Sinnliches Abenteuer
In seinem neuen Roman beschreibt der US-Autor Nicholson Baker einen irrwitzigen Vergnügungspark der Lust , in dem sich die Besucher mit seltsamen Hightech-Apparaturen befriedigen können. Ein Baker-typisches versponnenes Buch voll irrlichterndem Sprachwitz.
Das neue Buch des nordamerikanischen Schriftstellers Nicholson Baker, bisher bekannt durch höchst eigensinnige Romane und Sachbücher über die Ding- und Warenwelt des Alltags, trägt den Titel "Haus der Löcher", und bei diesem Titel sollten Sie der ersten Assoziation vertrauen: Ja, genau so ist er gemeint. Es geht um Sex. Das "Haus der Löcher" erzählt von einem irrwitzigen Sex-Vergnügungspark, in dem - Pardon - kein "Donnerrohr" schlapp und keine Muschi trocken bleibt.
Das Buch beginnt mit einem Arm, der allein herumliegt, ohne den dazugehörigen Körper. Seiner Finderin weiß er sich mit Papier und Stift verständlich zu machen und beliebt durch allerlei Zärtlichkeiten. Eigentlich gehört der Arm Dave, doch der gab ihn im Haus der Löcher im Tausch für einen größeren Penis her. Die erstaunlichen technischen Möglichkeiten des Sex-Themenparks nutzt auch eine Frau, die sich, um einen Mann mit einer Vorliebe für große Pos zu gewinnen, den ihren vergrößern lässt.
Es ist eine Baker-typisch versponnene Welt: In das Haus der Löcher gelangen die Figuren durch Löcher aller Ort - durch aus Daumen und Zeigefinger gebildete Löcher, durch Ohrlöcher, Golflöcher, durch Öffnungen von Strohhalmen. Im Themenpark des Sexes locken Penissäle und Muschiwiegen, Muschisurfen und Masturboote. Arschkneifer-Lizenzen und Sex-Jetzt-Knöpfe auf Fernbedienungen erlauben zeitnahe Lustbefriedigung. Schlechter Porno wird abgesaugt, der gute ist die lustvoll ausgemalte Nummernrevue gewaltfreier, angstloser und genitaler Heterosexualität, deren locker miteinander verbundenen Geschichten sämtlich auf mindestens einen Orgasmus zulaufen.
Das Immergleiche der Pornografie, zumal einer ohne Perversionen, droht natürlich zu ermüden. Daher sprechen Bakers heiter gestimmte Figuren mehr als dass sie rammeln, daher treten an die Stelle von eingehenden Beschreibungen körperlicher Beschaffenheiten solche von erstaunlichen Hightech-Apparaturen, daher leeren sich öfter als Samenstränge Füllhörner voller drastisch-ironischer Wendungen und Worterfindungen für Geschlechtsteile und Lustschreie. Der Übersetzer Eike Schönfeld dichtet auf jeder Seite mit.
Sex spielt schon in zwei früheren Büchern von Baker eine Rolle, in "Vox" (1992) und "Die Fermate" (1994). Doch im "Haus der Löcher" steht der Sex erstmals im Mittelpunkt, er ist vollständig kommerzialisiert und mechanisiert den Körper: Wer im teuren Sex-Dienstleistungsparadies bis über beide rote Ohren verschuldet ist, verliert auf Zeit die Hoden oder den Kopf.
Nicht nur fehlende Mittel, auch Unterhaltungen, Wände und Maschinen sorgen für Erregungsaufschub. Das verlangsamt wie in allen Büchern Bakers die Handlung und dehnt die Zeit. Nur das beiläufige, schweifende Denken, das die sonst übersehenen Alltagsdinge ins Bewusstsein hebt, stellt sich im "Haus der Löcher" nicht ein. Anhänger Bakers wird das Buch daher zwar amüsieren, aber wohl unbefriedigt lassen - nicht anders als Jünger der Pornografie, die vom irrlichternden Sprachwitz und den seltsamen technischen Apparaturen befremdet sein dürften.
Besprochen von Jörg Plath
Nicholson Baker: Haus der Löcher
Roman. Aus dem Amerikanischen von Eike Schönfeld
Rowohlt Verlag, Reinbek 2012
317 Seiten, 19,95 Euro
Das Buch beginnt mit einem Arm, der allein herumliegt, ohne den dazugehörigen Körper. Seiner Finderin weiß er sich mit Papier und Stift verständlich zu machen und beliebt durch allerlei Zärtlichkeiten. Eigentlich gehört der Arm Dave, doch der gab ihn im Haus der Löcher im Tausch für einen größeren Penis her. Die erstaunlichen technischen Möglichkeiten des Sex-Themenparks nutzt auch eine Frau, die sich, um einen Mann mit einer Vorliebe für große Pos zu gewinnen, den ihren vergrößern lässt.
Es ist eine Baker-typisch versponnene Welt: In das Haus der Löcher gelangen die Figuren durch Löcher aller Ort - durch aus Daumen und Zeigefinger gebildete Löcher, durch Ohrlöcher, Golflöcher, durch Öffnungen von Strohhalmen. Im Themenpark des Sexes locken Penissäle und Muschiwiegen, Muschisurfen und Masturboote. Arschkneifer-Lizenzen und Sex-Jetzt-Knöpfe auf Fernbedienungen erlauben zeitnahe Lustbefriedigung. Schlechter Porno wird abgesaugt, der gute ist die lustvoll ausgemalte Nummernrevue gewaltfreier, angstloser und genitaler Heterosexualität, deren locker miteinander verbundenen Geschichten sämtlich auf mindestens einen Orgasmus zulaufen.
Das Immergleiche der Pornografie, zumal einer ohne Perversionen, droht natürlich zu ermüden. Daher sprechen Bakers heiter gestimmte Figuren mehr als dass sie rammeln, daher treten an die Stelle von eingehenden Beschreibungen körperlicher Beschaffenheiten solche von erstaunlichen Hightech-Apparaturen, daher leeren sich öfter als Samenstränge Füllhörner voller drastisch-ironischer Wendungen und Worterfindungen für Geschlechtsteile und Lustschreie. Der Übersetzer Eike Schönfeld dichtet auf jeder Seite mit.
Sex spielt schon in zwei früheren Büchern von Baker eine Rolle, in "Vox" (1992) und "Die Fermate" (1994). Doch im "Haus der Löcher" steht der Sex erstmals im Mittelpunkt, er ist vollständig kommerzialisiert und mechanisiert den Körper: Wer im teuren Sex-Dienstleistungsparadies bis über beide rote Ohren verschuldet ist, verliert auf Zeit die Hoden oder den Kopf.
Nicht nur fehlende Mittel, auch Unterhaltungen, Wände und Maschinen sorgen für Erregungsaufschub. Das verlangsamt wie in allen Büchern Bakers die Handlung und dehnt die Zeit. Nur das beiläufige, schweifende Denken, das die sonst übersehenen Alltagsdinge ins Bewusstsein hebt, stellt sich im "Haus der Löcher" nicht ein. Anhänger Bakers wird das Buch daher zwar amüsieren, aber wohl unbefriedigt lassen - nicht anders als Jünger der Pornografie, die vom irrlichternden Sprachwitz und den seltsamen technischen Apparaturen befremdet sein dürften.
Besprochen von Jörg Plath
Nicholson Baker: Haus der Löcher
Roman. Aus dem Amerikanischen von Eike Schönfeld
Rowohlt Verlag, Reinbek 2012
317 Seiten, 19,95 Euro