Small Scale, Big Change
Um die Kunst des Bauens, die Architektur, geht es in einer Ausstellung des Museum of Modern Art in New York. "Small Scale, Big Change" zeigt Bauten für vernachlässigte Stadtviertel oder ländliche Gemeinden weltweit.
"Die Kriterien waren vor allen Dingen Low Budget, also möglichst niedriges Budget, als dass man mit wenig Geld gute Lösungen und gutes Design zu finden."
Die ersten beiden Projekte sind Schulbauten in Gegenden mit extremer Armut und ohne Zugang zu Baustoffen wie Beton, Stahl oder Ziegelsteinen:Die Österreicherin Anna Heringer ist vertreten mit einer "Handmade School" aus einem Dorf in Bangladesh, und der, an der Berliner TU lehrende, afrikanische Architekt Diébédo Kéré aus Burkina Faso mit einer "Primary School". In beiden Fällen wurden die Gebäude mit traditionellen Materialien wie Erde, Lehm, Stroh und Bambus von der Dorfgemeinschaft gebaut.
Für Kérés Grundschule wurde eine Maschine entwickelt, die, mit Körperkraft betrieben, das Erdgemisch zu sehr dichten Steinen presst, die dann in der Sonne trocknen. Die soziale Funktion, die der gemeinsame Schulbau für das Dorf hat, die Arbeitsplätze, die dadurch entstanden sind, die Neubewertung traditioneller Baustoffe, das neu erwachte Selbstbewusstsein der Dorfgemeinschaften und die Tatsache, eine große und moderne Schule für die eigenen Kinder gebaut zu haben, stehen für den komplexen Denkansatz in allen Projekten.
"Da steckt ein sehr holistisches Konzept dahinter, und das meinen wir eben mit synthetischem Denken. Nicht nur die einfache Lösung, sondern komplexe Lösungen zu finden, die mehrfachen Nutzen bringen, auf mehreren Ebenen."
Beeindruckend ist auch das Projekt "Metro Cable" der interdisziplinären Designergruppe Urban Think Tank für Großmetropolen Südamerikas mit ihren Favelas und Armenvierteln. In "Metro Cable" wurde versucht, in einem strukturellen Gesamtkonzept ein bisher unzugängliches Armenviertel mitten in Caracas, der Hauptstadt Venezuelas, an das bestehende U-Bahnnetz anzuschließen und den Bewohnern damit Zugang zu Schulen, Krankenhäusern und dem urbanen Leben der Stadt zu ermöglichen – und zwar mit Hilfe von Gondeln.
"Sieben Millionen Menschen leben dort, und in diesen Bergen ist es ganz schwierig, von den öffentlichen Verkehrssystemen, von der U-Bahn, dass diese Menschen in diese Berge hinaufkommen. Dort leben 40 Tausend Menschen."
Hubert Klumpner ist einer der verantwortlichen Architekten. Durch das Gondelsystem mit fünf Stationen inmitten der Favela konnte nicht nur eine erhebliche Verbesserung der Verkehrsanbindung erreicht werden; integriert wurden in den Bau der Stationen auch Sportstätten, Kinos, eine Musikschule und ein Radiosender. Ein Video mit lachenden Kindern, die in der Seilbahn in ihre bislang völlig ignorierte Nachbarschaft schweben, erzählt von der erhöhten Lebensqualität der Bewohner. Entscheidend für das Projekt ist die Fähigkeit zum Dialog.
"Der Architekt dort, der Städteplaner, ist dort ein Animator, ein Moderator. Man kommt dort nicht mit der Planrolle unterm Arm und erklärt den Leuten, was los ist, sondern das ist ein Gemeinschaftsprojekt, das braucht Zeit. Wir bauen dort nicht auf der grünen Wiese, und die Stadt der Zukunft, die existiert für uns bereits, weil diese Stadtteile, weltweit lebt eine Billion Menschen in diesen Slumszonen. Das ist eine Realität, und die Herausforderung besteht darin, sich diesen Realitäten zu stellen."
Weitere ausgestellte Projekte zeigen das Leben heimatloser Fischer im libanesischen Tyros, das Redesign sozialer Bausünden im Pariser Banlieu, eine Kunstschule für Kinder in Los Angeles, 20 tausend Dollar Häuser der durch die Finanzkrise heimatlos gewordenen Amerikaner oder obdachlosen Großfamilien in den US-amerikanischen Grenzstädten zu Mexico. Überall führen die Geschichten der Menschen, die dort leben, zu Lösungen, die komplex, ästhetisch, sozial und bezahlbar sind.
"Das heißt aber auch, dass der Architekt sich aus diesem Starkult selbstbewusst herauszieht. Er will nicht mehr der vergötterte Designer sein, der auf dem großen Podest steht, sondern ist eigentlich fast schon wie, ich will das jetzt mal übertreiben, wie ein Sozialarbeiter, der wirklich in die Tiefen der Problematik einsteigt und mit den Menschen etwas erarbeitet, das letztlich ihnen gehört und nicht ihm als Designer."
"Small Scale – Big Change" ist eine engagierte Ausstellung über eine sozial ausgerichtete Architektur, die sich im Dienste jener Menschen versteht, denen normalerweise Architektur und Design nicht zugestanden wird. Die gezeigten Lösungen sind vielfältig, klug und komplex – eben synthetisch. Gezeigt wird eine Architektur, die in dieser Welt bei den Menschen und ihren grundlegenden Bedürfnissen nach Gemeinschaft, Sicherheit und Selbstbewusstsein angekommen ist.
