Sieben Kanadier auf Wanderschaft

Von Mathias Mauersberger |
Haitianische Voodoo-Rhythmen, Disco-Beats und ein Schloss auf Jamaika: Arcade Fire haben sich mit ihrem vierten Album "Reflektor" neu erfunden. Nach Grammys und Goldenen Schallplatten suchen sie nun den Weg auf die große Pop-Bühne.
Als "beste Band Kanadas" bezeichnete einmal das TIME Magazine Arcade Fire - im Jahr 2010 - da waren die sieben Musiker aus Montreal aber mindestens eine der größten Rockbands der Welt. Ihr letztes Album "The Suburbs" schoss in den USA und Großbritannien auf Platz 1 der Charts, zahlreiche Auszeichnungen und eine Tour im Vorprogramm von U2 folgten.

Nur: Wie geht es weiter nach dem Über-Erfolg? Sänger Win Butler und seine Mitstreiter wählten die Flucht nach vorn: Sie heuerten einen ehemaligen Electro-DJ als Produzenten an und probten monatelang in einem alten Schloss auf Jamaika. Entscheidend soll aber ein Besuch auf Haiti gewesen sein, der Heimat von Sängerin und Multiinstrumentalistin Regine Chassagne. Die Rhythmen des karibischen Karnevals ließen den kreativen Funken überspringen und verliehen Stücken wie "Here comes the night time" einen charmanten Global-Pop-Anstrich.

Wer jetzt also noch die Breitwand-Stampfer und orchestralen Arrangements der Vorgänger im Ohr hat, der dürfte sich wundern: So schlank, so eklektisch -und vor allem so tanzbar- klangen die sieben Musiker noch nie. Reggae-Grooves treffen auf synthetisch-pumpende Bässe, sogar ein Billie Jean-Michael Jackson Zitat hat sich eingeschlichen.

Wenn dann im Titelstück plötzlich noch David Bowie für einen Gastauftritt reinschneit, dann kann man sich sicher sein: Diese Band ist auf dem Weg nach ganz oben. Hoffen wir nur, dass dabei auch weiterhin so mutige Alben entstehen wie "Reflektor".

Arcade Fire: "Reflektor"
Label: Vertigo Berlin