Sigrid Nunez: "Was fehlt dir"
Aus dem Englischen von Anette Grube
Aufbau Verlage, Berlin
222 Seiten, 20 Euro
Das ganze Interview zum Nachhören auf Englisch finden Sie
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"Die Sterblichkeit zieht mich zu sich heran"
15:07 Minuten
Sigrid Nunez gehört zu den bedeutendsten Autorinnen der US-Gegenwartsliteratur. Für sie ist der Tod mittlerweile zu einem wichtigen Teil ihres Denkens geworden. In ihrem neuen Roman geht es um die Begleitung eines Sterbenden und ein Dilemma.
Sigrid Nunez war schon Mitte 40, als sie ihren ersten Roman schrieb. Das ist jetzt 25 Jahre her und seitdem wurde fast jedes Buch der US-Amerikanerin für Preise nominiert. Als sie für "Der Freund" 2018 dann den National Book Award erhielt, war das der endgültige Durchbruch.
Thema Tod
Dieses Jahr wird die Schriftstellerin 70 und es erscheint ihr neues Buch "Was fehlt dir", in dem es wieder um den Tod geht. Ein Thema, das Nunez sehr beschäftigt: "Wenn die Leute fragen, warum ich mich so hingezogen fühle zum Thema Sterblichkeit, dann will ich immer antworten, dass es doch eher so ist, dass die Sterblichkeit mich zu sich heranzieht", sagt Nunez. Wenn man ein bestimmtes Alter erreicht habe, denke man so viel über Sterben und Tod und Verlust von Menschen nach, die man kenne. "Das wird dann zu einem wichtigen Teil des eigenen Denkens."
In "Was fehlt dir" geht es konkret darum, dass die Protagonistin eine Freundin beim Sterben begleitet, weil sie sie darum gebeten hat. Das Problem: Diese Freundin möchte sich ihr Leben nehmen, um die Kontrolle über ihren Tod zu behalten. (*) Eine Person dabei zu unterstützen sei in den USA jedoch illegal. In diese komplexe Lage wollte Nunez sich hineinversetzen.
Trauriges Thema, aber mit Humor aufbereitet
Der Roman kommt dabei komplett ohne Namen aus – eher ungeplant, wie Nunez erzählt: "Anfangs hatte ich durchaus ein paar Namen verwendet, aber damit wurde der Text irgendwie schwerfälliger. Ich habe die dann rausgenommen und konnte wieder flüssiger schreiben."
Trotz des ernsten Themas steckt in "Was fehlt dir" viel Humor. Themen wie Verlust und Trauer seien ohne ein wenig Leichtigkeit unerträglich, findet die Schriftstellerin. Das habe sich auch während der Pandemie gezeigt: "Als die Tragödie der Pandemie losging und wir alle zu Hause bleiben mussten, da waren doch unsere E-Mails und Social-Media-Inhalte plötzlich voller Humor", erinnert sich Nunez: "Eine direkte Reaktion auf die Angst."
Redaktioneller Hinweis: Wir haben eine Geschlechtsangabe korrigiert.