"Sie wob ihr Netz aus Gift ..."

Von Rolf Cantzen |
In seinen Metamorphosen lässt Ovid keinen Zweifel: Im Spinnen sind die Menschen den Göttern überlegen. Die Spinnerin Arachne webt Stoffe mit lebensechten Bildern und provoziert die für die Künste zuständige Göttin Athene zu einem Wettstreit. Athene webt einen Stoff mit einer passablen Geschichte und hübschen Ornamenten, Arachne aber scheint die Wirklichkeit selbst in ihrem gewebten Bild einzufangen, so lebendig wirkt es.
Die unfaire Athene zerstört Arachnes "Gespinst" und verwandelt sie in eine Spinne, die seitdem mit dem Teufel im Bunde ist und ihre Fäden durch die Literatur zieht. Die Spinne ist weiblich, giftig, wickelt ein, saugt aus und tötet ihren faszinierten Partner gleich nach der Befruchtung. Andererseits emanzipiert sie den Menschen, trotzt den Göttern. Das Feature folgt den Fäden der Spinnen in der Literatur.