Jan Vacík, Tenor
Slowakischer Philharmonischer Chor
Slowakisches Philharmonisches Orchester
Leitung: James Judd
"Prager Frühling" im Blumenregen
Beim Musikfestival "Prager Frühling" stand zum Abschluss Tschechiens Nachbarland Slowakei im Mittelpunkt. Vokalisten und Philharmoniker aus Bratislava interpretierten Musik aus beiden Ländern, die vor 100 Jahren gemeinsam unabhängig wurden.
"Oh schönes tränenreiches Land, lass uns vom Frühling träumen, der aus dem Blumenregen entsteht." Mit diesen Zeilen des Dichters Jaroslav Zatloukal endet der "Psalm des Karpatenlandes". Dieses Stück für Tenorsolo, gemischten Chor und großes Orchester ist eines der wichtigsten vokalsinfonischen Werke in der Musikgeschichte der Slowakei. Sein Schöpfer Eugen Suchoň gilt als Vater der modernen Musikszene seines Landes. In diesem Jahr erinnert das Festival an die Gründung der Tschechoslowakei von 100 Jahren.
Beim 73. Prager Frühling, einem der ältesten europäischen Musikfestivals, stand dieser Psalm als Hauptwerk im Mittelpunkt des Abschlusskonzerts. Der Philharmonische Chor und das Philharmonische Orchester aus der Hauptstadt der Slowakei gastierten damit in Prag - so wurde an die vielen Jahrzehnte erinnert, während derer sich die Menschen als Tschechoslowaken fühlten und als solche regiert wurden. Vor 100 Jahren entstand die Tschechoslowakei als demokratischer Staat, dann wurde sie von den Deutschen zerschlagen und besetzt, um schließlich nach den Jahrzehnten des Realsozialismus endgültig zu zerbrechen.
Spezifisch slowakisch
1992 hörte die Tschechoslowakei auf, zu existieren - und schon ist eine ganze Generation herangewachsen, die nichts anderes mehr kennt als die separaten Länder Tschechien und Slowakei. Auch die Musikkulturen haben sich auseinanderentwickelt. Für Eugen Suchoň, der von 1908 bis 1993 lebte, war es selbstverständlich, in Prag zu studieren und anschließend nach Bratislava zurückzukehren. Sein "Psalm des Karpatenlandes" drückt besonders deutlich die Suche nach einer spezifisch slowakischen Musiksprache aus. Suchoň stützte sich auf die Volksmusik des Landes, ohne dabei eine völkische oder antimoderne Haltung einzunehmen.
Kraftstrotzendes Blech
Ebenfalls kein böhmischer Komponist, aber doch ein ganz Europa prägender Künstler war Leoš Janáček. Neben seinen Opern gehört die Sinfonietta von 1926 zu den beliebtesten Werken, ein repräsentatives Orchesterstück, das für den patriotischen tschechischen Turnverband Sokol entstand und heute noch mit seinen kraftstrotzenden Blechbläserfanfaren einen erhebenden und festlichen Eindruck hinterlässt.
Das Konzert unter Leitung des Briten James Judd, der auch Chefdirigent der Slowakischen Philharmoniker ist, stellte Suchoňs Psalm ins Zentrum - am Beginn gab es die Comenius-Festouvertüre, die der tschechische Spätromantiker Zdeněk Fibich zum 300. Geburtstag des Universalgelehrten Johannes Comenius komponiert hatte. Comenius wurde an der Grenze zwischen Mähren und der Slowakei geboren und symbolisiert schon deshalb eine Verbindung der beiden heute getrennten Länder.
Eine Aufzeichnung des Konzertes vom 3. Juni 2018 im Stadthaus Prag, Smetana-Saal
Zdeněk Fibich
"Comenius", Festouvertüre für Orchester op. 34
"Comenius", Festouvertüre für Orchester op. 34
Eugen Suchoň
"Žalm zeme podkarpatskej" (Psalm des Karpatenlandes) für gemischten Chor, Tenor und großes Orchester op. 12
"Žalm zeme podkarpatskej" (Psalm des Karpatenlandes) für gemischten Chor, Tenor und großes Orchester op. 12
Leoš Janáček
Sinfonietta für Orchester op. 60
Sinfonietta für Orchester op. 60