Kühler Empfang, aber klare Worte
Wie spricht man die vielfältigen Probleme mit China an? EU-Kommissar Oettinger war mit seiner unsäglichen Schlitzaugen-Rede nur beleidigend. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel zeigt bei seiner China-Reise, dass man es viel besser machen kann, kommentiert Theo Geers.
Sigmar Gabriel ist mit viel Zündstoff im Gepäck in China unterwegs gewesen. Die Wirtschaftsbeziehungen werden schlechter und das galt es anzusprechen. Denn so geht man einfach nicht miteinander um. Peking spielt Foul gegenüber deutschen Investoren, und Chinas Stahlkocher drohen mit Exporten zu Dumpingpreisen die deutsche und auch die europäische Stahlindustrie platt zu machen − das muss sich ändern.
Gebetsmühlenhaft hat Gabriel dies immer wieder vorgebracht. Die Quittung dafür hat er auch bekommen. Gleich drei hochrangige Gesprächspartner aus dem chinesischen Staatsapparat hatten plötzlich Terminprobleme und sagten Gespräche ab. Ein Affront, der nur eines zeigt: Gabriel hat in China die richtigen Dinge angesprochen, auch wenn die chinesische Seite davon offenkundig nichts hören will. Mit anderen Worten: Er hat seinen Job gut gemacht und die Benachteiligungen, denen deutsche Unternehmen ausgesetzt sind, klar benannt.
Bei öffentlichen Aufträgen werden die Firmen trickreich ausgebootet. Und wenn sie in China Fuß fassen wollen, dann geht das nur mit einem chinesischen Partner oder auch nur, wenn das technologisches Know-how gleich mit offengelegt wird. Doch die Zeiten sind vorbei, zu solchen unfairen Praktiken weiter zu schweigen, nur weil auf dem Riesenmarkt vielleicht auch so immer noch genug Aufträge abfallen und weil man eben diese Aufträge nicht gefährden will. Wer, wenn nicht der Wirtschaftsminister, muss diese Dinge ansprechen? Vor ihm hat das auch schon Angela Merkel bei ihren Chinabesuchen getan. Soll dann ausgerechnet der Wirtschaftsminister schweigend darüber hinweg gehen? Natürlich nicht.
Nicht weggeduckt und den richtigen Ton getroffen
Kurzfristig dürfte sich jetzt zwar wenig ändern. Aber deutsche Firmen müssen in China genauso frei investieren können wie chinesische in Deutschland. Es wäre allerdings auch nicht schlecht, wenn die Wirtschaft hier selbst die Zähne auseinanderbekäme. Gleichbehandlung fordern, dies allein aber dem Minister zu überlassen und sich ansonsten lieber wegzuducken, das passt nicht zusammen. Zumal Sigmar Gabriel nicht nur der Wirtschaft in China noch etwas anderes vorgemacht hat.
Er hat – und auch darauf muss am Ende dieser einwöchigen Reise hingewiesen werden – in China auch den richtigen Ton getroffen. Offen, direkt und präzise hat er die Probleme angesprochen, aber eben nicht beleidigend und ehrverletzend, wie es EU-Digitalkommissar Günther Oettinger mit seiner unsäglichen Schlitzaugen- und Schlitzohrenrede getan hat. Gabriel, dem schon oft ein fehlendes Gespür für Diplomatie nachgesagt wurde, hat diese Woche gezeigt, dass man es besser machen kann und dass er es besser kann.