Singender Physiker aus Lemberg
Swjatoslaw Wakartschuk ist wohl der bekannteste Sänger der Ukraine. Slawa, wie ihn seine Fans nennen, ist Frontmann der Gruppe "Okean Elsy" - Elsas Ozean. Die Band gehört nicht nur in der Ukraine zu den Superstars. Auch in Russland, Weißrussland und im Baltikum füllt sie riesige Konzerthallen.
Samstagabend, 20 Uhr 30 im "Palac Sporty Ukraina", einer Sport- und Konzerthalle im Zentrum von Lwiw. Es ist stickig, dunkel und laut. 4000 vor allem weibliche Rockfans wollen ihn heute sehen und hören: Swjatoslaw Wakartschuk.
Wakartschuk tourt in diesem Frühjahr mit seinem neuen Solo-Projekt "Brüssel" durch die Ukraine, ohne seine Band "Okean Elzy" also, und Lemberg ist der Auftakt der Tournee. Eher beiläufig betritt Slawa die Bühne, schmächtig, mittelgroß, ohne Star-Allüren, gefolgt von seiner Band: Schlagzeug, Bass, Gitarre und Keyboard. Das Publikum haben die fünf sofort auf ihrer Seite, und obwohl die "Brüssel"-Songs noch nicht lange auf dem Markt sind: Die Halle ist textsicher dabei.
Backstage in der Konzertpause, Sänger Wakartschuk erholt sich bei Mineralwasser und Keksen auf einer vergilbten Couch. Ein ruhiger Typ, fast bedacht, der auch zwischen zwei stressigen Auftritten jedes Statement hochkonzentriert abwägt. Dieses Rationale, Analytische kommt nicht von ungefähr: Wakartschuk hat, als er längst berühmt war, nebenbei noch seinen Doktor in Physik gemacht: ein Denker, der gleichzeitig sehr emotionalen, melodischen Pop-Rock macht. Da ist der eigentümliche Band-Name "Okean Elzy" sicher auch hintergründig, symbolhaft oder mit irgendeiner Geschichte verbunden ...
Slawa: "Um ehrlich zu sein, hat der Name ‚Okean Elzy’, Elsas Ozean, eigentlich keine tiefere Bedeutung. Jemand aus der Band hatte die Idee, es ist ein künstlicher Name. Und für mich macht gerade das den Reiz aus, dass der Name gar keine Bedeutung hat."
Auch gut. Klar ist allerdings sofort: Der da etwas blass und verschwitzt in der neonlicht-grellen Garderobe sitzt, hat Ausstrahlung, Charisma. Das liegt nicht nur an den tiefbraunen Augen des Ukrainers, es ist vor allem Wakartschuks Stimme, die etwas sehr Eigenes hat. Natürlich vor allem, wenn er singt:
Wakartschuk ist verheiratet, gilt als bescheiden und bodenständig, auch wenn er mit seiner Band vor einigen Jahren vom eher beschaulichen Lemberg in die Hauptstadt Kiew umgezogen ist. Der 37-Jährige schreibt alle Liedtexte selbst, sei es für "Okean Elzy" oder seine Soloprojekte. Neun Alben hat er seit 1998 veröffentlicht, und abgesehen von einigen englischen Titeln, singt er nur auf Ukrainisch. Das ist nicht unbedingt selbstverständlich, denn vor allem im Ostteil des Landes und auf der Halbinsel Krim sprechen die Menschen fast ausschließlich Russisch.
Slawa: "Ukrainisch ist meine Muttersprache, ich schreibe, denke und fühle Ukrainisch. Da ist es nur natürlich, dass ich auch meine Lieder in dieser Sprache singe. Das hat nichts Prinzipielles oder Politisches. Es ist für mich einfach selbstverständlich. Bei Euch gibt es ja seit einiger Zeit auch wieder mehr Gruppen, die Deutsch singen, weil es selbstverständlich ist."
Trotzdem sind "Okean-Elzy"-Konzerte auch in Moskau, Minsk oder St. Petersburg schnell ausverkauft, obwohl viele dort die Texte nicht verstehen.
Man sei sich nah, sagt Slawa, aber Konzerte vor allem in Russland seien wichtig für die Wahrnehmung der Ukraine als eigenständiger Kultur- und Sprachraum.
2004 unterstützte Swjatoslaw Wakartschuk die Orangene Revolution und war danach sogar Abgeordneter der Werchowna Rada, des ukrainischen Parlaments in Kiew. Enttäuscht über die politische Situation in der Ukraine gab er sein Mandat allerdings 2008 nach nur einem Jahr zurück. Die parlamentarische Wirklichkeit beschreibt er im Rückblick als "Zirkusveranstaltung", ukrainischen Politikern jeglicher Couleur fehle es ganz einfach an Überzeugungen und einer klaren Linie.
Slawa: "Ja, unsere Erwartungen, die sich an die Orangene Revolution knüpften, waren zu hoch gesteckt, keine Frage. Trotzdem bin ich nicht frustriert, was die Zukunft der Ukraine angeht. Wir werden uns finden, ganz sicher. Auch in vielen lateinamerikanischen Ländern hat das schließlich länger gedauert."
Rockstar Wakartschuk bezeichnet sich selbst als großen Japan-Fan, am besten erholt er sich nach einer Tournee mit einem Roman des Schriftstellers Haruki Murakami. Musikalisch ist er allerdings ganz klar westlich sozialisiert: die Beatles, Pink Floyd, David Bowie und nicht zuletzt die Elektropop-Pioniere von Kraftwerk nennt er als Inspirationsquellen.
