Skurrile Hörreise in die Welt der Wissenschaft

27.03.2013
Der erste Teil seiner Hörspieltrilogie "Die Falle: Gott" ist eine Religionsparodie. Jetzt hat der Punkmusiker und Autor Jens Rachut Teil zwei veröffentlicht. In "Blinder Mond" leidet ein Forscher an krankhaftem Liebeskummer, ein Kommissar hört innere Stimmen und ein Guru soll mit Sexorgien Sauerstoff herstellen.
"Jetzt strömt herbei, Ihr edlen Spender / Setzt euch und entspannt jetzt leise / Einen nehme ich mit auf diese Reise ..."

Eine skurrile Reise in den Weltraum: Ein Forscherteam mit der Mission, den Mond bewohnbar zu machen, bekommt unerwarteten Besuch von einem Kommissar, der in einem Mordfall ermittelt. Worum es genau geht, ist schwer zu erklären. Klar ist nur: Die Geschichte läuft aus dem Ruder. Denn unter den Protagonisten blühen die Neurosen: Ein Wissenschaftler leidet an krankhaftem Liebeskummer, der Kommissar hört innere Stimmen. Und zu allem Überdruss soll der benötigte Sauerstoff zum Leben auf dem Mond auch noch mit Hilfe von Sexorgien mit einem Mantra singenden Guru erzeugt werden.

"Abieda, Magnum, Brie / Leere Wolke zogen / Abieda, Wegnom, Bru / Reine Blitze parkieren ..."

"Blinder Mond" von Jens Rachut ist nach "Die Falle: Gott" der zweite Teil einer Trilogie. War es zuerst die Religion, so geht es jetzt um die Verrücktheiten im empirischen, verkopften Wissenschaftsbetrieb. Ein absurdes, slapstickartiges Hörspiel: Die Akteure wirken wie eine Mischung aus dem verrückten Professor Dr. Emmett Brown und dem tollpatschigen George McFly aus dem Hollywood Blockbuster "Zurück in die Zukunft".

"Dr. Bell, Dr. Slingel! Schnell, so kommen Sie doch! Der Zeitbob! Er ist zurück. Zum ersten Mal. Sehen Sie doch. Da. Er ist mit dem Tier zurückgekommen."

"Blinder Mond" ist ein Hörspiel mit doppeltem Boden und viel Selbstironie: Jens Rachut macht sich lustig über gängige Hörspieldramaturgien - zur endgültigen Verunsicherung des Hörers.

"Ich rufe jetzt bei der HSP an, der Hörspiel-Sicherheits-Polizei. Hier stimmt doch etwas nicht. Sonst kommen wir hier nicht raus. Und das wäre schade für ..."

"HSP, Bonga. Guten Tag! Wo brennt es denn?"

"Scheiße, Scheiße! Wir sind hier in einer Höhle! Der Schlitten brennt! Überall Neandertaler. Glas fliegt rum. Komplettes Chaos."

"Ganz ruhig, ganz ruhig bleiben. Welches Hörspiel seid ihr? Hallo?"

"Der Zeitbob"."

Der erste Teil seiner Hörspieltrilogie ("Die Falle: Gott") ist eine ziemlich eigentümliche Religionsparodie. Jetzt hat der Punkmusiker und Autor Jens Rachut Teil zwei veröffentlicht: In "Blinder Mond" geht es um die Welt der Wissenschaft, und der Zugang des Autors ist nicht minder schräg.

""Ihr seid im falschen Hörspiel. Hier ganz deutlich zu sehen auf dem Monitor. Ich hole euch da jetzt raus. Achtung: eine Umschaltung auf "Blinder Mond"."

Hin und her zappen wie mit der Fernbedienung - zwischen Verwirrung stiftendem Holterdiepolter aus der Welt der Wissenschaft und kriminalistischen Irrungen und Wirrungen. Ein wenig willkürlich wirkt die Aneinanderreihung durchgeknallter Episoden in "Blinder Mond" dabei schon: Selbstgespräche treffen auf innere Monologe, Traumsequenzen auf groteske Dialoge - mit nicht ganz jugendfreien Effekthaschereien.

"Sex? Mit mir? Der Zeit? Danke, Manfred, das wird es nicht geben. Da stehe ich nicht drauf. Dieses Geruckel. Da wird einem ganz schlecht davon. Verfaulte Triebe hängen mir zum Hals raus. Die ganze Menschheit geht daran kaputt. Und hier geht es gleich weiter, dieses Scheißgebumse, Möchte-gern-Geböcke. Lächerlich. Gesabber und Rumstöhnen. Die Menschen konnten sich noch nie zurückhalten. Sieht nur bei Nashörnern gut aus. Können Sie noch folgen, Watzke? Das Einzige, was ich liebe, ist Knäckebrot. Und es laut essen. Verstehst du mich. Ein schönes Packet Knäckebrot. Sogar der Gevatter begehrt danach. Aber Sex? Ne, ne, ne, ne. Ne."

Staubtrockene Komik und zerbröselnde Moral, die durch säuselnde Musikminiaturen aufgebrochen werden. "Blinder Mond" ist ein an subversivem Punk geschultes Hörspiel - anarchistisch bis musicalhaft. Da passen die unausgefeilten bis trashigen Popsongs aus der Feder von Jonas Landerschier wie die Faust aufs Auge - inklusive des Alleinunterhalter-Klamauk-Instruments: der Hammondorgel.

Besprochen von Andi Hörmann

Jens Rachut: Blinder Mond
Major Label, Jena 2013
1 CD, 11,50 Euro

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