Simplicissimus - alt und jung
Das Werk von Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen gilt als der erste bedeutende deutsche Roman in Prosa. "Simplicissimus Teutsch" von 1668 wird nun in einer Bühnenfassung am Schauspiel Köln aufgeführt. Darin sieht ein alt gewordener Simplicissimus seinem ungestümen jugendlichen Ich bei den Abenteuern seines Lebens zu.
Er gehört zu den berühmten Unbekannten der Literaturgeschichte: Der abenteuerliche "Simplicissimus Teutsch" von Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen, zuerst erschienen 1668. Ein Gründungswerk der deutschen Literatur, der erste bedeutende deutsche Roman in Prosa. Auch wer das weiß, hat wahrscheinlich nicht die rund tausend Seiten im Stil des 17. Jahrhunderts gelesen, sich nicht durch die Denk- und Sprachmuster gearbeitet, die dieses in seiner ausufernden Opulenz wie in seiner streng dualistischen Weltanschauung gleichermaßen barocke Werk bestimmen.
Der Versuch, den "Simplicissimus" auf die Bühne zu bringen, hat also zunächst schon einmal ein gewisses Interesse für sich, zumal in einem Spielplan, der wie die laufende Kölner Saison das Thema "Deutschland" in den Mittelpunkt stellt. Die Geschichte, die mitten in den Dreißigjährigen Krieg hineinführt, rollt ein folgenschweres Kapitel deutscher Geschichte auf und auch ihr Held ist in vieler Hinsicht "typisch deutsch", naiv und weltfremd, tiefsinnig und blutdurstig, ein direkter Nachfahre des Toren Parzival.
Der Regisseur Thomas Dannemann, der eine Spielvorlage von Soeren Voima für die Kölner Aufführung bearbeitet hat, setzt aber nicht auf vordergründige Aktualisierung. Er, der als Darsteller zu den Protagonisten vieler Aufführungen von Jürgen Gosch gehört hat, wählt hier einen ähnlichen Ansatz: Ort des Geschehens ist die Bühne, Ausgangspunkt der Handlung das Spiel: Zu Beginn kommen sämtliche Darsteller in unscheinbarer Alltagskleidung auf die Szene, die von etwa drei Dutzend simpler Holzstühle markiert wird. (Bühne: Stephane Laimé). Mit wenigen Requisiten und Kostümteilen, die oft während der Szenen angelegt werden, spielen acht Akteure dann sämtliche Figuren: Bauern, Bürger, Soldateska, Schafe und Wassergeister – das Kölner Ensemble zeigt sich präzise, spielfreudig und verwandlungsstark.
Die Titelrolle ist in der Dramatisierung aufgeteilt: Ein alt gewordener, reflektierender Simplicissimus sieht seinem ungestümen jugendlichen Ich sozusagen noch einmal zu bei den Abenteuern seiner Lebensreise. Michael Weber und Jan Peter Kampwirth geben – unterschiedlich und doch irgendwo ähnlich wie zwei Seiten einer Medaille – dem Bilderbogen ein markantes Zentrum.
Dennoch kommt der (fast vierstündige) Abend nur schwer in Schwung. Der erste Teil, der die Jugend des Simplicissimus erzählt, reiht zäh eine Episode an die andere, das Timing ist schleppend, nebensächliche Einzelheiten blähen sich auf, der Schrecken, der von Grimmelshausen (auch) mit den Mitteln sarkastischen Humors geschildert wird, bleibt blass und fern. Ein Kind, das vor brandschatzenden Horden Hals über Kopf in den Wald flieht, ein Junge, der gekidnappt und zum Kindersoldaten gemacht wird – das sind (übrigens autobiographische) Züge des Romans, die heute und gerade heute unter die Haut gehen könnten, einen aber seltsam unberührt lassen in der Kölner Aufführung.
