Silbrige Lichtgestalt in A-Dur
Die Titelgestalt des "Lohengrin" am Theater Dortmund gleicht einer Fantasy-Figur. Selbst, wer die Wagner-Oper gut zu kennen glaubte, wurde eines Besseren belehrt.
Eine Gesellschaft, bedrängt von äußeren Feinden und bedroht von innerem Chaos, imaginiert sich einen Retter. Und der kommt auch als Fantasie-, man könnte auch sagen als Fantasy-Gestalt. In der neuen Dortmunder "Lohengrin"-Inszenierung von Christine Mielitz ist der Schwanenritter eine Mischung aus muskelbepacktem Superman und silbern gerüstetem Ivanhoe. Er rettet Elsa von Brabant die Krone und soll dem militärisch bedrängten König die Haut retten – durch ein Bündnis gegen "der Ungarn der Wut", die den Menschen in Brabant so fern erschienen sein mögen wie uns heute Afghanistan. Es klappt aber nicht. Der fremde Retter entschwindet unverrichteter Dinge, und nachher sind die Probleme größer als vorher. Lösungen – so scheint es – müssen die Menschen doch unter sich finden und nicht mit virtueller Hilfe aus dem Cyberspace.
Die aufregenden Entdeckungen in der Inszenierung von Christine Mielitz aber liegen jenseits dieses Punkts. Die Regisseurin fragt sich – und befragt die "Lohengrin"-Sage daraufhin – was diese "Mission Impossible" wohl aus Lohengrin machen und wer die silbrige Lichtgestalt in A-Dur eigentlich sein könnte. Mit andern Worten, sie macht den Titelhelden auch zur Zentralfigur des Stücks. Und sie entdeckt ein Drama, das fesselt und berührt: Lohengrins vergeblichen Kampf um seine Menschwerdung, um seine Verbindung zur Menschenwelt, seine Liebe zu Elsa, um seine Seele. Ein Motiv, das in der Romantik sehr fruchtbar war in Geschichten um künstliche Geschöpfe wie "Frankenstein" oder den Golem oder um Geisterwesen wie Undine, die den Übergang in die Menschenwelt suchen und an unmenschlichen Gesetzen scheitern.
Für "Lohengrin" findet Christine Mielitz auf diesem Weg eine ebenso originelle wie fesselnde Lesart. Und der Titelheld Marco Jentzsch gestaltete Lohengrins Kampf um die Befreiung aus seinem starren, glänzenden Panzer überaus berührend. Der erste Akt versprach, dass er das auch musikalisch beglaubigen würde, aber dann erwies sich die bereits angekündigte Indisposition als so schwerwiegend, dass sein Kollege Charles Kim den Rest der Partie singen musste: vom Bühnenrand aus, während Jentzsch weiter agierte. Der junge Sänger, der die Partie in Dortmund als Doppelbesetzung mit einstudiert hat, machte das glänzend, mit schönen Linien, freier Höhe und einer deutlichen Steigerung des Ausdrucks bis hin zur wunderschön interpretierten Gralserzählung.
Überhaupt war das musikalische Niveau der Aufführung beachtlich. Unter der Leitung ihres Chefs Jac van Steen spielten die Dortmunder Philharmoniker höchst konzentriert und nuanciert. Sämtliche Solopartien waren mit sehr überzeugenden Sängerdarstellern besetzt. Auch schauspielerisch herausragend die Ortrud von Szilvia Ralik. Es war einer der glücklichen Premierenabende, an denen eine schlüssige Konzeption, ein motiviertes Orchester und ein engagiertes Sängerensemble sich immer weiter gegenseitig befeuern und vorantreiben, bis selbst diejenigen, die glauben "Lohengrin" gut zu kennen, auf der Stuhlkante sitzen. Der Jubel des Premierenpublikums war entsprechend dankbar und lautstark.
Die aufregenden Entdeckungen in der Inszenierung von Christine Mielitz aber liegen jenseits dieses Punkts. Die Regisseurin fragt sich – und befragt die "Lohengrin"-Sage daraufhin – was diese "Mission Impossible" wohl aus Lohengrin machen und wer die silbrige Lichtgestalt in A-Dur eigentlich sein könnte. Mit andern Worten, sie macht den Titelhelden auch zur Zentralfigur des Stücks. Und sie entdeckt ein Drama, das fesselt und berührt: Lohengrins vergeblichen Kampf um seine Menschwerdung, um seine Verbindung zur Menschenwelt, seine Liebe zu Elsa, um seine Seele. Ein Motiv, das in der Romantik sehr fruchtbar war in Geschichten um künstliche Geschöpfe wie "Frankenstein" oder den Golem oder um Geisterwesen wie Undine, die den Übergang in die Menschenwelt suchen und an unmenschlichen Gesetzen scheitern.
Für "Lohengrin" findet Christine Mielitz auf diesem Weg eine ebenso originelle wie fesselnde Lesart. Und der Titelheld Marco Jentzsch gestaltete Lohengrins Kampf um die Befreiung aus seinem starren, glänzenden Panzer überaus berührend. Der erste Akt versprach, dass er das auch musikalisch beglaubigen würde, aber dann erwies sich die bereits angekündigte Indisposition als so schwerwiegend, dass sein Kollege Charles Kim den Rest der Partie singen musste: vom Bühnenrand aus, während Jentzsch weiter agierte. Der junge Sänger, der die Partie in Dortmund als Doppelbesetzung mit einstudiert hat, machte das glänzend, mit schönen Linien, freier Höhe und einer deutlichen Steigerung des Ausdrucks bis hin zur wunderschön interpretierten Gralserzählung.
Überhaupt war das musikalische Niveau der Aufführung beachtlich. Unter der Leitung ihres Chefs Jac van Steen spielten die Dortmunder Philharmoniker höchst konzentriert und nuanciert. Sämtliche Solopartien waren mit sehr überzeugenden Sängerdarstellern besetzt. Auch schauspielerisch herausragend die Ortrud von Szilvia Ralik. Es war einer der glücklichen Premierenabende, an denen eine schlüssige Konzeption, ein motiviertes Orchester und ein engagiertes Sängerensemble sich immer weiter gegenseitig befeuern und vorantreiben, bis selbst diejenigen, die glauben "Lohengrin" gut zu kennen, auf der Stuhlkante sitzen. Der Jubel des Premierenpublikums war entsprechend dankbar und lautstark.