Die Art, wie du dich ausdrückst, was du sagst, welche Wörter du benutzt: Das alles gibt dem Gegenüber einen Eindruck, was für eine Person du bist. Und wenn es später darum geht, gemeinsam Aufgaben zu lösen, kooperieren wir viel besser. Ich verstehe, was der andere macht, und kann sein Verhalten viel besser voraussagen.
Psychologie
In ihrer Studie haben Daniel Sgroi und sein Team untersucht, welchen Einfluss Small Talk auf die Zusammenarbeit von Menschen hat, die sich vorher nicht kannten. © Getty Images / iStockphoto / Victoria Bar
Warum Small Talk keine Zeitverschwendung ist
05:59 Minuten
Wenn wir andere Menschen treffen, beginnen wir oft mit Small Talk. Der hat einen schlechten Ruf, gilt als oberflächlich, als Zeitverschwendung. Dabei macht er die Zusammenarbeit deutlich effektiver, hat nun ein britisches Forscherteam herausgefunden.
Es passiert im Treppenhaus, im Fahrstuhl oder beim Bäcker um die Ecke. Wir treffen auf Menschen, die wir vom Sehen kennen und haben das Gefühl, irgendetwas sagen zu müssen.
Ein Kommentar über das Wetter eignet sich dafür am besten, sagen Kommunikationsexperten. Doch eigentlich ist es egal, worüber man spricht, sagt Ökonomieprofessor Daniel Sgroi von der University of Warwick. Hauptsache, man tut es.
Das Thema spielt keine Rolle
„Wir hatten in unserer Studie eine Reihe verrückter Beispiele. Ein Teilnehmer hat die ganze Zeit über seinen Goldfisch geredet und trotzdem hat er dadurch einen guten Eindruck gemacht“, erklärt er. „Die Leute können über Haustiere, das Wetter, alles Mögliche reden. Es spielt keine Rolle – Hauptsache, sie reden.“
In ihrer Studie hatten Daniel Sgroi und sein Team untersucht, welchen Einfluss Small Talk auf die Zusammenarbeit von Menschen hat, die sich vorher nicht kannten. Sie ließen 340 Testpersonen in kleineren Gruppen Aufgaben erledigen. Die eine Hälfte der Teilnehmenden hatte sich zuvor vier Minuten lang schriftliche Nachrichten geschickt. In der anderen Gruppe gab es vor der Zusammenarbeit keinen Austausch.
Kennenlernen verbessert die Kooperation
„Wir haben gesehen, dass die Menschen durch den Small Talk eine bessere Vorstellung von der Persönlichkeit ihres Gegenübers bekommen hatten. Auch wenn es nur um belanglose Fragen ging: Wie zum Beispiel: ‚Wie geht’s?‘ oder ‚Was hast du am Wochenende gemacht?‘“, erklärt Daniel Sgroi.
Um ausschließen zu können, dass sich die Teilnehmer aufgrund ihres Aussehens oder der Stimme sympathisch fanden, fand der vorherige Austausch nur schriftlich statt. Die Konversation war auf vier Minuten begrenzt. Eine Zeit, die sehr sinnvoll investiert war, sagt Daniel Sgroi.
Small Talk steigert die Produktivität
Er erklärt: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Small Talk keine Zeitverschwendung ist. Er steigert die Produktivität und das erklärt vielleicht, warum Small Talk so weit verbreitet ist. Es könnte sein, dass er in der menschlichen Evolution ein Weg war, andere Menschen besser zu verstehen. Denn es besteht immer die Möglichkeit, dass man jemanden trifft, mit dem man später etwas sehr Wichtiges zusammen macht.“
Zum Beispiel könnte man im Fahrstuhl stecken bleiben und müsste sich dann gemeinsam daraus befreien. Oder man begegnet dort zukünftigen Arbeitgebern. Dann kann ein kurzer Small Talk sogar die Karriere sichern, sagt die schwedische Kommunikationsexpertin Hanna Söderlund von der Umeå Universität.
Studien zeigen, dass guter Small Talk dazu führen kann, dass jemand leichter einen bestimmten Job bekommt. Das hat vielleicht damit zu tun, dass wir lieber mit Personen zu tun haben, die eine soziale Kompetenz haben und die die sozialen Spielregeln beherrschen. Denn das ist in vielen Situationen wichtig.
In Schweden ist Small Talk verpönt
Dabei hat „kall-prat“ also „Kalt-Gespräch“, wie es wörtlich übersetzt heißt, in Schweden einen ziemlich schlechten Ruf. In Filmen ist es fast schon ein Running Gag, wenn Schweden lieber die Treppe nehmen, als im Fahrstuhl Nachbarn zu begegnen.
Trotzdem ist es in vielen schwedischen Institutionen fast schon ein ungeschriebenes Gesetz: Um Punkt 10 Uhr trifft sich die Belegschaft in der Gemeinschaftsküche zur „Fika“, der gemeinsamen Kaffeepause. Gespräche sind in dieser Situation erwünscht – und geradezu unvermeidbar.
Zu ihrem Glück müssen die Schweden also manchmal quasi gezwungen werden. Am Ende ist es dann meistens doch nicht so schlimm, wie sie sich vorher angefühlt hat, so Hanna Söderlund.
„Vor ein paar Jahren sollte ich im Radio Västerbotten über Small Talk reden. Als ich vor dem Studio saß und wartete, kam eine Frau vorbei und fragte: ‚Sprichst du gleich über Small Talk?‘ Ich sagte Ja“, erzählt sie.
Und weiter: „Dann meinte die Frau: ‚Also ich hasse Small Talk, ich finde das wirklich schlimm.‘ Und fing an zu erzählen und einen Haufen Fragen zu stellen. Ich meinte dann: ‚Aber jetzt smalltalken wir ja gerade!‘ Und das hat sie dann auch eingesehen. Ich denke, dass die Menschen einfach nur eine schlechte Meinung von Small Talk haben, es aber trotzdem machen.“
Nettes Plaudern sondiert das Terrain
Denn klar ist nicht erst seit der neuen Studie: Das menschliche Miteinander gelingt oft besser, wenn man mit nettem Small Talk das Terrain sondiert.
Sogar komplizierte Verhandlungen laufen manchmal besser, wenn die Teilnehmer vorher bei einem kurzen Plausch das Eis gebrochen haben. So geschehen bei einem Treffen zwischen Botschaftern, das Daniel Sgroi und seine Kollegin in ihrem Paper erwähnen.
Der Forscher erklärt: „Einer der Diplomaten wurde hinterher interviewt und gefragt: ‚Warum waren die Verhandlungen so erfolgreich?‘ Er sagte: ‚Wir hatten uns ein paar Minuten vorher getroffen und festgestellt, dass wir beide Opernarien mögen. Und als das Meeting startete, hatten wir beide das Gefühl, uns zu kennen. Obwohl wir uns nie vorher getroffen hatten.‘ Ein Fünf-Minuten-Gespräch hatte also gereicht, um eine gemeinsame Grundlage zu schaffen und schwierige Verhandlungen möglich zu machen.“
Das zeigt, dass Small Talk keine Zeitverschwendung ist. Im Gegenteil: Manchmal kann er sogar das Schicksal eines Landes in die richtigen Bahnen lenken.