Mit Wut gegen die Upper Class
Der Titel "Eton Alive" könnte man mit "Lebendig gefressen!" übersetzten, gemeint aber ist das Upper Class College "Eton", aus dem viele Politiker hervorgehen, die das Land ruinieren. Das meint Sänger Jason Williamson, der das neue Album "mit Wut geschrieben" hat.
Die Sleaford Mods sind eine der meinungsstärksten britischen Bands, die derzeit unterwegs sind: Musikalisch simpel, fast schon minimalistisch – jeder Song besteht aus einem geloopten Instrumental, für das Andrew Fearn verantwortlich ist. Und auf diese Instrumentals singt und spricht Jason Williamson. Seine Texte handeln vor allem von den hässlichen Begleiterscheinungen der modernen, im Niedergang befindlichen britischen Gesellschaft. Heute ist er zu Gast mit dem Album "Eton Alive".
Briten im Niedergang
Jason Williamson Themen sind Alkohol, Drogen, Gewalt, Dreck und Müll und Exkremente, er singt von lügenden Politikern, verlogenen Journalisten, nichtsnutzigen Celebrities. Und das alles aus der Perspektive eines mittelalten Mannes, der meist auf der Schattenseite des Lebens steht.
Mit Klartext zum Erfolg
Vor fünf, sechs Jahren hat die Karriere der Sleaford Mods eine unerwartete Richtung eingeschlagen, der für ziemlich unkommerziell befundene Sound fand mehr und mehr Fans, erst in Großbritannien, dann auch bei uns. Dieser Klartext, der sich an der "ruling class" abarbeitet, zündete.
Wortspiel gegen Upper Class
"Es spielt eine Menge zusammen", so Williamson, "sicher auch, der Upper Class einen Stoß zu versetzen. Es ist ja kein Geheimnis, dass das Eton College die Heimat 'privilegierter Leute' ist, um ein 'nettes Wort' zu gebrauchen."
Er wolle sich über diese Menschen auch lustig machen, auch wenn es keine 'lustige' Situation sei. Was dem Sänger am wenigsten passt: viele Politiker, die in Eton ausgebildet wurden, hätten das Land völlig zerstört und in den Brexit getrieben. "Und in die Armut, in einen Krieg. Das hat Auswirkungen auf den ganzen Sozialstaat, auf Leute, die nicht so viel Geld haben, auf die Jobs, auf die Immigration. Wir befanden das als einen guten Titel, weil wir von dieser Politik, im Wortsinn, 'verbraucht' werden."
Neuer Stil auf neuem Album
Sie würden einfach reifer werden, findet Williamson. Er wolle sich nicht wiederholen: "Das Album 'English Tapas' war der Versuch, sich von den ersten drei Alben abzusetzen, die ziemlich aggressiv und wütend waren." Williamson sei von Natur aus wütend, schildert er, er sei bitter und voller Groll, launisch und düster. "Gleichzeitig will ich in meinen Songs auch die Stimmung von heute rüberbringen, und das ist das Gefühl, geschlagen zu sein, voll negativer Melancholie." Die Leute seien acht, neun Jahre durch die Politik der Konservativen gegangen. Sie hätten ihre Nägel tief in die Haut der Gesellschaft eingegraben: "Die Leute sind platt gemacht worden, und sie fühlen sich hilflos." Und schlimm sei, dass die Leute heute nicht mal mehr schockiert seien.
Noch ein Album zum Brexit?
Williamson meint, der Brexit sei immer noch ein großes Thema, das die Leute aber inzwischen langweile. "Aber das Album spricht auch über die Stupidity of Celebrity', den Mythos vom Rock-Star." Das sei unglaublich verlogen. Die Öffentlichkeit schaffe Charaktere, die mit der Realität nichts zu tun haben. Überhaupt gäbe es eine "Plage der Alibi-Politik, von den ganzen Narrativen, von #MeToo, Mental Health oder Männlichkeits-Fragen – alles wichtige Fragen, aber die Leute reden darüber 20 Minuten und vergessen sie danach wieder."
Bloß nicht abstumpfen
Er sei stolz darauf, es geschafft zu haben, ein Haus zu haben, einer Familie eine gute Grundlage geben zu können. Doch das war nicht immer so, gibt Williamson zu: "Meine Frau und ich sind einen langen Weg gegangen. Es gab eine Zeit, da hatten wir gar nichts und ich war in großen Schwierigkeiten. Aber ich will auch nicht abzustumpfen oder faul werden." Auf gar keinen Fall wolle er soziale Themen "benutzen", um Platten zu verkaufen.