Zwei Stunden spielt Wakartschuk an diesem Abend mit seiner Solo-Band, ein gelungener Tournee-Auftakt, finden diese Konzertbesucher:
Wakartschuk, Okean Elsy: "Da ist ganz viel Seele drin für mich, unsere große ukrainische Seele. Ein ganz bestimmter Lemberger ‚Drive’. / Und die Texte sind intelligent, da ist viel Wahrheit drin. Er ist auch ein Patriot: Er singt Ukrainisch, und bei uns gibt es heute so wenig Ukrainisches in der Ukraine."
Wakartschuk tourt in diesem Frühjahr mit seinem neuen Solo-Projekt "Brüssel" durch die Ukraine, ohne seine Band "Okean Elzy" also, und Lemberg ist der Auftakt der Tournee. Eher beiläufig betritt Slawa die Bühne, schmächtig, mittelgroß, ohne Star-Allüren, gefolgt von seiner Band: Schlagzeug, Bass, Gitarre und Keyboard. Das Publikum haben die fünf sofort auf ihrer Seite, und obwohl die "Brüssel"-Songs noch nicht lange auf dem Markt sind: Die Halle ist textsicher dabei.
Backstage in der Konzertpause, Sänger Wakartschuk erholt sich bei Mineralwasser und Keksen auf einer vergilbten Couch. Ein ruhiger Typ, fast bedacht, der auch zwischen zwei stressigen Auftritten jedes Statement hochkonzentriert abwägt. Dieses Rationale, Analytische kommt nicht von ungefähr: Wakartschuk hat, als er längst berühmt war, nebenbei noch seinen Doktor in Physik gemacht: ein Denker, der gleichzeitig sehr emotionalen, melodischen Pop-Rock macht. Da ist der eigentümliche Band-Name "Okean Elzy" sicher auch hintergründig, symbolhaft oder mit irgendeiner Geschichte verbunden ...
Slawa: "Um ehrlich zu sein, hat der Name ‚Okean Elzy’, Elsas Ozean, eigentlich keine tiefere Bedeutung. Jemand aus der Band hatte die Idee, es ist ein künstlicher Name. Und für mich macht gerade das den Reiz aus, dass der Name gar keine Bedeutung hat."
Auch gut. Klar ist allerdings sofort: Der da etwas blass und verschwitzt in der neonlicht-grellen Garderobe sitzt, hat Ausstrahlung, Charisma. Das liegt nicht nur an den tiefbraunen Augen des Ukrainers, es ist vor allem Wakartschuks Stimme, die etwas sehr Eigenes hat. Natürlich vor allem, wenn er singt:
Wakartschuk ist verheiratet, gilt als bescheiden und bodenständig, auch wenn er mit seiner Band vor einigen Jahren vom eher beschaulichen Lemberg in die Hauptstadt Kiew umgezogen ist. Der 37-Jährige schreibt alle Liedtexte selbst, sei es für "Okean Elzy" oder seine Soloprojekte. Neun Alben hat er seit 1998 veröffentlicht, und abgesehen von einigen englischen Titeln, singt er nur auf Ukrainisch. Das ist nicht unbedingt selbstverständlich, denn vor allem im Ostteil des Landes und auf der Halbinsel Krim sprechen die Menschen fast ausschließlich Russisch.
Slawa: "Ukrainisch ist meine Muttersprache, ich schreibe, denke und fühle Ukrainisch. Da ist es nur natürlich, dass ich auch meine Lieder in dieser Sprache singe. Das hat nichts Prinzipielles oder Politisches. Es ist für mich einfach selbstverständlich. Bei Euch gibt es ja seit einiger Zeit auch wieder mehr Gruppen, die Deutsch singen, weil es selbstverständlich ist."
Trotzdem sind "Okean-Elzy"-Konzerte auch in Moskau, Minsk oder St. Petersburg schnell ausverkauft, obwohl viele dort die Texte nicht verstehen.
Man sei sich nah, sagt Slawa, aber Konzerte vor allem in Russland seien wichtig für die Wahrnehmung der Ukraine als eigenständiger Kultur- und Sprachraum.
2004 unterstützte Swjatoslaw Wakartschuk die Orangene Revolution und war danach sogar Abgeordneter der Werchowna Rada, des ukrainischen Parlaments in Kiew. Enttäuscht über die politische Situation in der Ukraine gab er sein Mandat allerdings 2008 nach nur einem Jahr zurück. Die parlamentarische Wirklichkeit beschreibt er im Rückblick als "Zirkusveranstaltung", ukrainischen Politikern jeglicher Couleur fehle es ganz einfach an Überzeugungen und einer klaren Linie.
Slawa: "Ja, unsere Erwartungen, die sich an die Orangene Revolution knüpften, waren zu hoch gesteckt, keine Frage. Trotzdem bin ich nicht frustriert, was die Zukunft der Ukraine angeht. Wir werden uns finden, ganz sicher. Auch in vielen lateinamerikanischen Ländern hat das schließlich länger gedauert."
Rockstar Wakartschuk bezeichnet sich selbst als großen Japan-Fan, am besten erholt er sich nach einer Tournee mit einem Roman des Schriftstellers Haruki Murakami. Musikalisch ist er allerdings ganz klar westlich sozialisiert: die Beatles, Pink Floyd, David Bowie und nicht zuletzt die Elektropop-Pioniere von Kraftwerk nennt er als Inspirationsquellen.
Zwei Stunden spielt Wakartschuk an diesem Abend mit seiner Solo-Band, ein gelungener Tournee-Auftakt, finden diese Konzertbesucher:
Wakartschuk, Okean Elsy: "Da ist ganz viel Seele drin für mich, unsere große ukrainische Seele. Ein ganz bestimmter Lemberger ‚Drive’. / Und die Texte sind intelligent, da ist viel Wahrheit drin. Er ist auch ein Patriot: Er singt Ukrainisch, und bei uns gibt es heute so wenig Ukrainisches in der Ukraine."