Sinn und Unsinn neuer Emojis

Beitrag zur Völkerverständigung?

Anatol Stefanowitsch im Gespräch mit Max Oppel |
2017 beginnt mit neuen Emojis für Android- und iOS-Nutzer: Vampir, Giraffe, Broccoli - und Döner Kebab. Angeblich soll es auch bald ein Kopftuch-Emoji geben. Für Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch trägt das nicht zur multikulturellen Verständigung bei.
Mittlerweile gibt es nichts mehr, was da kreucht und fleucht, sprießt oder zum Verspeisen geeignet ist, das es nicht auch in die Emoji-Datenbank unserer Smartphones, Tablets und PCs geschafft hätte. Broccoli, Croissants – und jetzt auch der Döner: Bald ist vermutlich die gesamt Welt-Küche vertreten. Und es soll kulturell noch weiter gehen: Angeblich plant Hersteller Unicode unter den über 50 neuen Emojis 2017 auch ein Kopftuch- oder Hijab-Emoji. Die Frage ist: Soll das der Völkerverständigung dienen?
Ein Smartphone-Nutzer tippt auf ein Emoji, um es in eine WhatsApp-Nachricht einzufügen.
Keine Nachricht ohne Emoji: Die meisten Smartphone-Besitzer kommunizieren nicht mehr ohne.© picture alliance/dpa/Matthias Balk
Der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch ist sehr skeptisch: Die Emojis würden zwar Vielfalt abbilden, aber sicherlich nicht dazu beitragen, Brücken zu schlagen oder zwischen den Kulturen zu moderieren: "Ein Bild sagt nämlich beliebig viel – und damit sagt es am Ende gar nichts mehr. Bei dem Döner ist es vielleicht noch klar, wenn deutlich ist, dass es um eine Verabredung zum Essen geht. Dann kann ich mit dem Döner vielleicht darstellen, worauf ich Lust habe. Aber das ist eher die Ausnahme."

Bringen Emojis die Hieroglyphensprache zurück?

Auch der These, Emojis würden peu à peu einzelne Wörter ersetzen, sodass Smartphone-Nutzer irgendwann bei einer Art altägyptischer Hieroglyphensprache landeten, kann Stefanowitsch wenig abgewinnen:
"Diese gegenständlichen Emojis werden ganz selten nur an Stelle des Wortes benutzt, für das sie stehen sollen." In der entsprechenden Nachricht "Lass uns Döner essen gehen" würde also nicht das Wort "Döner" durch das Emoji ersetzt, sondern das Emoji würde zusätzlich zur Veranschaulichung benutzt.

Kopftuch-Emoji festigt Stereotype

Stefanowitsch sagte weiter, Emojis würden zwar mit großer Begeisterung benutzt, sie würden jedoch nicht unsere Sprache integriert und änderten demzufolge auch nicht die Art und Weise, wie wir Botschaften schreiben.
Von der Idee, ein Kopftuch als Referenz an Muslima als Emoji einzuführen, hält Stefanowitsch nicht viel: Seiner Ansicht nach werde dies lediglich dazu führen, dass – zu Recht – andere Religionen auch mit ihren Symbolen abgebildet werden möchten. Zudem würde das Kopftuch-Emoji nur ein Stereotyp abbilden, in dem sich viele muslimische Frauen gar nicht wiedererkennen würden. Denn in Deutschland würde die die Mehrzahl der Muslima gar kein Kopftuch tragen.
Dagegen wünsche er sich vom Emoji-Hersteller Unicode deutlich mehr Transparenz bei der Entscheidung, welche neuen Emoji eingeführt würden.
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