Der zweite Teil, der bunter, phantastischer, surrealer wird im Roman, gerät auch theatralisch überzeugender. Für die alptraumhaften und grotesken Episoden im Leben des Helden findet Dannemann suggestive Bilder, auch der bisweilen grimmige Humor der Geschichte kommt zu seinem Recht. Alles in allem aber ist das ein Abend, der (trotz einer sprachlich modernisierten und geglätteten Textvorlage) eher die Fremdheit und Sperrigkeit einer Geschichte vermittelt, die auf einem theologisch fundierten Weltbild beruht, das nicht mehr das unsere ist. Eine aktuelle Relevanz hat Thomas Dannemann ihr nicht abgewonnen. Das kann man ihm als Schwäche auslegen - oder auch als kritische Distanz.
Der Versuch, den "Simplicissimus" auf die Bühne zu bringen, hat also zunächst schon einmal ein gewisses Interesse für sich, zumal in einem Spielplan, der wie die laufende Kölner Saison das Thema "Deutschland" in den Mittelpunkt stellt. Die Geschichte, die mitten in den Dreißigjährigen Krieg hineinführt, rollt ein folgenschweres Kapitel deutscher Geschichte auf und auch ihr Held ist in vieler Hinsicht "typisch deutsch", naiv und weltfremd, tiefsinnig und blutdurstig, ein direkter Nachfahre des Toren Parzival.
Der Regisseur Thomas Dannemann, der eine Spielvorlage von Soeren Voima für die Kölner Aufführung bearbeitet hat, setzt aber nicht auf vordergründige Aktualisierung. Er, der als Darsteller zu den Protagonisten vieler Aufführungen von Jürgen Gosch gehört hat, wählt hier einen ähnlichen Ansatz: Ort des Geschehens ist die Bühne, Ausgangspunkt der Handlung das Spiel: Zu Beginn kommen sämtliche Darsteller in unscheinbarer Alltagskleidung auf die Szene, die von etwa drei Dutzend simpler Holzstühle markiert wird. (Bühne: Stephane Laimé). Mit wenigen Requisiten und Kostümteilen, die oft während der Szenen angelegt werden, spielen acht Akteure dann sämtliche Figuren: Bauern, Bürger, Soldateska, Schafe und Wassergeister – das Kölner Ensemble zeigt sich präzise, spielfreudig und verwandlungsstark.
Die Titelrolle ist in der Dramatisierung aufgeteilt: Ein alt gewordener, reflektierender Simplicissimus sieht seinem ungestümen jugendlichen Ich sozusagen noch einmal zu bei den Abenteuern seiner Lebensreise. Michael Weber und Jan Peter Kampwirth geben – unterschiedlich und doch irgendwo ähnlich wie zwei Seiten einer Medaille – dem Bilderbogen ein markantes Zentrum.
Dennoch kommt der (fast vierstündige) Abend nur schwer in Schwung. Der erste Teil, der die Jugend des Simplicissimus erzählt, reiht zäh eine Episode an die andere, das Timing ist schleppend, nebensächliche Einzelheiten blähen sich auf, der Schrecken, der von Grimmelshausen (auch) mit den Mitteln sarkastischen Humors geschildert wird, bleibt blass und fern. Ein Kind, das vor brandschatzenden Horden Hals über Kopf in den Wald flieht, ein Junge, der gekidnappt und zum Kindersoldaten gemacht wird – das sind (übrigens autobiographische) Züge des Romans, die heute und gerade heute unter die Haut gehen könnten, einen aber seltsam unberührt lassen in der Kölner Aufführung.
Der zweite Teil, der bunter, phantastischer, surrealer wird im Roman, gerät auch theatralisch überzeugender. Für die alptraumhaften und grotesken Episoden im Leben des Helden findet Dannemann suggestive Bilder, auch der bisweilen grimmige Humor der Geschichte kommt zu seinem Recht. Alles in allem aber ist das ein Abend, der (trotz einer sprachlich modernisierten und geglätteten Textvorlage) eher die Fremdheit und Sperrigkeit einer Geschichte vermittelt, die auf einem theologisch fundierten Weltbild beruht, das nicht mehr das unsere ist. Eine aktuelle Relevanz hat Thomas Dannemann ihr nicht abgewonnen. Das kann man ihm als Schwäche auslegen - oder auch als kritische Distanz.