Einblick in den "Hotspot" von Trapani
Die Einrichtung von "Hotspots" soll wesentlich dazu beitragen, die Flüchtlingskrise in Europa zu bewältigen. Aber wie sieht es an solchen Orten eigentlich aus? Unser Reporter konnte einen Hotspot besuchen - in Trapani auf Sizilien.
Hohe Mauern, massive Stahltore. Von außen wirkt der Hotspot von Trapani wie ein Hochsicherheitsgefängnis.
"Der Eindruck täuscht", sagt der Leiter der Einrichtung Francesco Palermo-Patera. Mauern und Sicherheitsstandards seien deshalb so hoch, weil in dem Gebäude am Stadtrand von Trapani früher einmal ein Abschiebegefängnis untergebracht war.
Auch heute versuchen Polizei und Militär zu verhindern, dass Flüchtlinge einfach so gehen. Denn Hauptzweck eines Hotspots ist die erkennungsdienstliche Behandlung. Die meisten Boatpeople kommen ohne gültige Papiere.
Der Direktor präsentiert einen Scanner für Fingerabdrücke, bald soll es davon noch mehr geben. Keiner soll sich der Registrierung entziehen. So wie bis vor kurzem, als Flüchtlinge in die Aufnahmezentren durch die eine Tür hinein und durch die andere Tür wieder hinausgingen, ohne auch nur einen Fingerabdruck zu hinterlassen.
Palermo-Patera: "Und wenn sie nicht wollen, versuchen wir sie zu überzeugen. Deshalb gibt es hier auch Mitarbeiter der EU-Asylagentur und des UNHCR, dass sie sich registrieren lassen - in ihrem Interesse."
Von 2305 Menschen, die in den vergangenen zwei Monaten den Hotspot durchlaufen haben, wurden alle identifiziert. Und auch die zweite Vorgabe der EU scheint in Trapani zu funktionieren: die Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Mitgliedsstaaten. Leopoldo Falco, der Präfekt von Trapani, bestätigt der ARD, dass von Trapani aus bereits Asylbewerber in andere EU Staaten verlegt wurden, allerdings nur solche, die gute Chancen haben, auch anerkannt zu werden.
Falco: "Vor allem Eritreer. Da funktioniert das so, dass sie nach ihrer Ankunft registriert werden und von Sammelstellen aus per Quote in Europa verteilt werden."
Doch die Eritreer stellen nur noch eine verschwindende Minderheit unter den Menschen, die die Fluchtroute von Libyen über das Mittelmeer wählen. Die meisten kommen aus Ländern wie Gambia, Mali oder wie Tom (Name geändert) aus Nigeria:
"Ich hoffe, ich komme in ein anderes Land: Deutschland oder Polen. Das wäre OK. Solange mein Leben sicher ist."
Kritik an "oberflächlicher Auswahl"
Wenn er den Hotspot verlässt, will Tom Asyl beantragen. Wenn man ihn denn lässt. Hilfsorganisationen berichten, dass Flüchtlinge in den Hotspots nicht ausreichend über ihre Rechte aufgeklärt werden und oft gar keine Möglichkeit erhalten, Asyl zu beantragen. Santina Lombardo von der sizilianischen Flüchtlingshilfe Girasole:
"Das sind geschlossene Einrichtungen der Polizei, in denen eine sehr oberflächliche Auswahl zwischen Wirtschaftsmigranten und Schutzbedürftigen getroffen wird. Man weiß nicht, von wem und mit welchen Garantien. Das sind sehr fragwürdige Orte."
Eine Menschenrechtsorganisation berichtet von einem Fall, in dem eine Gruppe von Nigerianern direkt aus einem italienischen Hotspot in ein Abschiebegefängnis überführt wurde. Der Präfekt von Trapani schließt eine solche Vorgehensweise für seinen Hotspot aus:
"Das stimmt nicht, es gibt keine Vorgabe auszuweisen. Praktisch alle stellen einen Asylantrag und warten in den verschiedenen Aufnahmezentren, dass die Kommissionen ihr Gesuch prüft."
Der bayerischen Europaministerin Beate Merk ist das wiederum zu lax. "Wir sind uns mit den Italienern nicht einig, was ein Hotspot leisten muss", sagt die CSU Politikerin bei ihrem Besuch in Trapani:
"Wir in Bayern sind der Meinung, ein Hotspot muss registrieren, er muss klar machen, wer im Land bleiben darf, wer in Europa verteilt werden kann. Und er muss auch Sorge tragen, dass die, die nicht bleiben können, zurückgeführt werden."
Wer keinen Asylantrag stellt oder aus Nordafrika kommt, erhält bislang von der italienischen Polizei die Aufforderung, Italien innerhalb von sieben Tagen zu verlassen. In der Regel wird das als Aufforderung verstanden, unterzutauchen und das Land Richtung Norden zu verlassen.