The Museum of Modern Art in New York
Die ersten beiden Projekte sind Schulbauten in Gegenden mit extremer Armut und ohne Zugang zu Baustoffen wie Beton, Stahl oder Ziegelsteinen:Die Österreicherin Anna Heringer ist vertreten mit einer "Handmade School" aus einem Dorf in Bangladesh, und der, an der Berliner TU lehrende, afrikanische Architekt Diébédo Kéré aus Burkina Faso mit einer "Primary School". In beiden Fällen wurden die Gebäude mit traditionellen Materialien wie Erde, Lehm, Stroh und Bambus von der Dorfgemeinschaft gebaut.
Für Kérés Grundschule wurde eine Maschine entwickelt, die, mit Körperkraft betrieben, das Erdgemisch zu sehr dichten Steinen presst, die dann in der Sonne trocknen. Die soziale Funktion, die der gemeinsame Schulbau für das Dorf hat, die Arbeitsplätze, die dadurch entstanden sind, die Neubewertung traditioneller Baustoffe, das neu erwachte Selbstbewusstsein der Dorfgemeinschaften und die Tatsache, eine große und moderne Schule für die eigenen Kinder gebaut zu haben, stehen für den komplexen Denkansatz in allen Projekten.
"Da steckt ein sehr holistisches Konzept dahinter, und das meinen wir eben mit synthetischem Denken. Nicht nur die einfache Lösung, sondern komplexe Lösungen zu finden, die mehrfachen Nutzen bringen, auf mehreren Ebenen."
Beeindruckend ist auch das Projekt "Metro Cable" der interdisziplinären Designergruppe Urban Think Tank für Großmetropolen Südamerikas mit ihren Favelas und Armenvierteln. In "Metro Cable" wurde versucht, in einem strukturellen Gesamtkonzept ein bisher unzugängliches Armenviertel mitten in Caracas, der Hauptstadt Venezuelas, an das bestehende U-Bahnnetz anzuschließen und den Bewohnern damit Zugang zu Schulen, Krankenhäusern und dem urbanen Leben der Stadt zu ermöglichen – und zwar mit Hilfe von Gondeln.
"Sieben Millionen Menschen leben dort, und in diesen Bergen ist es ganz schwierig, von den öffentlichen Verkehrssystemen, von der U-Bahn, dass diese Menschen in diese Berge hinaufkommen. Dort leben 40 Tausend Menschen."
Hubert Klumpner ist einer der verantwortlichen Architekten. Durch das Gondelsystem mit fünf Stationen inmitten der Favela konnte nicht nur eine erhebliche Verbesserung der Verkehrsanbindung erreicht werden; integriert wurden in den Bau der Stationen auch Sportstätten, Kinos, eine Musikschule und ein Radiosender. Ein Video mit lachenden Kindern, die in der Seilbahn in ihre bislang völlig ignorierte Nachbarschaft schweben, erzählt von der erhöhten Lebensqualität der Bewohner. Entscheidend für das Projekt ist die Fähigkeit zum Dialog.
"Der Architekt dort, der Städteplaner, ist dort ein Animator, ein Moderator. Man kommt dort nicht mit der Planrolle unterm Arm und erklärt den Leuten, was los ist, sondern das ist ein Gemeinschaftsprojekt, das braucht Zeit. Wir bauen dort nicht auf der grünen Wiese, und die Stadt der Zukunft, die existiert für uns bereits, weil diese Stadtteile, weltweit lebt eine Billion Menschen in diesen Slumszonen. Das ist eine Realität, und die Herausforderung besteht darin, sich diesen Realitäten zu stellen."
Weitere ausgestellte Projekte zeigen das Leben heimatloser Fischer im libanesischen Tyros, das Redesign sozialer Bausünden im Pariser Banlieu, eine Kunstschule für Kinder in Los Angeles, 20 tausend Dollar Häuser der durch die Finanzkrise heimatlos gewordenen Amerikaner oder obdachlosen Großfamilien in den US-amerikanischen Grenzstädten zu Mexico. Überall führen die Geschichten der Menschen, die dort leben, zu Lösungen, die komplex, ästhetisch, sozial und bezahlbar sind.
"Das heißt aber auch, dass der Architekt sich aus diesem Starkult selbstbewusst herauszieht. Er will nicht mehr der vergötterte Designer sein, der auf dem großen Podest steht, sondern ist eigentlich fast schon wie, ich will das jetzt mal übertreiben, wie ein Sozialarbeiter, der wirklich in die Tiefen der Problematik einsteigt und mit den Menschen etwas erarbeitet, das letztlich ihnen gehört und nicht ihm als Designer."
"Small Scale – Big Change" ist eine engagierte Ausstellung über eine sozial ausgerichtete Architektur, die sich im Dienste jener Menschen versteht, denen normalerweise Architektur und Design nicht zugestanden wird. Die gezeigten Lösungen sind vielfältig, klug und komplex – eben synthetisch. Gezeigt wird eine Architektur, die in dieser Welt bei den Menschen und ihren grundlegenden Bedürfnissen nach Gemeinschaft, Sicherheit und Selbstbewusstsein angekommen ist.
The Museum of Modern Art in New York