mara eine umfassende Hommage auf das Gehen verfasst. © Rowohlt / Deutschlandradio
Von Michael Lange |
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Shane O´Mara ist Neurowissenschaftler und leidenschaftlicher Spaziergänger. In seinem wunderbar abwechslungsreichen Sachbuch "Das Glück des Gehens" erzählt er davon, warum der aufrechte Gang so entscheidend für uns Menschen ist.
Wenn wir gehen, richten wir den Blick nach vorne. Wir lassen die Gedanken schweifen und haben die Hände frei, um die Welt zu ertasten und um Werkzeuge zu benutzen. Ohne Gehen keine Kultur. Ohne aufrechten Gang wären wir Menschen nicht so weit gekommen. Nur, weil wir zu Fuß große Strecken bewältigen können, konnten wir uns weltweit verbreiten.
Als begeisterter Spaziergänger und Wanderer hat der irische Professor Shane O´Mara eine umfassende Hommage auf das Gehen verfasst. Mit vielen Beispielen liefert er Argumente für das gemeinsame Spazieren, aber auch für das einsame Schlendern, das Wandern durch die Natur oder durch die Stadt.

Im Mittelpunkt steht die Wissenschaft

Er beginnt seine Kapitel meist mit persönlichen Erlebnissen, fährt fort mit Ereignissen aus der Geschichte oder Zitaten aus der Literatur. Im Mittelpunkt aber steht die Wissenschaft. Der irische Neurowissenschaftler fasst zahlreiche Studien zusammen, die immer wieder zu ähnlichen Ergebnissen kommen: Gehen ist gesund, es fördert das kreative Denken und gehört ganz allgemein zum Menschsein.
Für Neurowissenschaftler und Kognitionsforscher ist es jedoch nicht so leicht, die Arbeit des Gehirns beim Gehen zu messen. Denn in den großen Apparaten zur Bildgebung muss das Gehirn fixiert werden, um die Aktivität der Nervenzellen millimetergenau zu bestimmen.
Viele Denkprozesse sind jedoch auf die Bewegung des Körpers angewiesen. Heute wird das oft vergessen, wenn wir unser Gehirn mit einem Computer vergleichen. Aber griechische Philosophen der Antike, Mönche im Mittelalter und einige Gelehrte der Neuzeit kannten diesen Zusammenhang sehr gut. "Ich kann nur im Gehen denken", schrieb Jean-Jacques Rousseau.

Zusammenhänge zwischen Denken und Gehen verstehen

O´Mara versucht den Zusammenhang zwischen Denken und Gehen zu verstehen. Dabei unterscheidet er zwischen verschiedenen Denkprozessen. Zum konzentrierten, fokussierten Denken, wie es zum Lösen einer Rechenaufgabe nötig ist, oder wenn wir uns konzentrieren müssen, bleiben wir besser stehen. Wenn es aber darum geht, Ideen zu entwickeln und Zusammenhänge zu erkennen, ist Stehen besser als Sitzen und Gehen besser als Stehen. Nie haben die Gedanken so viel Freiheit wie beim Gehen. Dabei ist die Umgebung keinesfalls irrelevant.
Am besten fließen die Gedanken in der Natur oder in naturnahen Landschaften. Aber auch das Gehen in der Stadt fördert die Kreativität. Nur leider haben sich die Bedingungen für Fußgänger in den vielen Städten verschlechtert, so der Autor. Die italienische Stadt Bologna präsentiert Shane O´Mara als lobenswerte Ausnahme. Aber auch seine Heimatstadt Dublin biete viele Möglichkeiten, dem wachsenden Autoverkehr aus dem Wege zu gehen. Sein vielseitiges Buch jedenfalls macht große Lust, die eigene Stadt, das Dorf oder das Umland zu Fuß zu erkunden.

Shane O´Mara: "Das Glück des Gehens. Was die Wissenschaft darüber weiß und warum es uns so guttut"
Aus dem Englischen übersetzt von Hainer Kober
Rowohlt, Hamburg 2020
256 Seiten, 22 Euro

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