Sicherheit

Brüchige Partnerschaft

Von Marcus Pindur |
Das Verhältnis der Obama-Regierung zum afghanischen Präsidenten Karsai ist seit dessen Weigerung, ein Sicherheitsabkommen zu unterzeichnen, angespannt. Für weiteren Zündstoff sorgt jetzt die Meldung, dass Karsai seit Monaten Geheimgespräche mit den Taliban führt.
Bei seinem Besuch in Washington vor etwa einem Jahr hatte Karsai noch zugesagt, dass Sicherheitsabkommen mit den USA zu unterzeichnen. Es wäre die politische und rechtliche Grundlage für die weitere Stationierung von amerikanischen und NATO-Truppen in Afghanistan über 2014 hinaus. Diese etwa 10- bis 12.000 Soldaten sollen die afghanischen Sicherheitskräfte ausbilden und Anti-Terroroperationen durchführen. Karsai hatte jedoch immer neue Forderungen aufgestellt und die Unterzeichnung des Abkommens verweigert.
Präsident Obama hatte gestern die militärische Führung ins Weiße Haus bestellt, um über die Zukunft der amerikanischen Afghanistan-Mission zu beraten. Über den Inhalt der Beratungen ließ das Weiße Haus zunächst nichts verlauten.
Obama hatte noch in seiner State of the Union Rede erklärt, die USA würden Afghanistan weiter unterstützen, die afghanische Regierung müsse aber das Sicherheitsabkommen unterzeichen.
"After 2014, we will support a unified Afghanistan as it takes on its own future. If the Afghan government signs a security agreement, which we have negotiated, a small force of Americans could remain in Afghanistan, with Nato Allies."
Obama verliert die Geduld
Doch klar ist, dass Obama die Geduld verliert. Man habe jahrelang über das Sicherheitsabkommen verhandelt und die Loja Dschirga, die afghanische Ratsversammlung, habe dem Vertrag zugestimmt, so Präsidentensprecher James Carney.
"Die Aufgabe der US- und NATO-Truppen in Afghanistan nach 2014 wäre allein die Ausbildung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte und die Terrorbekämpfung. Damit das geschehen kann, muss das Sicherheitsabkommen unterzeichnet werden. Je länger das hinausgezögert wird, desto schwieriger ist es, für diese Aufgabe vorauszuplanen. Das ist eine Frage von Wochen, nicht Monaten."
Unterdessen hat der Sprecher des afghanischen Präsidenten Karzai einen Bericht der "New York Times" bestätigt, demzufolge Karzai seit November geheime Gespräche mit den Taliban führt. Sie hätten allerdings keine Ergebnisse gebracht, hieß es aus der Umgebung Karzais.
Die amerikanische Regierung sieht einen Zusammenhang zwischen diesen Verhandlungen und der beharrlichen Weigerung Karzais, das Sicherheitsabkommen mit den USA auszuhandeln, das auch die Grundlage für eine eventuelle weitere Stationierung von deutschen Ausbildern in dem Land wäre.
Es gilt als offenes Geheimnis, dass weder der Sicherheitsberater Karzais noch der afghanische Verteidigungsminister glücklich darüber sind, dass Karzai sich weigert, das Sicherheitsabkommen mit den USA zu unterzeichnen. Sie seien nicht die einzigen, die mit Karsais Vorgehen nicht einverstanden seien, erklärte der ehemalige afghanische Vizeaußenminister Mahmoud Saikal am Rande einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Washington. Karzai versuche, seine Machtposition zu behalten - auch nach den Präsidentschaftswahlen, zu denen er nicht mehr antreten kann.
Karzais Hinhaltetaktik
"Er will die internationale Gemeinschaft und besonders die USA aus den Wahlen heraushalten. Er will, dass die internationale Gemeinschaft Wahlmanipulationen nicht zur Kenntnis nimmt oder sie gar verurteilt. Es ist gut, das die USA und ihre Alliierten bis jetzt immer gesagt haben, dass die Rechtmäßigkeit der Wahl entscheidend ist und dass sie keine Wahlfälschungen dulden würden."
Verhandlungen mit den Taliban hätten auch in der Vergangenheit nichts gebracht, so der ehemalige afghanische Diplomat weiter. Karzai wolle sich mit seiner Hinhaltetaktik bei der afghanischen Bevölkerung als starker Opponent der USA profilieren.
Doch das schadet seinem Land. Die Unterstützung Afghanistans ist im amerikanischen Kongress ohnehin nicht beliebt, die zivilen Hilfen für das Land wurden bereits um die Hälfte zurückgefahren.
Die Stabilisierung Afghanistans auch nach dem Ende der derzeitigen Kampfmission ist eines der zentralen Ziele der internationalen Truppensteller. Sie befürchten, dass sich ohne eine Anschlussmission zur Unterstützung der afghanischen Streitkräfte die Sicherheitslage in Afghanistan deutlich verschlechtern würde und viele Fortschritte der letzten Jahre rückgängig gemacht würden.
Mehr zum Thema