Simone Buchholz: "Blaue Nacht"

Gefeierter Krimi aus der Hamburger Unterwelt

Ein Porträt von Simone Buchholz, aufgenommen am 10.10.2013 auf der 65. Frankfurter Buchmesse in Frankfurt am Main
Simone Buchholz: Erfolg mit Hamburg-Krimis © picture alliance / dpa / Uwe Zucchi
Von Anne Kohlick |
Das nasskalte Hamburg, eine harte Staatsanwältin, die Albaner-Mafia und viel Crystal Meth – das sind die Zutaten für den Krimi "Blaue Nacht" von Simone Buchholz. Unsere Rezensentin hat ihn mit Hochgenuss gelesen. Ihr Fazit: mehr davon!
Ein nasskaltes Hamburg, eine toughe Staatsanwältin und eine größere Menge Crystal Meth – das sind die Zutaten für den Erfolgskrimi "Blaue Nacht” von Simone Buchholz, der gerade Platz eins der KrimiZEIT-Bestenliste belegt. "Blaue Nacht” ist der sechste Band aus der Reihe um Staatsanwältin Chastity Riley, aber sehr geeignet für Einsteiger, denn die Protagonistin erlebt beruflich einen Neuanfang.
Im letzten Band hat Chastity ausgerechnet ihren Vorgesetzten der Korruption überführt. Deshalb hat man sie zur Opferschutzbeauftragten der Hamburger Staatsanwaltschaft degradiert.

Riley raucht, trinkt und macht Sprüche

Aber die kettenrauchende, trinkende, nie um einen Spruch verlegene Ich-Erzählerin wäre nicht Chastity Riley, wenn sie nicht trotzdem auf einen spannenden Fall stoßen würde. Der begegnet ihr in Gestalt eines Österreichers, der auf brutale Weise zusammengeschlagen wurde, aber im Krankenhaus seinen Namen nicht preisgeben will. Riley besticht ihn mit Alkohol und Zigaretten und entlockt ihm nach und nach seine Geschichte. Die führt sie mitten hinein in einen ganz großen Crystal-Meth-Deal.
Blick auf Hamburg und die Speicherstadt
Blick auf Hamburg: Hier ausnahmsweise einmal nicht verregnet© picture alliance / dpa / Daniel Reinhardt
Simone Buchholz wird für diesen Krimi zurecht von der Kritik gefeiert. Sie besticht mit ihrer sehr am gesprochenen Wort orientierten, lakonischen Sprache und ungewöhnlichen Bildern. Bei Buchholz "kullert” gelbes Licht aus den Fenstern eines Hauses, die feiernden Menschen auf der Reeperbahn sind ein "Amüsierrudel” und Chastity Riley ist "Toastbrot” in den Händen ihres Liebhabers: "etwas zäh, im Ganzen jedoch ziemlich bröckelig”.
Und dann ist da natürlich die großartige Ich-Erzählerin Chastity. Allein schon dieser verrückte amerikanische Name lässt einen stolpern: Wie, ist das eine Figur aus CSI Miami - mitten in Hamburg?
Daraus ergibt sich ein Verfremdungseffekt, obwohl es für den Namen eine schlüssige Erklärung gibt: Chastity ist die Tochter eines amerikanischen Besatzungssoldaten.

Der Kriminalfall tritt manchmal in den Hintergrund

Mit den klassischen hard boiled-Detectives aus Krimi-Klassikern etwa von Raymond Chandler hat sie zwar das Rauchen, Trinken und einige traumatische Erfahrungen gemein, aber Chastity ist kein einsamer Wolf. Sie hat einen langjährigen Freundeskreis, der in "Blaue Nacht” eine große Rolle spielt, und nach jedem Kapitel gibt es kurze Rückblicke in die Vergangenheit, die aus der Perspektive der Nebenfiguren erzählt sind.
Die interessante Figurenkonstellation lässt den eigentlichen Kriminalfall manchmal in den Hintergrund treten. Dabei ist auch diese Geschichte überzeugend und gut recherchiert: Crystal-Meth-Küchen in Tschechien und Süchtige, die von der neuen und extrem billigen Droge Krok von innen zerfressen werden – das beschreibt die Autorin, die lange als Journalistin gearbeitet hat, plastisch und plausibel. Bitte bald mehr von Chastity Riley!

Simone Buchholz: "Blaue Nacht"
Suhrkamp, Berlin 2016
238 Seiten, 14,99 Euro

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